Auf den letzten Metern durften Experten das geplante Heizungsgesetz im Bundestag auseinandernehmen. Wie lief die Sitzung?
Wer hitzige Diskussionen und Empörung erwartet hatte, der wurde enttäuscht: Die finale Anhörung im Energieausschuss des Bundestags zum geplanten Heizungsgesetz verlief ziemlich ruhig, sehr sachlich und war sogar von überraschend viel Lob geprägt. Die jetzige Fassung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) fand bei fast allen Experten Anklang – egal ob Energiewirtschaft oder Wohnungsgesellschaften, Mieter- wie Vermieterverbände, Verbraucherschützer, Heizungsbranche oder kommunale Planungsverbände: Von vielen Seiten wurden den jüngsten Änderungen „sehr gute Verbesserungen“ attestiert, man sah „sehr viel Licht“.
Vor allem die vorweggenommene kommunale Wärmeplanung, die es geben soll, bevor die Umrüstungspflicht für Hausbesitzer greift, erntete große Zustimmung – sogar bei den Kommunen, die diese Planung nun mit Hochdruck bis 2026 (im Falle größerer Städten) beziehungsweise 2028 (im Fall von kleineren Kommunen) leisten müssen. Ganz ohne Kritik kam die Anhörung allerdings nicht aus.
So störten sich fast alle vertretenen Verbände am Gesetzesprozedere und den engen zeitlichen Fristen. Die Zeit zwischen ersten Entwürfen und der geplanten Abstimmung, die ursprünglich noch in dieser Sitzungswoche stattfinden sollte (sich nun aber vermutlich noch verschiebt), sei viel zu knapp bemessen gewesen – vor allem wenn man bedenke, um wie viele Details es in dem Gesetz gehe und mit wie vielen Beteiligten und Sachverständigen man sich abstimmen müsse, um zu soliden Ergebnisse zu kommen. Noch vor der Sommerpause aber sollte das Gesetz verabschiedet werden.
Wann stehen die Regeln endlich fest?
Fast jeder zweite Sachverständige beklagte die „massive Verunsicherung“, die derzeit bei Bürgern, Umrüstwilligen und auch Experten herrsche – hervorgerufen einerseits dadurch, dass allen Immobilienbesitzern zwar akut große Modernisierungsmaßnahmen drohten, aber bisher weder Details zu erlaubten Technologien noch verlässliche Angaben zu den Fördersätzen, die Heizungstauscher zu erwarten hätten, feststünden. Unter solchen Umständen aber baue derzeit kaum ein Privatvermieter und erst recht kein Wohnungsbauunternehmen seinen Bestand um, beklagten vor allem Axel Gedaschko vom Immobilienverband BID und Kai Warnecke vom Eigentümerverband Haus und Grund.
Der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Heizungsindustrie, Markus Staudt, sprach die „medial verkorkste Kommunikation“ direkt an. Aber längst nicht nur die Heizungsbranche kritisierte, dass es dadurch zum großen „Attentismus“ gekommen sei, zum großen Abwarten am Markt. In den Absatzzahlen der Branche mache sie sich bereits erheblich bemerkbar: Im ersten Quartal 2023 wurden nur 7.000 bis 9.000 Bestellungen für Wärmepumpen aufgegeben – im vergangenen Jahr dagegen waren noch rund 230.000 Stück auf Jahresbasis verkauft worden.
So aber werde das Ziel der 500.000 verbauten Wärmepumpen für 2024 sicher nicht erreicht, bekräftigte auch Geschäftsführer Martin Sabel vom Wärmepumpenverband BWP. Stattdessen bauten derzeit viele Verbraucher noch schnell eine herkömmliche Gasheizung ein, beobachtet der Heizungsverband. Dabei gehe gerade diese Technologie in naher Zukunft „mit völlig unkalkulierbaren Preissteigerungen“ einher, „deren Höhe man bisher noch gar nicht absehen kann“, mahnte Jutta Gurkmann, Vorständin beim Verbraucherzentrale Bundesverband VZBV.
Eine der Hauptfragen in der Diskussion war: Was droht Hausbesitzern, die jetzt oder nach 2024 noch eine Gasheizung einbauen, die zwar Biogas- oder Wasserstoff-ready ist, deren Kommune beziehungsweise Versorger aber dann kein Biogas oder Wasserstoff liefern kann? Müssten die Hauseigentümer diese Anlagen wieder herausreißen? In diesem Punkt waren sich selbst die Sachverständigen nicht einig. Volkswirtschaftsprofessor Fritz Söllner von der TU Ilmenau gab sich überzeugt: „Nur mit der Wärmepumpe steht ein Hausbesitzer auf der sicheren Seite. Bei allen anderen Technologien besteht in diesen Fällen die Gefahr, dass er irgendetwas herausreißen muss.“ Dem widersprach Immobilienverbandsvertreter Axel Gedaschko: „Nein, die Gasheizung muss nicht raus. Aber in der Regel hält sie eh nicht so lang.“
Wer zahlt drauf – Mieter oder Vermieter?
Die mit Abstand häufigste Frage aller Parteivertreter ging indes in einer andere Richtung: Was heißt das GEG für Mieter und Vermieter? Vor allem die Quote für die mögliche Modernisierungsumlage und die Deckelung einer möglichen Mietanhebung war Gegenstand der Diskussion. Derzeit sieht der Gesetzesentwurf vor, dass die Miete später um höchstens 50 Cent pro Quadratmeter angehoben werden darf, wenn der Vermieter die Heizungskosten auf die Mieter umlegen will. Mieterverbände finden das zu üppig bemessen – vor allem bei großen Wohnungen. Und sie begrüßen zudem die Härtefallregelung, die Mietern einen Einspruch gegen die Umrüstung und deren Kostenumlage erlaubt.
Die Hauseigentümer- und Wohnungsverbände dagegen erinnern daran, dass den Mietern durch eine neue Heizung ja auch Einsparungen bei den Nebenkosten entstünden. Zudem müsse der Heizungstausch für die Vermieter auch wirtschaftlich sein – und es sei nicht einzusehen, wieso die Vermieter die alleinige Pflicht zur Umrüstung trügen, während die Mieter dagegen Einspruch einlegen könnten. Überdies sei es ja mit dem Heizungstausch nicht getan, denn meist müsse auch die Gebäudehülle gedämmt oder verbessert werden. Das aber sei mit der Deckelung auf 50 Cent nicht zu finanzieren. Zumindest nicht ohne üppige Förderung des Staates, so appellierten die Wohnungsverbände eindringlich.
Zudem stand noch die Frage im Raum, ab wann die neuen Fördersätze gelten. Bis zu 70 Prozent der Heizungskosten könnte der Staat übernehmen, wenn ein Hausbesitzer alle Zuschüsse und Boni kassiert. Ohne den Bonus für Einkommensschwächere sind es 50 Prozent. Ungeklärt blieb bei der Anhörung, ob die 50 Prozent auf den Gesamtanschaffungspreis komplett an Gutverdiener gezahlt werden – oder ob es hier eine Obergrenze für die Anschaffungskosten geben soll. Und dann jeweils nur davon 50 Prozent gefördert werden.
Wann kommt die Förderung?
Nun sind die künftigen Förderungen üppiger als die bisherigen, und genau das ist das Problem: Denn gelten diese Fördersätze erst ab 2024, wenn das Gesetz in Kraft treten soll, dann liegt wohl in diesem Jahr der Markt für Heizungen mit erneuerbaren Energien weiterhin komplett brach. Dann wird niemand jetzt noch umrüsten, wo es doch ab 2024 höhere Staatszuschüsse gibt. Heizungsverbandsgeschäftsführer Markus Staudt hätte dazu einen Vorschlag: Man könnte allen, die noch 2023 umrüsten, das Angebot machen, dass sie ab 2024 wählen können, ob sie nach altem oder neuem Gesetz gefördert werden wollen.
Nach der Anhörung bleibt nun abzuwarten, welcher der Expertenvorschläge noch Eingang in den Gesetzestext findet. Und wann der Bundestag final darüber abstimmen kann. Zuerst einmal wird das Verfassungsgericht noch über einen Eilantrag eines CDU-Abgeordneten entscheiden, der das Gesetz auf die Schnelle noch stoppen will.