War es das für Bitcoin? Seit Tagen wird im Netz über die Zukunft der virtuellen Währung diskutiert, nachdem in Tokio die Bitcoin-Börse Mt Gox zusammengebrochen war. Die Handelsplattform ist offline – und mit ihr verschwanden mehr als 740.000 Bitcoins im Wert von Hunderten Millionen Euro. Wohin das Geld verschwunden ist, bleibt unklar. Die meisten Anleger wissen nur, dass es vermutlich nicht wieder auftauchen wird.
Einige wie Claus Hulverscheidt, Redakteur von der Süddeutschen Zeitung, haben das Desaster offenbar kommen sehen und wundern sich jetzt über die Naivität der Anleger:
Der Ruf nach dem Staat ist vorerst ausgeblieben. Bitcoin-Entusiasten halten aber trotzdem an der virtuellen Währung fest. Erik Vorhees, Betreiber der Webseite coinapult.com, begründete auf Businessinsider, warum er an die Zukunft des Zahlungsmittels glaubt:
„We are building a new financial order, and those of us building it, investing in it, and growing it, will pay the price of bringing it to the world. This is the harsh truth. We are building the channels, the bridges, and the towers of tomorrow's finance, and we put ourselves at risk in doing so.
We are at risk from accidents. We are at risk from fraud, from corruption, and from evil. We are at risk from journalists seeking headlines and from politicians seeking power and glory. We are at risk from the very market we are trying to build - a market which cares not about our portfolio, our ambitions, or our delicate sympathies.“
Rückschläge wie den Mt-Gox-Zusammenbruch hält er für unvermeidlich. Trotzdem sei Bitcoin auf dem richtigen Weg. „You will see through the smoke, and your wounds will heal“, schreibt er pathetisch.
Ist Bitcoin überhaupt eine Währung?
Nüchterne Beobachter werden dieser Sichtweise kaum folgen können. Martin Kölling, Sinologe mit Sitz in Tokio, schreibt auf heise.de, dass seiner Meinung nach Bitcoin ruhig sterben darf und er dem Hype keine Träne nachweint:
„Denn das Konstrukt kam schon mit einem schwerwiegenden Geburtsfehler auf die Welt: die Währung ist inhärent deflationär. Denn die Zahl der umlaufenden digitalen Münzen ist letztlich beschränkt. Daher gilt hier stärker als bei anderen Währungen die Regel, dass mit der Nachfrage der Preis nach oben schnellt.
Ich weigere mich eigentlich, Bitcoin überhaupt als digitale Währung zu bezeichnen. Sie ist eher wie digitales Gold. Und sie schränkt die Handlungsfähigkeit von Staaten und Notenbank ein, mit der Ausdehnung oder der Schrumpfung der Geldmenge Wirtschaftspolitik zu betreiben.“
Auch Handelsblatt-Online-Chefredakteur Oliver Stock hält nichts von Bitcoin. Es sei eine Währung ohne Vertrauen:
„Nur wenn ich glauben kann, dass ich für mein Geld auch etwas bekomme, ist dieses Geld etwas wert. Die virtuelle Währung Bitcoin besitzt dieses Vertrauen nicht. Deswegen ist sie auch nichts wert. Langsam sickert durch, dass die künstliche Währung, die am Rechner erzeugt wird, nichts von dem hält, was sie verspricht.“
Muss eine Regulierung her?
Auch das Wall Street Journal hält das Vertrauen für verspielt, allerdings sei die virtuellen Währung noch zu retten. Die Finanzzeitung verglich die Lage der künstlichen Währung mit der Situation des Bankensektors nach der Lehman-Pleite. Folgt man der Argumentation steckt Bitcoin in einer Systemkrise, die sich nach Ansicht des Wall Street Journal lösen lässt, wenn sich die Bitcoin-Anhänger von für sie wichtigen Prinzipien verabschieden und sich einer Regulierung unterwerfen.
„Wenn Bitcoin überleben soll, müssen seine Vertreter sichergehen, dass ein derartiges Debakel nicht noch einmal vorkommt. Das könnte mittels Regulierung - welcher Art auch immer - und adäquaten Kapitalreserven erreicht werden. So würden die Börsen immer mehr Banken gleichen. Das wird Geld kosten, und diese Kosten werden an die Nutzer weitergereicht werden müssen - so wie auch Kreditkartenbetreiber Gebühren verlangen, um Profite zu machen und das System in Gang zu halten.“
Regulierungsbefürworter aus der Politik nutzten die Gelegenheit, um sich zu Wort zu melden. Tom Carper, Vorsitzender des US-Senatsausschusses Homeland Security und Governemental Affairs, nannte Regeln unumgänglich:
„Without these rules, businesses can’t be successful and consumers can’t be protected. If today’s news is true, it is a sad violation of consumer trust, whether through malicious action or simple incompetence. Regardless, it’s unacceptable.“
Ein anderer Senator forderte sogar ein Verbot der Währung, die eine Gefahr für die Wirtschaft darstelle. Für Leute wie Voorhees ist das eine Form der Tyrannei. Und auch eine Regulierung lehnt er dankend ab:
Sürzt der Kurs ins Bodenlose?
Die Diskussion über die Überlebenschancen der Währung wird weitergehen. Der Kurs hat sich nach dem Mt-Gox-Schock wieder ein wenig erholt, auch wenn er weit entfernt von früheren Höchstständen ist.
Die Diskussion über die Überlebenschancen der Währung wird weitergehen. Der Kurs hat sich nach dem Mt-Gox-Schock wieder ein wenig erholt, auch wenn er weit entfernt von früheren Höchstständen ist. Am Donnerstag wurde ein Bitcoin auf der Handelsplattform Coindesk für mehr als 575 Dollar gehandelt, nachdem er unmittelbar nach der Mt-Gox-Pleite auf knapp mehr als 450 Dollar gefallen war.
Geschäftsführer Oliver Flaskämper vom deutschen Marktplatz bitcoin.de glaubt an Kinderkrankheiten:
„Bitcoin ist 5 Jahre alt und die Milchzähne sind gerade rausgefallen, um den neuen Zähnen Platz zu machen. Auch die Kinderkrankheiten nehmen mit 6 Jahren ja bekanntlich rapide ab. Hoffen wir daher mal das Beste.“