Zweimal täglich misst Kleber Silva seine Temperatur, tippt sie in seinen Blackberry ein und schickt sie an seinen Arbeitgeber, ArcelorMittal. Silva ist bei dem weltgrößten Stahlhersteller für das Eisenerz-Geschäft zuständig. Er lebt in London, wo von aus das operative Geschäft des offiziell in Luxemburg beheimateten Konzerns geleitet wird. Aber einmal im Monat reist er nach Liberia, um in der Mine nach dem Rechten zu sehen – auch in Zeiten von Ebola.
Für die Führung des Konzerns ist klar: Das Geschäft mit dem Erz muss weiterlaufen. Ein Rückzug kommt nicht in Frage. „Wir haben unsere Produktion nicht eingeschränkt“, sagt Joseph Mathews, der Kommunikationsdirektor des Unternehmens. „Unsere 4500 lokalen Mitarbeiter arbeiten alle weiter.“ Nur die Zahl der Expats hat das Unternehmen auf rund 200 halbiert. Eine Vorsichtsmaßnahme. „Wegen der eingeschränkten Zahl an Flügen können wir sonst nicht sicher sein, dass unsere im Krankheitsfall ausgeflogen werden können.“
Für Liberia ist es wichtig, dass die Minen offen bleiben. In dem armen afrikanischen Land mit vier Millionen Einwohnern generiert der Minensektor ein Fünftel des Bruttoinlandsproduktes. Das Unternehmen hat die Krankenhäuser in Yekepa aufgerüstet, der Stadt, in der Minenarbeiter leben – sowie am 300 Kilometer entfernten Hafen, von wo das Eisenerz verschifft wird.
Sinkende Preise
Auch Lehrer wurden in die Gemeinden entsandt, um über Ebola aufzuklären. Seit ein ArcelorMittal-Mitarbeiter, der liberianisch-stämmige Amerikaner, mit dem Virus im Blut nach Nigeria gereist war und dort 19 andere Menschen angesteckt hatte, überlässt das Management nichts mehr dem Zufall.
Für die Industrie, die in allen drei der betroffenen westafrikanischen Länder vertreten ist, hätte das Timing des Ausbruchs nicht schlechter sein können. Die Preise für Eisenerz für die Stahlproduktion sind auf ein Fünf-Jahres-Tief gefallen. Und auf dem Markt für Gold und Diamanten, die anderen wichtigen Förderprodukte der Region, sieht es nicht viel besser aus.
Im Nachbarland Sierra Leone hat der Eisenerzproduzent London Mining – mit 1400 Mitarbeitern einer der größten Arbeitgeber des Landes, die Kombination der Flaute mit dem Ausbruch von Ebola nicht überlebt und musste Mitte Oktober Konkurs anmelden. Frank Timis, der CEO von African Minerals, will die Mine der früheren Konkurrenz nun kaufen – im eigenen Namen und nicht im Namen seines Unternehmens, das selbst wegen Ebola seine Schulden refinanzieren muss.
ArcelorMittal produziert weiter die fünf Millionen Tonnen, die die Tokadeh-Mine in Liberia im Jahr hergibt. Die geplante Expansion der Anlage, die der Konzern sich 1,7 Mrd. Dollar kosten lässt, muss allerdings warten, nachdem die Vertragspartner ihre Bauarbeiter abgezogen haben. Das Eisenerz, das der Konzern derzeit fördert, ist direkt schiffbar, aber wenn die Vorräte erschöpft sind, muss er in der Lage sein, auch Erz mit niedrigerem Eisengehalt abzubauen und zu verarbeiten. „Aber bis dahin haben wir noch drei bis vier Jahre Zeit“, sagt Mathews. „Und bis dahin wird diese Ebola-Epidemie ja wohl hoffentlich längst unter Kontrolle sein.“