Masse, Klasse oder gleich beides? Bei Influencern ist oft viel heiße Luft im Spiel, was die reale Reichweite angeht. Das Renommee ist bei Firmenchefs zwar unbestritten. Aber nicht jeder ist auch in sozialen Netzwerken ein wertvoller Markenbotschafter, der mit Persönlichkeit und Engagement das Image seines Unternehmens positiv beeinflusst.
Die Kommunikationsagentur Palmer Hargreaves wollte wissen, welcher CEO in Deutschland auf Linkedin der größte Influencer ist . „Linkedin hat sich bei Führungskräften unter allen Social-Media-Kanälen als das beliebteste Kommunikationsmedium erwiesen“, begründeten die Marketingexperten die Wahl der Plattform. „Nicht so kurzatmig wie Twitter, für Businesszwecke zielgenauer als Facebook, kosmopolitischer als der auf Deutsch beschränkte Konkurrent Xing. Außerdem häufig wirksamer als interne Newsletter oder Gastbeiträge in Publikums- oder Fachmedien.“
So werden CEOs zum Linkedin-Influencer
Für die Untersuchung wurden den Angaben zufolge die Aktivitäten von 100 CEOs aus Dax, MDax und TecDax von Juli bis Dezember 2020 analysiert. Dabei konzentrierten sich die Autoren auf diese sechs Faktoren (jeweils mit der Begründung von Palmer Hargreaves):
- Follower: Eine hohe Anzahl an Followern ist zwar schon lange nicht mehr alles, aber immer noch ein wichtiger Indikator für öffentliches Interesse.
- Beiträge: Die Anzahl an Kurzbeiträgen (also klassische Postings) zeigt am deutlichsten, wie aktiv ein CEO die sozialen Medien nutzt.
- Artikel: Wer sich grundlegend und umfassender zu einem Thema äußern will, wählt auf Linkedin die Artikel sind ein geeignetes Mittel, um die unternehmerische Vordenkerschaft für einen bestimmten Themenbereich anzustreben.
- Eigeninteraktionen: Dieser Indexfaktor beziffert die vergebenen Reaktionen und Kommentare. Erst durch solche Interaktionen erschließt sich in einem sozialen Medium wie Linkedin das volle Potenzial.
- Publikumsreaktionen: Wer besonders relevante Inhalte teilt, bekommt auch etwas zurück. Dieser Indexfaktor misst die Interaktion des Publikums mit dem CEO-Content, also jede Form von Reaktion oder Kommentar.
- Engagementrate: Es geht um subjektive Relevanz: Wie gut funktioniert unter den gegebenen Bedingungen die Kommunikation? Die oberen Plätze dieser Liste zeigen, dass es dabei nicht zwangsläufig auf eine hohe Anzahl an Followern ankommt.
Dies sind laut der Untersuchung die größten Linkedin-Influencer-CEOs in Deutschland:
Diese CEOs sind die größten Linkedin-Influencer
Der Vorstandsvorsitzende der Daimler AG, Ola Källenius, eröffnet die Top 10 der größten CEO-Influencer auf Linkedin. Die Bandbreite ist selbst in der Spitzengruppe sehr groß. Källenius kam lediglich auf 2,2 von 10,0 möglichen Indexpunkten. Bei den Followern reichte es mit 64.332 zwar für Platz fünf. Bei der Aktivität des Publikums kam Källenius sogar auf Rang vier. Diese guten Platzierungen scheint der Daimler-CEO aber in erster Linie der Strahlkraft seiner Marke zu verdanken. In den übrigen Kategorien konnte er sich nämlich nicht in den Top 10 platzieren. Ein naheliegender Grund: Källenius konzentrierte sich laut den Autoren auf die Produktkommunikation.
Anders sieht es bei Henkel-CEO Carsten Knobel aus. Er verpasste im ersten Jahr an der Konzernspitze bei den Followern noch die Top-Ten – im Gegensatz zu Oliver Bäte (Allianz, Platz acht) und Frank Appel (Deutsche Post, Platz zehn). Das Gleiche galt für die Zahl der auf Linkedin geposteten Beiträge und Artikel. Dafür punktete Knobel in der Untersuchung mit Platz vier beim Engagement und schaffte bei der Publikumsaktivität wenigstens Platz zehn. Am Ende lag er mit einem Indexwert von 2,2 knapp vor Källenius auf Platz neun.
Markus Haas, Chef von Telefónica Germany, konnte sich nur in drei der sechs Kategorien platzieren. Vor allem Platz zwei bei der Zahl der Beiträge (78) verhalf ihm letztlich zu Indexwert 2,5 und Platz acht im Gesamtranking. Bei den Artikeln konnte Haas Platz fünf verbuchen. Hier zeigt sich allerdings, auf welch niedrigem Niveau die Analyse teilweise operiert hat. Haas schafften den fünften Rang mit gerade einmal vier Artikeln. Hier lag er beispielsweise hinter HelloFresh-Kollege Dominik Richter (sechs Artikel) oder Uniper-CEO Andreas Schierenbeck (sieben Artikel).
Merck-CEO Stefan Oschmann belegte im Influencer-Vergleich von Palmer Hargreaves Rang sieben (Indexwert 2,7). Das war auch seine Platzierung bei der Zahl der Follower (49.855). Platz acht wiesen ihm die Autoren für seine 43 verfassten Posts zu, Platz fünf gab es für vier Artikel. Bei der Aktivität des Publikums belegte Oschmann Platz neun. In den übrigen Kategorien schaffte er es nicht in die Top 10.
Bayer-CEO Werner Baumann kam in der Analyse mit 31.604 Followern auf Linked-In nur auf Platz neun. Dafür punktete er mit Platz vier bei den Artikeln (sechs) und Platz sechs bei der Publikumsaktivität. Das ergab am Ende einen Indexwert von 2,8 und Platz sechs in der Endauswertung.
Metro-Chef Olaf Koch hat zum Jahresende 2020 den Posten geräumt. Wie Nachfolger Steffen Greubel als Linkedin-Influencer abschneiden wird, muss sich zeigen. Koch jedenfalls konnte bei der Follower-Zahl zwar nicht mit seinen Top-10-Konkurrenten mithalten. Das machte er aber mit Eigeninitiative wett. Keiner der untersuchten Firmenchefs interagierte laut den Analysten derart häufig mit seinem Netzwerk wie Koch. Die Studie registrierte 833 Interaktionen. Der Ex-Metro-Chef überbot damit den Wert des Nächstplatzierten um rund ein Drittel. Platz drei bei der Zahl der Beiträge verhalf ihm am Ende zu Platz fünf (Indexwert 3,0), obwohl Koch in keiner der übrigen vier Kategorien in die Spitzengruppe einziehen konnte.
Timotheus Höttges sicherte sich mit einer soliden Leistung in der Mehrzahl der Kategorien Platz vier. Der CEO der Deutschen Telekom landete mit 94.521 Followern auf Platz zwei. 59 Beiträge bedeuten Platz vier, 425 Eigeninteraktionen Platz fünf. 64.032 Interaktionen der Nutzer mit seinem Content bescherten Höttges Platz drei. Er „punktet vor allem mit gesellschaftlichen und kollegialen Beiträgen“, lobten die Autoren von Palmer Hargreaves. Höttges kam in der Schlussbewertung mit 5,0 Punkten auf Platz vier der größten Linkedin-CEO-Influencer.
Bernd Montag, CEO von Siemens Healthineers, machte Platz sechs bei den Followern (51.562) an anderer Stelle wett. 58 Posts und 34.913 User-Interaktionen reichten jeweils für Platz fünf, sechs Artikel sowie 561 Eigeninteraktionen jeweils für Platz vier – ergab am Ende 5,2 Indexpunkte und Platz drei. Lediglich beim Engagement musste Montag passen. Hier punkteten aber auffallend viele CEOs, die im Gesamt-Ranking nicht unter die ersten zehn gekommen waren. Das galt vor allem für Herbert Schein (Varta AG) mit einer Engagementrate von 25,6 Prozent, gefolgt von Rainer Beaujean (ProSiebenSat.1 Media, 10,9 Prozent) und Elmar Heggen (RTL Group, 8,4 Prozent).
SAP-CEO Christian Klein sicherte sich knapp vor Montag mit einem Indexwert von 5,2 Platz zwei. Er überzeugte vor allem mit zwei zweiten Plätzen bei den Artikeln (neun Texte) und der Publikumsinteraktion (86.543). Die Autoren attestierten Klein auf Linkedin einen Schwerpunkt bei gesellschaftlichen Themen. Das scheint die Nutzer der Plattform anzuziehen. 82.091 Follower bedeuteten im Ranking Platz drei. Damit war der SAP-Chef aber Welten vom größten CEO-Influencer auf Linkedin entfernt.
Volkswagen-Chef Herbert Diess ließ der Konkurrenz auf Linkedin keine Chance. Er setzte sich mit 8,2 Punkten im Ranking weit von den anderen Konzernchefs ab und sicherte sich in diesen Kategorien erste Plätze: Follower (148.861), Beiträge (102), Artikel (elf) und Publikumsaktivität (240.984). Diess verzeichnete laut Palmer Hargreaves im Untersuchungszeitraum fast dreimal so viele Kommentare und Likes wie SAP-Chef Klein auf Platz zwei. Aber nicht nur Diess' Follower waren fleißig. Der CEO kam im Bereich „Eigeninteraktionen“ auf Platz zwei (675). Bei der Engagementrate musste sich der Volkswagen-Chef aber wie nahezu alle CEOs der Top 10 geschlagen geben. Nur Henkel-Chef Knobel holte nach Ansicht der Autoren wirklich das Beste aus seiner Reichweite heraus.
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