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Thema Amerika in der Haushaltsklemme

Die USA steuern auf die Zahlungsunfähigkeit zu. Kein Wunder, dass seit Tagen über die Verantwortung für das Haushaltsdesaster gestritten wird. Ein Überblick über die Debatte.
Kapitol in Washington: Den Senatoren und Repräsentanten bleibt nicht mehr viel Zeit
Kapitol in Washington: Den Senatoren und Repräsentanten bleibt nicht mehr viel Zeit
© Getty Images

Für Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Krugman ist die Sache klar: Die konservativen Republikaner tragen die Schuld an der jetzigen Situation, schreibt er in der New York Times. Ideologisch extrem und zutiefst inkompetent seien die führenden Köpfe der Republikaner. Mit ihrer Weigerungshaltung versuchten sie Präsident Barack Obama zu erpressen, damit das Staatsoberhaupt sein wichtigstes innenpolitisches Projekt aufgibt, die „Obamacare“ genannte Gesundheitsreform. Der Präsident denkt natürlich nicht daran. Laut Krugman war die Entwicklung der Grand Old Party seit Jahren absehbar.

„It has been obvious for years that the modern Republican Party is no longer capable of thinking seriously about policy. Whether the issue is climate change or inflation, party members believe what they want to believe, and any contrary evidence is dismissed as a hoax, the product of vast liberal conspiracies.“

Auch die britische FT weist in ihrem Editorial den Konservativen die Verantwortung zu. Als Schlüsselfigur wird der Mehrheitsführer der Republikaner im Repräsentantenhaus John Boehner ausgemacht. Er kann die Blockade brechen, in dem er die Abstimmung freigibt. Das Blatt rät Boehner dringend dazu, seine Haltung zu ändern:

„The occasional US government shutdown is one thing. It is irritating but not catastrophic. Failure to uphold America’s full faith and credit is quite another. Mr Boehner’s unwillingness to stop it would earn him history’s obloquy.“

Obamas Kalkül

Die FT verteidigt auch die harte Haltung Obamas, der nicht mehr mit den Republikanern verhandeln will. Zu einer ganz anderen Einschätzung kommt Peggy Noonan in ihrem Blog für das Wall Street Journal. Zwar sieht auch sie Fehleinschätzungen bei den Republikanern, sie glaubt aber auch nicht, dass das Kalkül des Präsidenten und seiner Demokraten aufgeht. Nach ihrer Lesart hat das Weiße Haus die automatischen Ausgabenkürzungen in Kauf genommen, die unter anderem zur Schließung von Nationalparks führten. Obamas Ziel sei es gewesen, den Zorn der Amerikaner darüber auf die Republikaner zu lenken:

„The White House thought they’d cause pain with their strategy and the pain would redound on the Republicans. They have caused pain, but it looks to me very likely it will redound on themselves.“

Fehleinschätzungen, Sturheit und Stolz hält Noonan dem Präsidenten vor. Mit seinem Nein zu Verhandlungen helfe Obama den Republikanern. Die Frage, wer als Verlierer aus dem Ringen hervorgeht, muss aber momentan eher die Konservativen beunruhigen. Umfragen zufolge wird der Ausgabenstopp vor allem ihnen angelastet.

Nicht der erste Zahlungsausfall

Ökonomen bewerten die derzeitige Lage noch nicht als dramatisch. Anders sieht es aus, wenn es tatsächlich zu einem Zahlungsausfall kommen sollte. „That would undermine global confidence in the United States as the world’s financial safe haven and could permanently increase the nation’s borrowing costs“, schreibt die Washington Post.

In den nächsten Tagen muss also eine Löung gefunden werden, sonst tritt ein, was es laut Matt Phillips von The Atlantic in der ein oder anderen Form in der amerikanischen Geschichte schon gegeben hat: Der Zahlungsausfall. Phillips vergleicht zum Beispiel das Vorgehen der US-Regierung nach dem gewonnen Unabhängigkeitskrieg gegen die Briten mit der Situation Griechenlands heute.

„It restructured its debts, with decidedly harsh terms from creditors. In fact, the terms were so tough that an important paper on the topic notes that ‚a large part of the face value of the debt was effectively written off.’ In other words, it wasn’t paid. So was this a default?“

Und er bringt noch ein weiteres Beispiel. 1933 auf dem Höhepunkt der Depression wertete der damalige US-Präsident Roosevelt den Dollar gegenüber Gold ab: „The 1933 devaluation effectively amounted to paying off debts with devalued currency, which is widely viewed as a default.“ Bis zum 17. Oktober müssen sich Präsident und Kongress auf eine Erhöhung der gesetzlichen Schuldenobergrenze verständigen, sonst droht der nächste Zahlungsverzug.

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Foto: © Getty Images

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