Indien gehörte zum Ende der Kolonialzeit zu den ärmsten Ländern der Welt. Selbst 2004 verzeichnete „Forbes“ lediglich neun indische Dollar-Milliardäre. Bereits drei Jahre später sah es dank eines Booms an den Börsen und auf dem Immobilienmarkt schon ganz anders aus.
Pünktlich zum 60. Jubiläum der Unabhängigkeit feierte der Subkontinent einen Meilenstein. Er überrundete in der „Forbes“-Länderwertung erstmals Japan und stieg damit zur Superreichen-Hochburg Asiens auf. Damals verzeichnete das Wirtschaftsmagazin 36 Inder mit einem zehnstelligen US-Dollar-Vermögen. Ihr Gesamtvermögen belief sich auf 191 Mrd. US-Dollar.
Der rasante Aufstieg zumindest der Oberklasse Indiens hat sich fortgesetzt. Im aktuellen Ranking von „Forbes“ kommt die Riesennation auf 102 Milliardäre mit einem kombinierten Vermögen von knapp 313 Mrd. US-Dollar.
Allerdings haben andere Aufsteiger Indien mittlerweile hinter sich gelassen. Der Subkontinent kam 2007 in der „Forbes“-Länderwertung auf Platz zwei hinter den USA. 2020 lagen schon drei Länder vor Indien: USA (614 Milliardäre), China (389) und Deutschland (107). Russland musste sich mit 99 Milliardären jedoch hinter Indien einreihen.
Dies sind die zehn reichsten Menschen Indiens
Das sind die reichsten Inder in 2020
Azim Premji hat binnen eines Jahres über zwei Drittel seines Vermögens eingebüßt. „Forbes“ hatte ihn im März 2019 mit umgerechnet 22,6 Mrd. US-Dollar geführt. Im April 2020 waren es laut dem Magazin nur noch 6,1 Mrd. US-Dollar. Der zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Rankings 75-jährige IT-Magnat hatte die Firma Wipro von seinem Vater geerbt. Wipro ist einer der größten IT-Provider der Welt. Möglicherweise ist der Rückgang bei Premjis Vermögen zumindest teilweise gewollt. Der Unternehmer hat laut „Forbes“ bislang 21 Mrd. US-Dollar in seine gemeinnützige Stiftung gesteckt. Die habe im April 2020 einen dreistelligen Millionenbetrag für den Kampf gegen die Corona-Krise angekündigt.
Das Vermögen von Lakshmi Mittal hat sich binnen eines Jahres fast halbiert. Es sank laut „Forbes“ von 13,6 auf 7,4 Mrd. US-Dollar. Der 70-Jährige ist CEO und Vorstandsvorsitzender von Arcelor Mittal, dem größten Stahlproduzenten der Welt. Mittal war 2007 mit 32 Mrd. US-Dollar der fünftreichste Mensch der Welt. Er lebt in London.
Kumar Birla ist mit 53 Jahren der jüngste Superreiche in den Top 10. Auch er musste herbe Verluste hinnehmen. Sein Vermögen verringerte sich von 11,1 auf 7,6 Mrd. US-Dollar. Birla führt in vierter Generation den Mischkonzern Aditya Birla Group (Aluminium, Zement, Telekom, Finanzdienstleistungen). Er war 28 Jahre alt, als sein Vater Aditya 1995 starb und ihm die Firma vermachte. Zum Konzern gehört Vodafone Idea. Der Anbieter war aus der Fusion von Birlas Idea Cellular und Vodafone India hervorgegangen.
Cyrus Poonawalla (79) ist noch vergleichsweise gut durchs Krisenjahr 2019 und die Anfänge der Corona-Krise gekommen. Der Gründer eines der größten Impfstoffhersteller der Welt war im April 2020 laut „Forbes“ 8,2 Mrd. US-Dollar schwer (2019: 9,5 Mrd. US-Dollar). Das bedeutete im weltweiten Ranking Platz 165. Er gründete das Serum Institute of India 1966. Der Konzern ist aktuell an der Entwicklung von zwei Covid-19-Impfstoffen beteiligt.
Sunil Mittal ist der erste Milliardär der Top 10, der im vergangenen Jahr reicher geworden ist. Sein Vermögen stieg laut „Forbes“ um ein Drittel auf 8,8 Mrd. US-Dollar. Das reichte weltweit für Platz 157. Mittal (62) verdankt den Großteil seines Reichtums Bharti Airtel, einem der größten Mobilfunkanbieter Indiens. Ihm gehört zudem die Airtel Payments Bank.
Gautam Adani konnte seinen Reichtum leicht um 200 Mio. US-Dollar auf 8,9 Mrd. US-Dollar steigern (weltweit Platz 155). Der 57-Jährige ist über seine Adani Group in vielen Geschäftsbereichen tätig, darunter Rohstoffe, Energieerzeugung, Immobilien und Verteidigung. Der Geschäftsmann kontrolliert laut „Forbes“ Mundra Port, einen der größten Häfen des Landes.
Uday Kotaks Vermögen ist um rund ein Zehntel auf 10,4 Mrd. US-Dollar gesunken. Im weltweiten Ranking belegte der 61-Jährige Platz 129. Seine Kotak Mahindra Bank gehört laut „Forbes“ im Privatkundengeschäft zu den vier größten Bankhäusern.
Shiv Nadar zählt ebenfalls zu den Velierern unter Indiens Superreichen. Sein Vermögen veringerte sich „Forbes“ zufolge von 14,6 auf 11,9 Mrd. US-Dollar. Der IT-Pionier rutschte damit aus den globalen Top 100. 1976 hatte er den Software-Anbieter HCL Technologies – standesgemäß für die Branche – in einer Garage gegründet. Das Geschäft scheint in der Corona-Krise zu boomen: Mitte September bezifferte „Forbes“ das Vermögen des 74-Jährigen auf 18,5 Mrd. US-Dollar. Das war mehr als in all seinen Jahresbilanzen des vergangenen Jahrzehnts.
Radhakishan Damani (65) rangierte im März 2017 mit 2,3 Milliarden Dollar auf der „Forbes“-Liste noch unter ferner liefen. 2020 war der Einzelhändler und Investor bereits 13,8 Milliarden Dollar schwer (2019: 11,1 Milliarden Dollar) und damit der zweitreichste Inder. Weltweit teilte sich der Chef der Supermarktkette DMart Platz 78 mit US-Investor Carl Icahn.
Mukesh Ambani (63) hat binnen eines Jahres fast so viel Geld verloren, wie der zweitreichste Inder insgesamt besitzt: 13,2 Mrd. US-Dollar. Trotzdem blieb sein Vorsprung mehr als komfortabel. Der Chef des Öl- und Gas-Giganten Reliance Industries wurde von „Forbes“ auf 36,8 Mrd. US-Dollar geschätzt. Das langte weltweit für Platz 21, direkt vor Jeff Bezos' Ex-Frau Mackenzie Scott und den Aldi-Erben Beate Heister und Karl Albrecht Jr. Ambani scheint in der Corona-Krise der große Gewinner zu werden. „Forbes“ bezifferte sein Vermögen Ende September auf 86,2 Mrd. US-Dollar. Das hätte in der 2020er-Liste weltweit für Platz drei hinter Jeff Bezos und Bill Gates gereicht.