Der Ansturm auf umweltfreundliche Heizanlagen ist groß. Die Bundesregierung fördert den Einbau mit hohen Summen. Doch schon jetzt kommt die Branche selbst nicht mehr hinterher, zeigt eine Umfrage der deutschen Energieagentur
Es gibt ein Bauteil, an dem sich dieser Tage das deutsche Energiedilemma so deutlich zeigt, wie an keinem zweiten: Es ist die Wärmepumpe. Mit ihr lassen sich Häuser und Wohnungen klimafreundlich beheizen, weil sie weder fossile Brennstoffe benötigt noch biologische Masse verbraucht. Denn sie zieht die Wärme aus Luft und Boden – das reicht. Deshalb soll die Wärmepumpe auch die Schlüsselrolle in der heimischen Energiewende spielen. Eigentlich.
Sie soll in Millionen von Altbauten bald veraltete Gas- und Ölheizungen ersetzen. So hat es sich nicht nur die Regierung zum Ziel gesetzt, sondern so wünschen es sich auch tausende Hausbesitzer bereits. Und genau das ist das Problem: Weil die Nachfrage nach Wärmepumpen so enorm ist, kommt die Branche schon jetzt nicht mehr mit dem Produzieren und Einbauen hinterher. Auf absehbare Zeit sind die Pumpen kaum zu bekommen – und wenn, dann nur zu Mondpreisen.
„Da müssen wir dringend schneller und besser werden“, findet Christian Stolte, Bereichsleiter bei der deutschen Energieagentur Dena, „die Angebotsseite muss auf die hohe Nachfrage reagieren.“ So fasste er die Ergebnisse einer Dena-Umfrage zusammen, bei der rund 10.000 Energie-Effizienz-Experten im Juli berichten sollten, was derzeit die häufigsten Frage bei Energieberatungen sind.
Das Fazit lautet ungefähr so: Vor allem die Frage der Heizungserneuerung treibt Hausbesitzer derzeit um, und die Wärmepumpe spielt dabei die zentrale Rolle. Mit Abstand am häufigsten äußerten Immobilienbesitzer den Wunsch: Ich möchte eine Wärmepumpe einbauen, funktioniert das für mein Haus? Knapp 90 Prozent der Energieberater wird regelmäßig bis sehr häufig genau diese Frage gestellt.
Energieberater empfehlen die Wärmepumpe häufig
Und tatsächlich lautet die Antwort vonseiten der Berater zu rund 80 Prozent: Ja, wir empfehlen Wärmepumpen auch häufig oder sogar sehr häufig. Demnach könnten Wärmepumpen in der überwiegenden Zahl der energetischen Sanierungen bereits verbaut werden – zumindest theoretisch. In der Praxis allerdings ergibt sich ein ganz anderes Bild.
Während im Neubau bereits in etwa jedem dritten Wohngebäude eine Wärmepumpe verbaut wird, kommen bisher im Bestand, also bei Häusern älterer Baujahre, nur zu einem kleinen Teil tatsächlich Wärmepumpen zum Einsatz. Dagegen wurden zuletzt bei den jährlich rund 900.000 ausgetauschten Heizungen hierzulande noch immer 700.000 Gaskessel verbaut. Nun sind das freilich noch Zahlen aus der Vorkriegszeit, bevor der russische Einmarsch in der Ukraine die Gaspreise geradezu explodieren ließ. Seitdem mag sich die Quote verändert haben. Fürs erste Halbjahr 2022 belegen die Dena-Zahlen zumindest einen Rückgang bei den Verkaufszahlen von Gasheizungen um sechs Prozent, und einen Anstieg von 25 Prozent bei den Wärmepumpen. Allerdings wachsen die Wärmepumpenzahlen auch von einem extrem viel kleineren Niveau aus.
14 Prozent mehr Ölheizungen bis Juni 2022
Gerade einmal 150.000 Wärmepumpen wurden im Gesamtjahr 2021 installiert. Insgesamt tun bereits 1,3 Millionen Pumpen in deutschen Kellern ihren Dienst. Bis zum Jahr 2030 sollen es sechs Millionen solcher Geräte sein, also müsste die Branche rund eine halbe Million davon ab sofort jährlich verbauen. Wie das angesichts der vorhandenen Produktionskapazitäten und vor allem angesichts der wenigen geschulten Handwerker klappen soll, hat bisher noch niemand beantwortet.
Nachdenklich stimmt auch diese Quote: Die Zahl der neu verbauten Ölheizungen hat sich bis Juni hierzulande um stolze 14 Prozent erhöht. Das kann man eigentlich nur so zusammenfassen: Viele Immobilienbesitzer stellen sich jetzt noch schnell eine neue Ölheizung in den Keller, bevor das ab dem 31. Dezember 2023 nicht mehr geht. Denn genau das sieht die Bundesregierung nun so vor. Im Jahr 2024 soll Schluss sein mit fossilen Verbrennern im Keller.
Diese Deadline aber bringt nun viele Umrüstwillige in Bedrängnis. Denn obwohl so viele Kunden gerne Wärmepumpen hätten, werden viele enorme Schwierigkeiten haben, sich bald welche einzubauen, so offenbart die Studie auch. Das liegt vor allem an drei Gründen.
Probleme beim Einbau von Wärmepumpen
Erstens müssen viele Häuser müssen von der Bausubstanz her erst energetisch aufgerüstet werden, bevor eine Wärmepumpe wirklich effizient arbeiten kann. Zweitens gibt es enorme Lieferengpässe bei den Geräten, was lange Wartezeiten bedeutet. Und wenn die Pumpen dann endlich verfügbar sind, dann fehlen drittens oft die Handwerker, um sie einzubauen. Das sind laut der Dena-Umfrage die drängendsten Probleme der Branche derzeit.
- Die Bausubstanz: Oft raten die Energieberater demnach nur zum Einbau einer Pumpe, wenn die Hausbesitzer gleichzeitig auch andere Sanierungen an ihrem Haus durchführen, etwa das Dach dämmen, die Fenster auswechseln oder einzelne Heizkörper austauschen. Dann immerhin lohne sich der Einbau einer solchen Pumpe in der Regel für die Besitzer immer. Selbst wenn an manchen Wintertagen mit Strom zugeheizt werden muss, weil die Außentemperaturen so tief sind, dass die Pumpe nicht genügend Wärme ziehen kann. Erst recht bei jetzigen Strom- und Energiepreisen. So belegen es übrigens auch Berechnungen des Fraunhofer-Instituts, das einen breit angelegten Feldversuch mit Wärmepumpen im Altbau gemacht hat. „In großen Teilen der Altbauten funktioniert die Wärmepumpe sehr gut, sie werden aber an bestimmten Stellen unterschätzt“, sagt Dena-Bereichsleiter Christian Stolte. Es gebe allerdings viele Fehlinformationen und Informationslücken in der Energieberaterbrache, das sagten die Befragten zumindest selbst. Rund die Hälfte der Energieberater beklagt, keine herstellerunabhängigen Informationen zum System Wärmepumpe und dessen Möglichkeiten zu haben. „An das Thema muss die Branche mit fachlich fundierter Information noch mal ran“, mahnt die Dena.
- Die Verfügbarkeit: Ein anderer Appell fiel deutlich aus: Die Branche müsse schneller werden. 45 Prozent der Energieberater veranschlagen allein die Wartezeit auf eine Wärmepumpe auf rund zwölf Monate, weitere 20 Prozent der Berater sagen, es dauere rund neun Monate, bis die Geräte überhaupt verfügbar seien. Wohlgemerkt von der Bestellung bis zur Lieferung.
- Die Handwerker: Zuvor kommen aber noch die Monate, in denen die neue Anlage und die Haussanierung geplant werden muss. Und auch verbaut sind sie dann noch lange nicht. Denn zu guter Letzt fehlen derzeit auch noch die Handwerker und Fachkräfte, um die Systeme zu planen und die Geräte auch wirklich zu verbauen. Heißt im Klartext: Wer sich heute mit der Absicht trägt, auf Wärmepumpe umzurüsten, der sollte rund eineinhalb Jahre bis zum Austausch einkalkulieren. Besser mehr.
Preise für Wärmepumpen haben sich stark erhöht
Zudem habe sich der Preis der Geräte auf Jahressicht „stark bis sehr stark“ erhöht, sagen 65 Prozent der Energieberater. Nicht immer sei das allein auf gestiegene Materialkosten und unterbrochenen Lieferketten zurückzuführen. Vielmehr nutzten die Hersteller es auch aus, dass die staatliche Förderung der Wärmepumpen seit 2020 so immens ausgebaut worden sei. Weil die Regierung inzwischen hohe fünfstellige Zuschüsse für solche Anlagen zahlt, hätten einige Hersteller ihre Preise entsprechend nach oben angepasst. Frei nach dem Motto: Wenn der Verbraucher für den Einbau einer Wärmepumpe 35 Prozent vom Staat geschenkt bekommt, dann möchten wir auch unseren Anteil daran haben.
Zusammenfassend stellte Andreas Kuhlmann fest, Vorsitzender der Dena-Geschäftsführung: „Die nächsten zwei bis drei Jahre werden richtig holprig, aber wenn die Produktionskapazitäten erst einmal da sind, wenn es entsprechende Innovation beim Handwerk gibt und die Baustellenorganisation besser ist, dann wird sich eine enorme Dynamik entfalten.“ Das aber sind gleich drei Wünsche auf einmal. Mal sehen, wer die so schnell erhört.