Als der Deutsche Fußball-Bund das WM-Projekt plante, stand da irgendwann eine große Zahl: 22 Mio. Euro. So viel würde der Weltmeistertitel den Verband kosten, haben die Fachleute aus dem Büro Nationalmannschaft in der Frankfurter DFB-Zentrale kalkuliert. Trainingslager, Unterkünfte, Flüge und Tagespauschalen für Fitnesstrainer, Köche und Scouts – alle Ausgaben für die WM werden aus dem Sonderhaushalt finanziert, den der DFB wie immer bei großen Turnieren aufgestellt hat. Allein die Rekord-Titelprämien für die 23 Spieler summieren sich auf 6,9 Mio. Euro. Auch das Trainerteam bekommt einen Bonus.
Selten hat der DFB so gerne viel Geld investiert wie für seinen vierten Weltmeistertitel. Schon kurzfristig zahlt sich der Triumph von Rio auch wirtschaftlich aus, wenn die FIFA die Siegprämie von 35 Mio. Dollar überweist. Hinzu kommen 1,5 Mio. Dollar Kostenzuschuss, die der Weltverband jeder der 32 Mannschaften auszahlt, und eigene Einnahmen aus besonderen Marketingmaßnahmen zur WM. Trotz der Rekordausgaben wird der DFB damit auch diese WM mit einem Überschuss abschließen – wie vor vier Jahren in Südafrika, als das Team Dritter wurde und der Gewinn bei 3,8 Mio. Euro lag.
Vermarktungslücke zu anderen Verbänden
Viele weitere Millionen werden dann in den kommenden Monaten und Jahren folgen, wenn der DFB den Titel vergolden kann: beim Abschluss neuer Sponsoringverträge oder wenn der Weltmeister für hohe Antrittsgagen bei Freundschaftsspielen in Asien oder in den USA antritt. Auch für den Confed Cup 2017, die Generalprobe für die WM in Russland, ist das Team jetzt qualifiziert. Für den DFB ist das nicht nur in sportlicher Hinsicht eine schöne Sache. In Jahren mit Turnieren, in denen die Nationalmannschaft im Fokus der Aufmerksamkeit steht, verdient der Verband immer mehr Geld als in turnierfreien.
Bei einem WM-Sieg sei das wirtschaftliche Ergebnis des Turniers selbst im ersten Moment gar nicht so entscheidend, sagte der Manager der Nationalmannschaft, Oliver Bierhoff, bereits vor der WM im Gespräch mit Capital. „Da können wir das Finanzielle hinterher durch den großen sportlichen Erfolg aufholen.“ Mit höheren Vermarktungserlösen kann der DFB dann auch die Lücke zu anderen großen Verbänden schließen. Nach Daten der Sportmarketingagentur Repucom kassiert die englische FA von ihren Sponsoren 77 Mio. Euro im Jahr, der brasilianische Verband CBF sogar 105 Mio. Euro – dank der WM im eigenen Land.
Bierhoff und die Marketingabteilung des DFB haben schon die nächsten Jahre im Blick, wenn zahlreiche Verträge mit Sponsoren auslaufen – darunter auch im Jahr 2018 die der beiden wichtigsten Partner. Generalausrüster Adidas und Generalsponsor Mercedes-Benz stehen für mehr als die Hälfte der Sponsoringerlöse des DFB, die derzeit bei knapp 60 Mio. Euro im Jahr liegen. Beide Konzerne, die bislang als langjährige Partner des Verbands eine Art Heimvorteil hatten, werden drauflegen müssen, wenn sie bei den Weltmeistern an Bord bleiben wollen. Für die Ausrüsterrechte hat der DFB bereits eine offene Ausschreibung angekündigt. Allein das wird die Preise treiben, wenn Adidas-Rivale Nike voll in den Bieterkampf einsteigt.
Die Nationalelf wird teurer
„Die Sponsoren verbinden mit uns eine gewisse Präsenz bei Turnieren. Wenn wir das durch sportliche Erfolge untermauern, ist das natürlich ein gutes Verkaufsargument“, sagt Teammanager Bierhoff. Er spricht von „Luft nach oben“ bei den derzeit 13 Sponsoren, darunter acht Dax-Konzerne. 2018, wenn die wichtigsten Verträge auslaufen, sei zudem wieder ein WM-Jahr. „Insofern hat man da neue Möglichkeiten“, sagt Bierhoff.
Auch DFB-Marketingchef Denni Strich macht deutlich, dass der Verband vor allem bei den Großsponsoren Einnahmesteigerungen erwartet. „Wenn es Sponsoringsegmente gibt, in denen wir noch wachsen können, dann sicher mit Blick auf den Generalausrüster oder den Generalsponsor“, sagt er. So wie das DFB-Team sportlich die Nummer eins weltweit sei, „sollten wir auch beim Ausrüstervertrag die Nummer eins oder zwei sein“, sagt er. Derzeit zahlt Trikotausrüster Adidas Schätzungen zufolge 25 Mio. Euro pro Jahr an den DFB – und kann sich nach der erfolgreichen WM über neue Rekordabsätze beim Deutschland-Jersey freuen. Verglichen mit anderen, weniger erfolgreichen Teams kommt Adidas beim DFB bislang günstig davon: Der französische Verband kassiert seit dem Wechsel von Adidas zu US-Rivale Nike nach der WM 2010 sogar mehr als 40 Mio. Euro. Auch die Engländer, seit kurzem ebenfalls bei Nike, stehen besser da.
Wachstumschancen dank des Titels sehen die DFB-Marketingstrategen vor allem auch im Ausland, wo die Nationalmannschaft während der WM viele Sympathien gewonnen hat. „Wir haben bei der Auslandsvermarktung Luft nach oben, vor allem in Zusammenarbeit mit der Liga. Die Menschen im Ausland interessieren Stars“, sagt Bierhoff. Der Teammanager hält es für denkbar, im Jahr noch ein oder zwei Freundschaftsspiele der Nationalmannschaft im Ausland auszutragen, um bei den dortigen Fans Präsenz zu zeigen. Allerdings verweist Bierhoff darauf, dass der Terminkalender bereits sehr eng sei. Als erstes Spiel nach dem WM-Triumph steht Anfang September erst einmal ein Freundschaftsspiel zuhause an. Der Gegner: Argentinien.