Agilität und Design Thinking, Holacracy, Beyond Budgeting und Working out Loud – jeder möchte up to date sein und meint, keine gerade aktuelle Welle verpassen zu dürfen. Wer will schon verantwortlich dafür sein, dass das eigene Unternehmen, der eigene Verantwortungsbereich auf die allseits geforderte Veränderung nicht reagiert hat? Also werden Methoden und Neuerungen wie die sprichwörtliche Sau durchs Dorf getrieben, bis (spätestens) im nächsten Jahr eine neue Sau auftaucht, die die alte vergessen lässt.
Dabei wird häufig blind Buzzwords gefolgt, es werden Ressourcen verbrannt, die häufig an anderer Stelle bitter fehlen. Und der Nutzen der Methode bleibt oft unberücksichtigt. Zudem werden die Mitarbeiter demotiviert bis hin zur inneren oder gar der realisierten Kündigung. Folgen, die sich gerade in den immer volatileren und komplexeren Zeiten kein Unternehmen leisten kann.
Deshalb ist es ein Muss für jeden Manager, sich aus dem Wahn um die gerade gehypte Methode zu verabschieden und souveräne Entscheidungen für sein Unternehmen, seinen Bereich zu treffen. Aber was können Entscheider konkret tun? Vier Schritte zum souveränen Handeln:
#1 Ursachen und Treiber erkennen

Getreu dem Motto „Gefahr gekannt, Gefahr gebannt“ ist Klarheit über Ursachen und Treiber des Methodenwahns die Grundlage für eine souveräne Entscheidung. Der blinde Glauben in die Magie von Erfolgsversprechen zu einer Methode, einer Neuerung wirkt so, dass weder Hintergründe noch Eigeninteressen des Überbringer hinterfragt werden. Die unbedingte Fixierung auf die eine und nur diese Methode verstärkt dies und ermöglicht, dass diese als Non-plus-ultra-Lösung gehypt wird.
Dazu kommen stark vereinfachte Hoffnungssätze, die gerade in Zeiten der Unsicherheit ein begehrtes Gut werden. Wirken sie doch wie Strohhalme auf der Suche nach Halt. Aussagen wie „Selbstorganisierte Teams brauchen keine Führung“ oder auch „Freiraum beflügelt Mitarbeiter zu Höchstleistungen“ gewinnen schnell eine unwiderrufbare Eigendynamik.
Welche Treiber befeuern die Methodenjagd? Die omnipräsente Digitalisierung und Globalisierung wirken nur oberflächlich als Treiber, auch wenn sie Veränderungsdruck auslösen. Erst das Zusammentreffen mit inneren Treibern ermöglicht den Methodenwahn.
Angst bewegt als ein innerer Treiber die im Beruf Etablierten wie auch die „Frischlinge“. Die einen verfolgt die Angst, nicht mehr mithalten zu können, oder auch um den Verlust der erreichten Position, während die anderen eher existenzielle Ängste bewegen. Je größer die Angst ist, desto geringer die Risikobereitschaft. Schlichte, mutlose Risikovermeidungsstrategien im Sinne von „Ich nehme das, was alle nehmen, damit gehe ich kein Risiko ein“ sind sicher die letztendlich schlechteste Wahl.
Die zumeist negativen Presseberichte schüren zudem eine Untergangsstimmung, die den Blick auf die Fakten vernebelt und Unternehmen scharenweise in den Methodenwahn treiben.
#2 Den Kern klären
„Welches Problem soll gelöst werden?“, „Was ist das Ziel der Veränderung?“ – die Antworten auf diese Fragen geben den Kurs für die Wahl der richtigen Methode vor. Denn sie sichern deren Passgenauigkeit. Beispielsweise bewirkt agiles Arbeiten eben nicht zwingend die Umsetzung von mehr Projekten, wie häufig angenommen. Es geht darum, nicht das Symptom zu behandeln, sondern zum Schmerz, der Ursache, vorzudringen – und sich nicht mit schönen, sondern mit wahren Gründen zu beschäftigen. Das Aufbrechen der Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge ist zwingend.
Der Unternehmenszweck, der Purpose, wie auch die Unternehmenswerte wirken zusätzlich als Leitplanken für eine nachhaltige Methodenwahl in der sich immer schneller verändernden Welt. Sie geben Orientierung und Stabilität und die Grundlage für Vertrauen.
Eine souveräne Auswahl braucht Objektivität und Rationalität der Entscheider. Nur diese Einstellung ermöglicht in der VUCA-Aufregung und angesichts der vollmundigen Versprechen der verschiedenen Methoden-Anbieter die Trennung der richtigen von den schönen Argumenten. Also, nicht schnell emotional den Favoriten wählen, sondern genauer hinschauen. Wie der kühle Blick gelingt? „Murder your Darlings“ ist ein hilfreiches Instrument. Das heißt, konsequent all das, was man persönlich intuitiv bevorzugt, streichen oder zumindest kritisch hinterfragen.
#3 Die richtige Auswahl treffen
Was gibt es eigentlich alles? Und was verbirgt sich hinter der jeweiligen Methode? Verschaffen Sie sich einen Überblick über Methoden, deren Facetten, Zielsetzungen und Vor- wie Nachteile. Und das immer wieder zu hörende „Das geht bei uns nicht“ oder auch „Bei uns ist das anders“ ist ein absolutes No-Go. Veränderung bedeutet, die Komfortzonen zu verlassen und Vorwände zu überwinden. Es geht schließlich um die Lösung des identifizierten Problems – und da könnten verschiedene Methoden passen. Möglicherweise ist auch eine Hybrid-Lösung oder die Ko-Existenz verschiedener Lösungen sinnvoll.
Was hilft Ihnen in diesem Schritt? Genaues Zuhören – Sie brauchen einen ehrlichen Bericht, jenseits aller Schönfärberei.
Ihre Entscheidung orientiert sich an folgender Maxime: Je unklarer das zu erreichende Ziel und der Weg dorthin sind, umso eher eignen sich Bausteine aus dem agilen Methodenkasten. Liegen die Anforderungen im Erfahrungsschatz des Unternehmens, greifen Sie auf tradierte Methoden zurück.
Die Perspektiven von Mitarbeitern, Kunden und weiterer Stakeholder liefern unverzichtbare weitere Impulse, die zu oft unberücksichtigt bleiben. Der letzte Check der Vorteile, Chancen, Bedenken und die ganzheitliche Kalkulation der Kosten in Relation zum angestrebten Ergebnis sichert Ihre Entscheidung.
#4 Erfolgreich einführen
Dreh- und Angelpunkt der souveränen Einführung ist der Mensch im Unternehmen. Und zwar jeder, von der Führungskraft bis zum Mitarbeiter. Das ist theoretisch klar, dennoch wird es im Tagesgeschäft viel zu oft vergessen. Fangen Sie also bei sich an. Welche Rolle spielen Sie als Manager bei der Einführung der neuen Methode? Sind Ihnen alle Konsequenzen auch für sich persönlich klar? Wenn nicht, strahlt Ihre Unsicherheit auf Ihr Umfeld aus.
Binden Sie zudem alle Beteiligten frühzeitig und zielgruppengerecht in den Prozess ein und schaffen Sie einen angemessenen Rahmen. Dabei denkt jeder an das Budget, klar. Und wie sieht es mit Vermarktung und Kommunikation der Veränderung aus? Für eine nachhaltige Einführung zwingende Komponenten.
Die Einführung folgt dann einem definierten und allen Beteiligten kommunizierten Prozess - von der Einführung über die Pilotphase bis zum Rollout und Abschluss. Vor allem bei der Pilotphase und dem Rollout gilt die Devise: Checkpoint statt Autopilot. Regelmäßige Reviews ermöglichen Justierungen, bis alles wie gewünscht läuft – idealerweise mit ergänzendem Blick von außen.
Eine souveräne Methodenwahl braucht souveräne Manager, die objektiv und mit Methode agieren – dabei flexibel auf die Veränderungen der Umgebung reagieren.