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Business as usual Es bleibt in der Familie

Streit unter Geschwistern
Streit unter Geschwistern
© Getty Images
Wenn Verwandte gemeinsam Unternehmen führen, knirscht es mitunter aus Gründen, die wenig mit dem Geschäft zu tun haben

Felix und Alexandra sind Geschwister und haben mit Anfang 40 gemeinsam ein Architekturbüro eröffnet. Beide haben viel Berufserfahrung und ergänzen sich gut in ihren Fähigkeiten. Die ersten beiden Jahre lief alles reibungslos, engagiert bauten die Geschwister ihr Geschäft auf. Als ich sie jedoch ein Jahr später über einen gemeinsamen Freund kennenlernte, war ihnen der Frust bereits ins Gesicht geschrieben.

Was war passiert? Alexandra wünschte sich klare Strukturen und Prozesse, sowohl für sich als auch für ihre mittlerweile vier Mitarbeiter. Felix, eher der pragmatische Typ, versuchte immer und sofort, die für den Kunden beste Lösung zu finden – leider oft auf Kosten der anderen Beteiligten. Das führte zu Unstimmigkeiten, die schon bald so persönlich wurden, dass es Außenstehenden unmöglich war, unterstützend einzugreifen oder zu deeskalieren.

Die neue Capital
Die neue Capital
© Capital

Als wir das Problem gemeinsam auseinandernahmen, verstand Felix die Kritik an seiner Kommunikation und zeigte sich einsichtig. Alexandra wiederum begriff, dass ein wenig Großzügigkeit bei der Organisation der Arbeitsabläufe auch hilfreich sein könnte. Problem gelöst? Mitnichten. Denn um die sachliche Ebene ging es hier nicht.

Noch bevor wir analysiert hatten, an welcher Stelle es wirklich hakt, platzte es aus Alexandra heraus: Sie fühle sich von ihrem großen Bruder nicht gesehen, er mache einfach immer alles so, wie er es wolle – „so wie früher“. Worauf Felix entgegnete, er ertrage ihren ewigen Perfektionismus nicht – „den hat sie von ihrer Mutter“. Spätestens jetzt war klar, dass hier nicht zwei Erwachsene stritten, sondern zwei halbwüchsige Kinder. Es ist eine Dynamik, die wohl jeder kennt, der Geschwister hat. Wenn eine solche Familienfalle einmal zuschnappt, kommen die Beteiligten nicht mehr so bald heraus.

Ich kürze an dieser Stelle etwas ab. Für Alexandra war es wichtig, von ihrem großen Bruder ernst genommen und gesehen zu werden – während Felix von seiner kleinen Schwester nicht das Gefühl vermittelt bekommen wollte, nicht gut genug zu sein.

Wann immer vermeintliche Kleinigkeiten sehr viel emotionaler wahrgenommen werden, als es der Situation angemessen wäre, kann das bedeuten, dass alte Verhaltensmuster zum Tragen kommen. Dann lohnt es sich, genau hinzuschauen. Denn nur wer versteht, was im eigenen Kopf passiert, kann den inneren Autopiloten ausschalten und Schritt für Schritt Verantwortung für sein Verhalten übernehmen.

Auch bei Felix und Alexandra hat das ein bisschen gedauert. Heute schmunzelt Felix liebevoll, wenn seine perfektionistische Schwester am Werk ist. Sie wiederum hilft ihm, die Dinge ruhig und geordnet abzuarbeiten. Denn beide wissen, dass sie die Fähigkeiten des anderen brauchen, um gemeinsam erfolgreiche Unternehmer zu sein.

Anne Weitzdörfer begleitet als Beraterin und Coach seit vielen Jahren Unternehmen und Führungskräfte. Hier schreibt sie jeden Monat über Themen aus der Berufswelt.

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