Anzeige

Zusatzleistungen Die besten Benefits: Geld ist nicht genug

Die Möglichkeiten, zu Hause zu arbeiten, ist vielen Angestellten wichtig
Die Möglichkeiten, zu Hause zu arbeiten, ist vielen Angestellten wichtig
© Serge Seidlitz
Unternehmen kämpfen um Talente. Dabei geht es aber nicht nur ums Geld. Für gute Zusatzleistungen würden viele Angestellte sogar auf Gehalt verzichten – das ist ein Ergebnis unserer Benefits-Studie

Von wegen Sahnehäubchen! Extras, die Arbeitgeber zusätzlich zum Lohn spendieren, sind erstens teuer – und zweitens zahlen sie sich aus. Von der Zusatzversicherung über das Diensthandy bis zum Fitnessclub wissen viele Mitarbeiter solche Benefits zu schätzen. Sie würden dafür sogar auf einen beträchtlichen Teil ihres Gehalts verzichten: im Schnitt auf über elf Prozent.

Das ist eines der überraschendsten Ergebnisse der neuen Benefits-Umfrage, die Capital mit der Personal- und Managementberatung Kienbaum und der Arbeitgeberbewertungsplattform Kununu durchgeführt hat. „Konkrete Zahlen zur Wertigkeit oder Wirksamkeit von Benefits gab es bislang nicht“, sagt Kienbaum-Berater und Studienleiter Matthias Kopiske. „Viele Personalverantwortliche sind sich über mögliche Einsparpotenziale bei ihren Kompensationspaketen nicht im Klaren, einigen ist nicht einmal die Investitionssumme bekannt.“

Vor gut einem Jahr hatte Capital gemeinsam mit Kienbaum erstmals das Ranking „ Beste Benefits der deutschen Wirtschaft “ ermittelt und die Unternehmen mit den umfangreichsten Nebenleistungen hervorgehoben. Die Vielfalt der Benefits stand dabei im Vordergrund, auch die Kreativität und Professionalität der Unternehmen beim Umgang mit Zusatzleistungen wurden bewertet.

Nur Geld blieb ein Graubereich. Über Budgets für Benefits wolle niemand reden, so die Erfahrung vieler Vergütungsexperten: Die Abgrenzung gegenüber anderen Kostenposten sei kompliziert, die Berechnung wegen zahlreicher Freibetrags- und Steuersatzregelungen komplex. Auch wollen viele Personalabteilungen intern wohl lieber gar nicht erst die Aufmerksamkeit der Kollegen im Controlling wecken.

Mehr Transparenz

Um einen ersten Vorstoß in Richtung mehr Transparenz zu wagen, sind wir bei der zweiten Benefits- Umfrage etwas anders vorgegangen. Befragt haben wir diesmal nicht nur Arbeitgeber, sondern getrennt davon auch Arbeitnehmer. Wir haben die Erwartungen beider Seiten abgeglichen und dabei auch eruiert, was den Befragten Benefits wert sind. Im Vordergrund steht also diesmal weniger die Anzahl der Angebote als der individuelle Mehrwert des Gesamtpakets. Wir erstellen auch keine Ranglisten, sondern würdigen viele gute Initiativen einzelner Unternehmen wie Bayer, Randstad oder Heel.

Bildschirmfoto 2019-04-23 um 12.35.55

Nachdem Kienbaum in der ersten Umfrage bei mehr als 1000 Unternehmen Antworten von gut 100 Personalverantwortlichen bekommen hatte, sind im zweiten Jahr weitere 32 hinzugekommen, die insgesamt für mehr als 390.000 Mitarbeiter zuständig sind. Parallel hat Kununu über seine Beschäftigten-Datenbank ebenfalls um Einschätzungen zu Benefits- Programmen gebeten – und 11.000 Antworten bekommen.

Kununu befragt Nutzer seit Jahren zu ihren Arbeitsbedingungen, Wünschen und Forderungen. Ob sie für Benefits Opfer in Kauf nehmen würden, wurde nun zum ersten Mal gefragt: „Auf wie viel Prozent deines Wunschgehalts würdest du verzichten, wenn du deine Top-Benefits bekommst?“ Junge Mitarbeiter im Alter von 18 bis 29 Jahren würden einen Abschlag von durchschnittlich 13,4 Prozent akzeptieren (siehe Grafik). Bei Einstiegsgehältern von im Durchschnitt 1000 bis 2000 Euro netto pro Monat sind das beträchtliche Einbußen.

Selbst erfahrene Mitarbeiter jenseits der 40, von denen viele eher in den oberen Gehaltsklassen über 3000 Euro netto liegen, sind noch zu einem Abschlag von rund elf Prozent bereit. Um die Dimension zu veranschaulichen: Durchschnittliche Gehaltserhöhungen liegen bei zwei bis drei Prozent. Viele Arbeitnehmer sind also bereit, diese klassische Form der Belohnung im Tausch gegen Benefits für mindestens drei Jahre auszusetzen. „Wir sind überrascht, auf wie viel Mitarbeiter verzichten würden, und das weitgehend unabhängig von Alter oder Berufserfahrung“, sagt Kununu-Manager Allard van der Veen.

Wissen das die Arbeitgeber? Gut ein Drittel der Personalverantwortlichen glauben laut Kienbaum-Umfrage nicht, dass Mitarbeiter auf Gehalt verzichten würden. Zwei Drittel vermuten dagegen, dass Mitarbeiter für attraktive Benefits im Schnitt rund zehn Prozent Einbußen beim Jahresgehalt hinnehmen würden. Hier tut sich theoretisch Sparpotenzial auf, da Personalausgaben zu den größten Kostenblöcken in vielen Unternehmen gehören.

Geld allein motiviert nicht

Die Daten zeigen, dass ein Umdenken stattfindet. „Geld allein motiviert nicht“, sagt Kienbaum-Experte Kopiske. „Eine angemessene Vergütung verhindert lediglich Unzufriedenheit.“ Gerade in Zeiten, in denen nahezu Vollbeschäftigung herrscht, müssen sich Arbeitgeber im Kampf um begehrte Talente mehr einfallen lassen. „Benefits sind eine Waffe im Werben um Mitarbeiter“, so Kopiske.

BILD
Viele Unternehmen bieten ihren Angestellten als Ausgleich zur Büroarbeit Sport- und Gesundheitsförderung (Illustration: S. Seidlitz)

Und wofür lassen die sich begeistern? Laut Umfrage für bodenständige, eher unspektakuläre Angebote, die vor allem mehr Freiheit oder Sicherheit bieten. Flexible Arbeitszeiten sind für 75 Prozent der Mitarbeiter in der Kununu-Umfrage das Wichtigste. Für die Unternehmen steht dagegen die betriebliche Altersversorgung an erster Stelle der wichtigsten Nebenleistungen (84 Prozent). Für die Mitarbeiter kommt dieser Punkt mit 58 Prozent immerhin gleich an zweiter Stelle.

Zu den Top-Benefits zählen für beide Seiten Homeoffice-Optionen, private Internetnutzung, Diensthandys, Parkplätze, Firmenevents, individuelle Coachings und Gesundheitsmaßnahmen. Diese Extras bewerten Mitarbeiter als sehr attraktiv, viele halten sie sogar für selbstverständlich. Aus der Reihe tanzen zwei Wünsche: Firmenwagen und Mitarbeiterbeteiligungen. Die zählen für viele nicht zum erwarteten Standardangebot, sie werden aber sehr geschätzt.

Bei der Bewertung von Benefits sind die Schnittmengen zwischen Arbeitgebern und -nehmern groß, Angebot und Nachfrage passen zusammen. Nur könnten die Anreize in vielen Fällen noch deutlich gezielter und individueller auf die Bedürfnisse einzelner Mitarbeiter zugeschnitten werden. Wer heute viel Wert auf einen verlängerten Urlaub und einen Programmier-Workshop legt, für den haben ein paar Jahre später vielleicht die Betriebskita und das Feriencamp für die Kinder Priorität.

Lohnt sich die Investition in Benefits? Und wie wirken sie? Das sind die Sorgen der Personalverantwortlichen, denn der Aufwand ist beträchtlich. Zu Buche schlagen dabei vor allem Gesundheits- und betriebliche Altersvorsorge sowie Firmenwagen. In der Kienbaum-Umfrage geben die Unternehmen an, dass sie im Jahresschnitt 11.400 Euro für jedes Mitglied des Top-Managements ausgeben, 5500 Euro pro Führungskraft und 2500 Euro für alle anderen Mitarbeiter. Nach dieser Faustformel müsste ein Mittelständler mit 1000 Mitarbeitern rund 3,3 Mio. Euro für Benefits veranschlagen. Zuzüglich Gehältern summieren sich die Personalkosten bei einer durchschnittlichen Vergütung so auf rund 80 Mio. Euro, wovon die Benefits rund vier Prozent ausmachen.

Das sind vier Prozent, die für die Zufriedenheit der Mitarbeiter ausgegeben werden und zudem das Image als attraktiver Arbeitgeber stärken. „Von all unseren Mitarbeitern erwarten wir einen überdurchschnittlichen Einsatz, und wir wissen, dass viele überdurchschnittlich viel erreichen wollen“, sagt Bettina Buschhoff, Geschäftsführerin Personal für Deutschland, Österreich, Schweiz beim Konsumgüterkonzern Procter & Gamble (P&G). „Deshalb ist es für uns selbstverständlich, dass neben einem wettbewerbsfähigen Entgelt auch Zusatzleistungen zum Gesamtpaket gehören. Damit stellen wir sicher, dass sich unsere Mitarbeiter wohlfühlen und sich auf P&G verlassen können, so wie auch wir uns auf sie verlassen.“

38 Prozent der Unternehmen an, eine Betriebskita zu unterhalten
38 Prozent der Unternehmen an, eine Betriebskita zu unterhalten (Illustration: S. Seidlitz)
© Serge Seidlitz

Internationale Konzerne können ihren Mitarbeitern meist mehr bieten als viele Mittelständler in der Provinz. Für den Naturheilmittelhersteller Heel aus Baden-Baden ist es umso wichtiger, die Benefits-Strategie zielgerichtet einzusetzen. „Vorneweg: Ich glaube nicht, dass Bewerber zu Unternehmen wegen der Benefits kommen“, sagt Heel- Personalchef François Dugimont. „Vielleicht bleiben Mitarbeiter jedoch, wenn sie diese Angebote vergleichen und erkennen, dass sie vom Unternehmen wertgeschätzt werden.“ Heel beschäftigt mit 70 Prozent Personalanteil besonders viele Frauen und legt bei den Zusatzleistungen einen Schwerpunkt auf die bessere Vereinbarkeit von Job und Familie. Die Zeitarbeitsfirma Randstad oder der Online-Elektrohändler AO Deutschland haben ihre Mitarbeiter in ganz Deutschland verteilt und überlegen bei ihrer Benefits-Strategie vor allem, wie sie ein faires Angebot für alle anbieten können. „Mit einem starren Standardangebot von der Stange können Benefits ihre Wirkung nicht entfalten“, so Kienbaum-Experte Kopiske. „Eine echte Alternative zum Gehalt sind sie erst, wenn Mitarbeiter den Wert erkennen und freie Auswahl haben.“

Nur waren solche individuellen und flexiblen Angebote bislang aufwendig und teuer. Das ändert sich erst langsam durch die Digitalisierung. Der Chemiekonzern Bayer hat vor einigen Jahren ein ITProgramm entwickeln lassen, mit dem alle Benefits verwaltet und abgerechnet werden. Die Mitarbeiter können den Stand ihrer Leistungen auf der Plattform jederzeit abfra- gen und bekommen einmal im Jahr automatisch eine Aufstellung über sämtliche Extras und deren Kosten. Eine solche Bilanz (Total Reward Statement) erstellen nur 19 Prozent der Unternehmen, die an der Kienbaum-Umfrage teilgenommen haben. Für den Großteil der befragten Personaler ist das zu komplex oder zu wenig relevant.

Akribische Dokumentation

Der Benefits-Experte Jens Lemke kann für jedes Unternehmen berechnen, ob sich der Aufwand für ein digitalisiertes, maßgeschneidertes Anreizsystem lohnt. „In der Regel zahlt sich das für jedes Unternehmen ab 70 bis 100 Mitarbeitern aus“, sagt der Ingenieur und langjährige Lufthansa-Cargo-Mitarbeiter, der vor vier Jahren den Dienstleister Commodis zur digitalen Verwaltung von Benefits gegründet hat. „Ein maßgeschneidertes Benefits-Portfolio erfordert effiziente Administration, bei der zu jedem Extra auch Aspekte wie Steuerrecht, Sozialversicherung, Mitbestimmung und Datenschutzrichtlinien einfließen“, so Lemke.

Für Daniela Karbe-Geßler, Benefits- Expertin des Deutschen Industrie- und Handelskammertags, sind akribische Dokumentation und Controlling Grundvoraussetzungen, um Steuervergünstigungen, wie sie seit Anfang des Jahres etwa für unentgeltliche Jobtickets gelten, auch optimal nutzen zu können. „Ansonsten führen neue Regelungen zu zusätzlicher Bürokratie, und die positiven Effekte der Steuerbefreiung verpuffen“, so Karbe-Geßler.

Manchmal sind weder die aufwendigsten noch die teuersten Benefits die erfolgreichsten. Heel-Personalchef Dugimont hat sich aus dem letzten Benefits-Ranking von Capital eine Idee vom Ökostromanbieter Lichtblick abgeschaut: den Chor. Seit Herbst vergangenen Jahres treffen sich auch bei Heel einmal pro Woche Mitarbeiter zum Singen. Vor Weihnachten haben sie ihr erstes Konzert in der Firma gegeben, unter der Leitung einer PersonalerinDugimont hat die Idee gleich zu einer Mitmach-Aktion ausgeweitet: Jeder Heelianer kann etwa als Fußball- oder Mountainbike-Trainer Kollegen zum Mitmachen animieren. „Dabei vernetzen sich Kollegen aus unterschiedlichen Bereichen, die ansonsten nie zusammenkommen“, so Dugimont. „Etwas Besseres kann ich mir nicht vorstellen.“ Für 2019 laufen bereits die Planungen für einen Imkervortrag und eine Heilpflanzenexkursion.

Der Beitrag ist in Capital 02/2019 erschienen. Interesse an Capital? Hier geht es zum Abo-Shop , wo Sie die Print-Ausgabe bestellen können. Unsere Digital-Ausgabe gibt es bei iTunes und GooglePlay

Mehr zum Thema

Neueste Artikel

VG-Wort Pixel