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Gastkommentar Influencer - von Avocados und Advocates

Warum Influencer Marketing eine ganzheitliche Strategie braucht. Von Matthias Ziegenhain

„Mach doch mal was mit Influencern! Können wir nicht Blogger dafür buchen?! Leadgenerierung? Da können wir einfach Influencer in die Kampagne einbinden!“ So oder so ähnlich geistern die Floskeln unermüdlich in Unternehmen und Agenturen umher. Gern vorgetragen mit reichlich Bedeutungsschwere. Man könnte meinen Influencer seien eine gar magische Zutat, mit der ein jedes Gebräu mit einem lauten Knall zum Zaubertrank wird. Rein damit, einmal umrühren, fertig. Entsprechend ziellos kommen viele Resultate im echten Leben daher. Oder anders formuliert: Wenn dir das nächste Mal ein Fashion-Blogger erzählt, wie geil der neue Staubsauger von XY ist, dann gehe kurz in dich und frage dich, wie stark hier die Wirkung tatsächlich ist.

Daher mein dringendes Anliegen: Leute, hört doch bitte auf, diese Influencer-Kiste ohne eine gescheite Strategie zu verkaufen. Die immer gleichen Muster, die immer gleichen Gesichter. Dabei meint Influencer Marketing soviel mehr als schnöde Produktplatzierung durch hippe YouTube-Teens.

Das führt uns zur eigentlichen Problematik, denn schon die Begrifflichkeit selbst differenziert kein Stück. Spricht man von Influencern ist völlig unklar, ob von Äpfeln, Birnen oder Avocados die Rede ist. Ein Influencer kann ein bezahlter Youtuber sein, aber eben auch ein zufriedener Kunde, der online seine Liebe zu einer bestimmten Brand kommuniziert. Das typische Szenario sieht meist wie folgt aus: Marke bezahlt Influencer, Influencer liefert Markenbotschaft an Zielgruppe. Damit wird der Influencer zum Brand Ambassador. Natürlich nur so lange, wie es Taschengeld gibt, dann ist Schluss. Die nächste Kooperation kommt bestimmt.

Menschen vertrauen Menschen mehr als Marken

Oft vernachlässigt, aber gerade in Sachen Nachhaltigkeit soviel stärker, ist ein anderer Ansatz: Brand Advocacy. Dabei werden meinungsstarke User identifiziert, die im Sinne der Marke agieren und entsprechenden Content kreieren. Ein mühseliges Unterfangen, das langfristig fähige Leute zur Beziehungspflege benötigt. Sprich: dauerhafte Arbeit mit einer Community statt mal eben flott aufgezogener Kampagne. Dementsprechend muss auch grundlegend zwischen den beiden Ansätzen differenziert werden. Während Ambassadors fast ausschließlich auf der Macro-Ebene stattfinden und einer Kampagnenlogik folgen, sind Advocates Micro Influencer, die sich im Sinne von Social CRM über gezielte Kommunikation aktivieren lassen.

Aber warum sind diese kleinen Fische so übermächtig? Die Antwort ist banal: Menschen vertrauen Menschen mehr als Marken. Allerdings kommt der persönlichen Empfehlung im digitalen Raum eine ganz neue Bedeutung zu. Das Vertrauen in Marken, sowie klassische Medien und Werbung sinkt hingegen seit Jahren. Gleichzeitig ist die Macht des Einzelnen größer denn je. Das Netz hat einen digitalen Meinungsmarkt geschaffen.

Heute entscheidet der User, welchem Kommunikationsangebot er sich zuwendet. Influencer sind gleichzeitig Filter und Verstärker, sie schaffen Orientierung und helfen uns zu entscheiden, welche Angebote wir als relevant erachten. Je näher uns aber eine Person steht, desto größer ihr Einfluss auf uns. Damit ist die Freundin mit dem Lippenstift-Spleen unter Umständen ein deutlich wirkungsstärkerer Influencer als Dagi, Sami und der Rest der Bande. Sprich, wirklich spannend wird’s vor allem auf der Micro-Ebene.

Influencer sind kein magisches Tool

Die Gretchenfrage heißt also „Geld oder Liebe“. Während Advocacy den langfristigen Ausbau der Beziehung zwischen Brand und Customer zum Ziel hat, kann ein Ambassador kurzfristig eine hohe Awareness schaffen. Oftmals braucht es eine Kombination beider Ansätze, um das beste Ergebnis für den Kunden zu erzielen. Der Micro-Macro-Misch-Masch hat sich bestens bewährt. Ein schönes Exempel für den gelungenen Brückenschlag von Macro zu Micro ist die #betterforfit Kampagne von Nike. Eine ebenso simple wie starke Botschaft inspiriert Frauen eigenen Content zu erstellen und ihre Motivation innerhalb der Community zu teilen. Allein auf Instagram zählt der Hashtag inzwischen über 330.000 Beiträge.

Ein Best-Case-Szenario, das klar macht, dass eine gute Influencer-Strategie untrennbar mit hochwertigem Content Marketing verbunden ist. Hier zeigt sich einmal mehr das Potenzial von Advocacy, denn über den Nutzerdialog lassen sich Themen und Trends aus der Community selbst ableiten: Zuhören, statt schnell die Geldbörse zu zücken. Entscheidend sind Relevanz und Resonanz, nicht nur Reichweite.

Schluss also mit dem Hokus-Pokus-Budenzauber. Influencer sind kein magisches Tool, mit dem sich mal eben schnell die Kampagne aufpimpen lässt. Verfolgt man aber eine holistische Strategie, sind Marken langfristig in der Lage einen eigenen Pool von Brand Advocates aufzubauen und UGC zu skalieren. Von daher, wenn das nächste Mal die Influencer-Frage aufkommt, bitte denkt an die Advocates! Jene Überzeugungstäter, die auch ohne Bezahlung ihre Meinung kundtun – mit Geld nicht zu gewinnen, aber nicht zuletzt deswegen: unbezahlbar.

Matthias Ziegenhain ist Konzepter bei der Agentur für Digital Business, Torben, Lucie und die gelbe Gefahr (TLGG).

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