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Wochenrückblick Varoufakis missioniert Europa

Er schmeichelt und provoziert: Griechenlands Finanzminister wirbt für eine neue Rettungspolitik. Außerdem: Daimlers Rekorde

Tour d'Europe

"We agree to disagree": Wolfgang Schäuble (l.) und sein griechischer Amtskollege Yanis Varoufakis
"We agree to disagree": Wolfgang Schäuble (l.) und sein griechischer Amtskollege Yanis Varoufakis
© Getty Images

Unser Mann der Woche ist Yanis Varoufakis. Der neue griechische Finanzminister war auf Vorstellungs- und Werbetour durch Europas Hauptstädte. In der öffentlichen Wahrnehmung hat der linksgerichtete Politiker zumindest außerhalb Griechenlands seinem Regierungschef Alexis Tsipras den Rang abgelaufen. Jeder Schritt des Athener Ökonomen wird durchleuchtet. So erfahren wir, dass der Finanzminister Economy-Klasse fliegt.

Varoufakis will offenbar demonstrieren, dass es die neue Regierung in Athen ernst meint mit dem Sparen. Auch äußerlich dokumentiert Varoufakis den neuen Stil der Regierenden: Er tritt bei Treffen mit den Amtskollegen stets leger gekleidet auf. Die Lederjacke und das blaue Hemd ohne Krawatte sind bereits Markenzeichen des neuen Finanzministers geworden, an dem sich allerdings die Geister scheiden.

Vor allem konservative Medien sehen in seinem Auftreten nur eine Pose. Nach Ansicht der „Welt“ bedient Varoufakis mit dem Outfit, dass in Vorabendserien bekannte Klischee „vom Furcht einflößenden Rebellen“. Auf Twitter wurde der Vergleich mit Lord Voldemort, dem Bösewicht aus der Harry-Potter-Reihe gezogen:

Abgesehen von solchen Äußerlichkeiten absolvierte Varoufakis in dieser Woche ein hohes Pensum. Am Sonntag traf er in Paris mit Frankreichs Finanzminister Michel Sapin zusammen. Montag stand London auf dem Programm, wo er mit Schatzkanzler George Osborne sprach. Über die Zwischenstation EU-Kommission in Brüssel ging es weiter nach Frankfurt zur Europäischen Zentralbank und ihrem Chef Mario Draghi.

Und am Donnerstag traf Varoufakis dann endlich in Berlin mit Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble zusammen. Das mit Spannung erwartete Treffen endete ohne greifbares Ergebnis (was freilich auch nicht anders zu erwarten war). „Wir stimmen noch nicht so ganz überein“, sagte Schäuble im Anschluss. Und Varoufakis bestätigte, dass es keine Einigung gegeben habe. Er warb für ein Überbrückungsprogramm bis Ende Mai, um Zeit zu gewinnen für die Ausarbeitung eines neuen Programms zwischen Griechenland und seinen Geldgebern. Schäuble pochte dagegen auf die Einhaltung der Sparauflagen.

„Griechenland läuft gegen eine Wand“, betitelte die Frankfurter Allgemeine Zeitung ihren Artikel über das Treffen. Nach konservativer Lesart hat die Bundesregierung dem griechischem Werben um eine Aufweichung des Sparkurses eine Abfuhr erteilt.

Es fiel aber auf, dass weder Schäuble noch Varoufakis die Konfrontation auf die Spitze treiben wollten. So nannte der deutsche Finanzminister die Troika in der Pressekonferenz nie beim Namen und Varoufakis hat das Wort Schuldenschnitt aus seinem Wortschatz gestrichen.

Die Troika aus EU-Kommission, IWF und EZB ist in Athen besonders verhasst, weil sie als eine Art Diktatur angesehen wird. Die neue Athener Regierung hatte die Zusammenarbeit mit ihr kurz nach ihrem Amtsantritt aufgekündigt. Ein Rauswurf mit Folgen. Die Europäische Zentralbank teilte am Mittwochabend mit, griechische Staatsanleihen nicht länger als Sicherheiten zu akzeptieren. Jetzt muss die griechische Notenbank einspringen, um die Banken des Landes vor dem Kollaps zu bewahren. An der Athener Börse rauschten am Donnerstag die Kurse in den Keller.

Viel Zeit bleibt den Griechen nicht und viel Zeit ist auch nicht für Verhandlungen vorhanden. In welche Richtung die griechischen Vorstellungen gehen, ist in Umrissen aber bereits erkennbar. „Ich werde unseren Partnern sagen, dass wir eine Kombination aus Primärüberschuss und Reformagenda zusammenstellen“, sagte Varoufakis der „Financial Times“. „Ich werde ihnen sagen: 'Helft uns bei der Reform unseres Landes und gebt uns dazu etwas finanziellen Spielraum, sonst werden wir weiter ersticken und ein deformiertes statt ein reformiertes Griechenland werden.'“

Daimlers Rekorde

Daimler-Chef Zetsche: Gute Zahlen und eine Kampfansage
Daimler-Chef Zetsche: Gute Zahlen und eine Kampfansage
© Getty Images

„Überall im Unternehmen ist deutlich spürbar: Daimler ist im Aufbruch“, sagte Daimler-Chef Dieter Zetsche bei der Vorlage der Bilanzzahlen. Die Zufriedenheit hat einen Grund: Zetsche konnte der Öffentlichkeit eine stolze Bilanz präsentieren. Der Autobauer hat im vergangenen Jahr 2,5 Millionen Fahrzeuge verkauft und damit einen Vorsteuergewinn von rund 10 Mrd. Euro erzielt.

Die Aktionäre dürfen sich auf eine Dividende von 2,45 Euro je Anteilsschein freuen. So viel hat das Unternehmen noch nie ausgeschüttet. Und auch die Mitarbeiter bekommen eine kräftigen Zuschlag. Mit dem April-Gehalt erhalten die tarifgebundenen Beschäftigten eine Erfolgsprämie von 4350 Euro pro Kopf. Auch das ein Rekord.

Und Zetsche will noch mehr: Bis 2020 soll Daimler wieder weltweit die Nummer eins unter den Premiumherstellern werden. In diesem Jahr wird eine Modelloffensive erwartet. Acht neue beziehungsweise überarbeitete Modelle sollen auf den Markt kommen. Der Konzernchef strotzt jedenfalls vor Selbstbewusstsein: „Wir feuern weiter aus allen Rohren“, sagte er. Ob den deutschen Konkurrenten BMW und Audi jetzt Angst und Bange wird. Freiwillig werden sie Daimler wohl kaum vorbeiziehen lassen.

Stellenabbau bei Siemens

Siemens streicht weltweit tausende Stellen (Foto: www.siemens.com/presse)
Siemens streicht weltweit tausende Stellen (Foto: www.siemens.com/presse)

Siemens-Chef Joe Kaeser treibt den Umbau des Konzerns mit Stellenstreichungen weiter voran. Weltweit sollen 7800 Arbeitsplätze wegfallen, 3300 davon in Deutschland. Betroffen seien in erster Linie Verwaltungsstellen, hieß es. Damit müssen vor allem Standorte in Bayern mit Arbeitsplatzabbau rechnen. „Mit unserem Unternehmenskonzept Vision 2020 wollen wir das Unternehmen wieder auf nachhaltigen Wachstumskurs bringen und die Profitabilitätslücke zu den Wettbewerbern schließen“, wird Kaeser in einer Siemens-Mitteilung zitiert.

Im vergangenen Jahr startete das Unternehmen den großangelegten Konzernumbau. Die Einteilung in vier Sektoren mit jeweils eigener Verwaltung wird zugunsten von knapp ein Dutzend Geschäftsbereichen aufgegeben. Darüberhinaus sollen die Medizintechnik ausgegliedert und Randgeschäfte verkauft werden. Um 1 Mrd. Euro will Kaeser die Kosten mit dem Umbau bis 2016 drücken.

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