Die Jahresteuerungsrate ist historisch hoch. Im Schnitt sind die Verbraucherpreise im vergangenen Jahr um 7,9 Prozent gegenüber 2021 gestiegen. Angetrieben wurden sie von den extremen Preisanstiegen für Energieprodukte und Nahrungsmittel, ausgelöst durch Russlands Angriff auf die Ukraine. Verbraucher müssen seither fast überall tiefer in die Tasche greifen – beim Wocheneinkauf, Tanken oder auch fürs Wohnen. Das betrifft vor allem jene, die einen Indexmietvertrag unterzeichnet haben. Bei einem Indexmietvertrag ist die Höhe der Miete an die Inflationsrate gekoppelt. Mieterinnen und Mieter leiden dementsprechend besonders stark unter den enormen Preisanstiegen.
Wer jetzt vielleicht glaubt, dass derartige Mietverträge einen Exotenstatus haben, der irrt: In Deutschlands Metropolen sind mittlerweile 30 Prozent aller Mietverträge an den Verbraucherindex gebunden, wie eine aktuelle Auswertung des Deutschen Mieterbundes aufzeigt. Im Klartext heißt das: Jeder dritte Mietvertrag ist hier indexiert. In Berlin treiben Vermieter es besonders auf die Spitze: Hier sind 70 Prozent aller neuen Mietverträge an den Verbraucherpreisindex gebunden.
Dieser Trend habe 2022 massiv zugenommen, was sozial- und wohnungspolitisch nicht zu verantworten sei, kritisiert der Deutsche Mieterbund. Er ruft Justizminister Marco Buschmann (FDP) dazu auf, Indexmieten ganz zu verbieten. Doch die Mühlen der Politik mahlen langsam, zumal die FDP von einem solchen Schritt gar nichts hält. Bis ein solches Verbot in Kraft tritt – sollte die Indexmiete überhaupt jemals im Bundestag thematisiert werden – kann noch viel Zeit vergehen. Und ein mögliches Verbot in der Zukunft hilft betroffenen Mietern aktuell wenig weiter.
Indexmieten haben nicht nur Nachteile
Grundsätzlich bieten Indexmietverträge auch Vorteile, sowohl für Vermieter als auch Mieter. Für Vermieter liegen diese auf der Hand: Sie können regelmäßig mit Mehreinnahmen rechnen – auch ohne Einverständnis der Mieter. Mieter dagegen können darauf vertrauen, dass der Vermieter die Miete nicht in willkürlicher Höhe und in einem möglicherweise für sie überraschenden Moment anhebt. Indexmieten dürfen nur einmal jährlich erhöht werden und immer nur so weit, wie sich der Verbraucherpreisindex des Statistischen Bundesamtes entwickelt. Somit ist die indexierte Mieterhöhung für den Mieter erwartbar und transparent. Zudem entwickelten sich die Verbraucherpreise in den Jahren vor Kriegsausbruch weniger rasant als die ortsübliche Vergleichsmiete, die als Maßstab für Erhöhungen herkömmlicher Mietverträge dient.
Doch seit dem rasanten Anstieg der Verbraucherpreise im Jahr 2022 verblassen für Mieter diese Vorteile. Nachdem der Verbraucherpreisindex im Jahr 2021 von 105,8 auf 109,1 Indexpunkte geklettert war und Vermieter ihre Miete entsprechend um 3,12 Prozent anheben durften, fielen die Mieterhöhungen 2022 deutlich saftiger aus. Der Verbraucherpreisindex stieg von 109,1 auf 117,4 Indexpunkte. Vermieter erhöhten ihre Einnahmen dementsprechend um 7,6 Prozent. Für Mieter heißt das allerdings: Bei einer Kaltmiete von 1200 Euro kommt eine monatliche Mehrbelastung in Höhe von rund 90 Euro hinzu. Das sind hochgerechnet auf ein Jahr plus 1080 Euro – also beinahe eine ganze Monatsmiete zusätzlich.
In den allermeisten Fällen müssen Mieter diese Kröte schlucken. Denn mit Unterzeichnung des Vertrages haben sie in die Indexierung des Mietpreises bewusst eingewilligt – wobei sich über Zustimmung im Kontext von Wohnraummangel und dem jüngsten Indexmieten-Trend sicherlich streiten lässt. Können sich Mieter die Preissteigerungen nicht mehr leisten und bleiben Verhandlungen mit dem Vermieter erfolglos, den Indexmietvertrag in einen normalen Mietvertrag umzuwandeln, bleibt nur noch den Vertrag zu kündigen und aus der Wohnung auszuziehen.
Stimmt die Berechnungsgrundlage?
Was Mieter aber auch machen können: Das Kleingedruckte lesen. Ein wichtiger Anhaltspunkt dafür, ob die Mieterhöhung rechtens ist, stellt ihre Berechnungsgrundlage dar. Hat der Vermieter dafür die korrekten Verbraucherpreisdaten angesetzt oder vielleicht doch auf andere Daten zurückgegriffen, wie etwa auf Schätzungen der Europäischen Zentralbank (EZB) oder des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), auf den Mietindex oder Baupreisindex? In solchen Fällen können Mieter gegen die Erhöhung vorgehen. Die Indexmiete orientiert sich allein am Verbraucherpreisindex des Statistischen Bundesamtes, andere Berechnungsgrundlagen sind unzulässig.
Darüber hinaus müssen zwischen Vertragsbeginn und Erhöhung sowie zwischen den einzelnen Mieterhöhungen mindestens zwölf Monate liegen. Ausnahmen: Die Betriebskosten und damit auch die Betriebskostenpauschale steigen oder es müssen Modernisierungsmaßnahmen durchgeführt werden, die der Vermieter nicht zu vertreten hat. Zwar benötigt der Vermieter für die Erhöhung keine Zustimmung seiner Mieter, muss sie aber dennoch in Textform ankündigen und erklären. Versäumt er dies, ist die Mieterhöhung nicht wirksam.