Anzeige

Wochenrückblick Grassierende Fusionitis

In der Chipindustrie und der Kabelbranche stehen Megafusionen an. Außerdem: Norwegens Kohle-Boykott

Avago kauft Broadcom

Broadcom-Firmenzentrale: Wachstum über eine Fusion – Foto: Getty Images
Broadcom-Firmenzentrale: Wachstum über eine Fusion – Foto: Getty Images

Das Fusionsfieber in der Halbleiterbranche steuert auf einen neuen Höhepunkt zu: Avago aus Singapur will das US-Unternehmen Broadcom kaufen. Es wäre die größte Übernahme in der Geschichte der Halbleiterbranche. Am Donnerstag bestätigten die beiden Konzerne die Fusionspläne. Avago soll für 17 Mrd. Dollar in Bar und weitere 20 Mrd. Dollar in Aktien den Rivalen übernehmen.

Der Trend geht eindeutig zur Größe, um im Wettbewerb bestehen zu können. Die einstmals wachstumsstarken Unternehmen haben Schwierigkeiten ihr Wachstumstempo zu halten. Avago ist in letzter Zeit besonders aktiv im Übernahmegeschäft: Allein im letzten Jahr schlug das Unternehmen dreimal zu. Aber kein Deal erreichte auch nur annähernd das Volumen der jetzigen Pläne.

Die neue Gesellschaft mit einem Marktwert von 77 Mrd. Dollar soll den Namen Broadcom tragen. Avago CEO Hock Tan wird das Unternehmen führen, das seinen Sitz in Singapur haben wird. Dort sind die Steuersätze besonders günstig. Broadcom-Halbleiter werden unter anderem von Apple und Samsung in ihren Smartphones eingesetzt. Und auch Avago stellt Chips für Hersteller von mobilen Geräten her. Beide Unternehmen haben aber gegen Konkurrenten wie Qualcomm einen schweren Stand.

Schon als das Gerücht über den bevorstehenden Zusammenschluss die Runde machte, reagierte die Börse elektrisiert: Die Broadcom-Aktie gewann mehr als 20 Prozent und auch Avago legten um gut acht Prozent zu. Von den Plänen profitierten auch andere Halbleiter-Unternehmen. Die Aktie des Dax-Konzerns Infineon etwa legte am Donnerstag um mehr als drei Prozent zu.

Kabelhochzeit

An der New Yorker Börse ging es steil bergauf für die Aktien von Time Warner Cable – Foto: Reuters
An der New Yorker Börse ging es steil bergauf für die Aktien von Time Warner Cable – Foto: Reuters

Noch eine Riesenübernahme: Der US-Kabelnetzbetreiber Charter Communications bietet 55 Mrd. Dollar für den Konkurrenten Time Warner Cable (TWC). Kommt der Deal zustande, tun sich der drittgrößte und der zweitgrößte Kabelnetzbetreiber in den USA zusammen. Und damit nicht genug: Auch der kleinere Anbieter Bright House Networks soll für mehr als 10 Mrd. Dollar übernommen werden.

Mit der Fusion wollen die drei Unternehmen der Nummer eins Comcast Paroli bieten. Comcast hatte sich vergeblich um TWC bemüht. Weil die Wettbewerbshüter Bedenken hatten, zog der Branchenprimus sein Angebot schließlich zurück. Damit war Charter wieder im Rennen, das in der ersten Runde ebenso wie Comcast ein Angebot für TWC abgegeben hatte. Dass Charter jetzt zum Zuge kommt, ist auch ein Triumph für den Kabel-Unternehmer John Malone, der an Charter beteiligt ist.

Der Zusammenschluss wirft aber auch ein Schlaglicht auf den Umbruch in der Branche. Streaming-Anbieter wie Netflix bedrohen das Geschäftsmodell der Kabelkonzerne. Die drängen nun ebenfalls ins Streaming-Geschäft und suchen dafür Partner. Denn gemeinsam geht es billiger.

Keine Kohle mehr

Eon-Kohlekraftwerk Scholven: Bei der Stromerzeugung wird viel CO2 ausgestoßen – Foto: Eon
Eon-Kohlekraftwerk Scholven: Bei der Stromerzeugung wird viel CO2 ausgestoßen – Foto: Eon

Das Öl hat Norwegen reich gemacht: Mit einem Vermögen von rund 900 Mrd. Dollar ist der staatliche Pensionsfonds ist der größte Staatsfonds der Welt. Seine Investitionsentscheidungen können Signalwirkung haben. Das trifft auch auf geplante Desinvestitionen bei Kohleunternehmen zu. Nach dem Willen des Finanzausschusses des norwegischen Parlaments soll der Staatsfonds sein Geld aus Unternehmen abziehen, die 30 Prozent ihres Geschäfts mit Kohle machen. „Investitionen in Kohleunternehmen sind sowohl ein Risiko für das Klima als auch ein künftiges Wirtschaftsrisiko“, heißt es in einer Erklärung der Parlamentarier.

Das Vermögen des Ölfonds ist breit gestreut. Er beteiligt sich an rund 8000 börsennotierten Unternehmen, meist mit ein bis vier Prozent. Ausschlusskriterien gibt es auch jetzt schon: Beteiligungen an Tabak- und Rüstungshersteller oder der Korruption überführter Unternehmen sind tabu. In Deutschland ist der Fonds an fast allen Dax-Konzernen beteiligt, darunter auch die Energieunternehmen Eon und RWE. An beiden Firmen sind die Norweger mit jeweils zwei Prozent beteiligt. Der Anlageboykott könnte sie jetzt betreffen, wobei sich Eon durch die geplante Aufspaltung ohnehin vom Kohlegeschäft trennen will.

Die norwegische Entscheidung könnte aber auch noch weitreichendere Wirkung entfalten. Das zumindest hoffen namhafte Umweltverbände. „Die Anleger haben eindeutig verstanden, dass Kohle nicht nur ein unethisches, sondern auch ein finanziell schlechtes Investment ist“, zitiert die FAZ die WWF-Klimaexpertin Samantha Smith. In der Tat gibt es auch anderswo Absetzbewegungen: Einige Versicherer und Großbanken wollen nicht mehr in Kohle investieren.

Mehr zum Thema

Neueste Artikel

VG-Wort Pixel