Anzeige

Wochenrückblick Zwischen Stinkefinger und Bankrott

Den Griechen geht das Geld aus, doch der größte Aufreger ist ein Mittelfinger. Außerdem: Uber-Aus, Opel-Rückzug und EZB-Krawalle

Tsipras' Rettungsmission

Der Platz von Regierungschef Tsipras beim Gespräch mit den Geldgebern in Brüssel (Foto: European Union)
Der Platz von Regierungschef Tsipras beim Gespräch mit den Geldgebern in Brüssel (Foto: European Union)

Fast konnte man in dieser Woche den Eindruck gewinnen, als gäbe es in der Debatte über das von der Staatspleite bedrohte Griechenland keinen größeren Aufreger als den „Stinkefinger“ von Finanzminister Yanis Varoufakis. In der Talksendung „Günther Jauch“ wurde er mit einem Videoausschnitt aus dem Jahr 2010 konfrontiert, wo er Deutschland den ausgestreckten Mittelfinger zeigt. Varoufakis behauptete, dass es sich um eine Fälschung handle.

Jedenfalls nahm das Unheil medial seinen Lauf. Capital-Redakteurin Ines Zöttl hat den Verlauf dieser Affäre treffend in einem Tweet zusammengefasst:

Derweil muss die Regierung in Athen Geld zusammenkratzen, um seine Schulden zu bedienen. Am Freitag werden 2 Mrd. Euro für den IWF und andere Gläubiger fällig. Vor allem der Währungsfonds besteht auf pünktlichen Zahlungen. Schaffen die Griechen das einmal nicht, ist die Staatspleite da. Dann bekämen die griechischen Banken kein Geld mehr von der EZB und die Regierung könnte die Gehälter ihrer Staatsbediensteten nicht mehr bezahlen. Der „Grexit“ und die Einführung einer neuen Währung wären dann nicht mehr zu vermeiden – eine soziale und wirtschaftliche Katastrophe für Griechenland. Die Eurozone könnte den Ausstieg des Landes wohl eher verkraften.

Beim EU-Gipfel in Brüssel wollte Regierungschef Alexis Tsipras den schlimmsten Fall für sein Land abwenden. Nach dem eigentlichen Ratstreffen fand ein Gespräch in kleiner Runde über Griechenland statt. Tsipras selbst hatte darum gebeten, wohl in der Hoffnung auf eine rasche Auszahlung neuer Hilfskredite. Doch die Geldgeber blieben bei ihrer Haltung: Erst konkrete Reformvorschläge, dann die Hilfen. Die griechische Regierung habe sich verpflichtet „in eigener Verantwortung Reformen vorzuschlagen und zwar sehr schnell in den nächsten Tagen“, sagte Kanzlerin Angela Merkel nach dem Gespräch.

Die Griechen erhalten also eine weitere Gnadenfrist. Die Hoffnung auf ein gutes Ende des griechischen Dramas lebt weiter.

Brennende Wut

Vielerorts in Frankfurt kam es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Demonstranten (Foto: Getty Images)
Vielerorts in Frankfurt kam es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Demonstranten (Foto: Getty Images)

Um die Blockupy-Bewegung war es still geworden. Doch bei der Eröffnung des Neubaus der Europäischen Zentralbank in Frankfurt wollte die Bewegung wieder ein Ausrufezeichen setzen und gegen die Sparpolitik in Europa protestieren. Doch statt friedlicher Demonstrationen war der Tag durch Krawalle, Verletzte, brennende Autos und Barrikaden gekennzeichnet.

Die Organisatoren bedauerten die Gewalt zwar. Einige aber äußerten auch Verständnis für die gewalttätigen Demonstranten. „Wir distanzieren uns nicht pauschal“, sagte Blockupy-Sprecher Frederic Wester im Morgenmagazin von ARD und ZDF. Mit der Wut auf die „Verarmungspolitik“ rechtfertigten andere die Krawalle. Man darf den linken Demonstranten damit durchaus ein problematisches Verhältnis zur Gewalt nachsagen.

Die Polizei war jedenfalls auf Krawalle vorbereitet. „Wir wussten von der Tatsache, dass dort Gewalt angewendet werden soll“, sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière. Viele Randalierer seien eigens aus dem Ausland angereist, um in Frankfurt dabei zu sein. Das EZB-Gebäude war weiträumig abgesperrt, doch außerhalb dieser Zone brannten Polizeiwagen aus.

Die eigentliche Eröffnung fiel bescheiden aus. Gerade einmal 100 geladene Gäste waren gekommen, um der Zeremonie beizuwohnen. EZB-Chef Mario Draghi bezeichnete die Kritik der Demonstranten an seiner Bank als „unfair“. Wegen ihrer zentralen Rolle in der Krise stehe sie im „Fokus der Frustrierten“. Dabei versuche die Zentralbank doch die wirtschaftlichen Schocks abzufedern.

Taxi-Triumph über Über

Das Landgericht Frankfurt schafft der Taxi-Zunft einen lästigen Konkurrenten vom Hals (Foto: Getty Images)
Das Landgericht Frankfurt schafft der Taxi-Zunft einen lästigen Konkurrenten vom Hals (Foto: Getty Images)

Der umstrittene Fahrdienst Uber ist in Deutschland am Personenbeförderungsgesetz gescheitert. Nach Auffassung des Frankfurter Landgerichts verstößt Uber gegen die Vorschriften und muss daher hierzulande sein Angebot einstellen. Das Unternehmen darf keine Fahrten mit Privatpersonen mehr vermitteln. Nach den gesetzlichen Regelungen müssten die Fahrer über einen Personenbeförderungsschein verfügen – genau wie Taxifahrer.

Für die Taxibranche ist die Entscheidung des Gerichts ein großer Erfolg. „Ubers Geschäftsmodell basiert auf Rechtsbruch“, sagte der Vorsitzende von Taxi Deutschland Dieter Schlenker zu dem Urteil. Die Taxiunternehmen hatten im vergangenen Jahr in vielen Ländern vehement gegen die neue Konkurrenz protestiert. Über Uber vermittelte Fahrten waren nämlich weitaus günstiger als die Taxitarife. Die Taxibranche sah darin eine Wettbewerbsverzerrung.

Ob es für die Taxifahrer ohne Uber jetzt so weitergeht wie bisher, darf jedoch bezweifelt werden. Der ausgeknockte Konkurrent hat der Branche einen Vorgeschmack darauf gegeben, was Digitalisierung und Vernetzung für sie bedeuten können. Die Unternehmen werden sich dieser Entwicklung stellen müssen – entweder machen sie es selbst oder ein neuer Wettbewerber wird das übernehmen.

Rückzug aus Russland

Das GM-Werk in St. Petersburg wird dicht gemacht (Foto: GM Company)
Das GM-Werk in St. Petersburg wird dicht gemacht (Foto: GM Company)

Für den Autobauer Opel haben die westlichen Sanktionen und die Wirtschaftskrise in Russland drastische Folgen: Die GM-Tochter zieht sich vollständig vom russischen Markt zurück. Die Produktion in St. Petersburg wird bis zum Jahresende vollständig stillgelegt. Dort werden Autos vom Typ Opel Astra montiert. „Wir mussten entschiedene Maßnahmen in Russland ergreifen, um unser Geschäft zu schützen“, sagte Opel-Chef Karl-Thomas Neumann. 2016 soll Opel in Europa wieder profitabel sein.

Der Automarkt in Russland ist im vergangenen Jahr eingebrochen. Auch für andere deutsche Hersteller ist die Lage wegen der Krise und der damit verbundenen Unsicherheiten prekär. Laut der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ wurden im vergangenen Jahr statt der angepeilten drei Millionen Neuwagen in Russland nur 1,4 Millionen verkauft. In den ersten Monaten 2015 beschleunigte sich der Absturz und Opel musste wegen des schwachen Rubel-Kurses bei jedem verkauften Auto draufzahlen.

Neueste Artikel