Das vergangene Jahr endete für viele mit einem bösen Brief. Traditionell verschicken Vermieter zwischen Weihnachten und Neujahr noch schnell die Betriebs- oder auch Nebenkostenabrechnung für das Vorjahr. Denn im Fall einer Nachzahlung müssen Mieter diese nur begleichen, wenn sie die Abrechnung bis zum Ende des Folgejahres erhalten haben.
Das heißt: Wer die Abrechnung für 2022 erst nach dem 31. Dezember 2023 erhält, muss keine Nachzahlung leisten. Das gilt auch, wenn der Vermieter erst spät abends den Brief einwirft. „Gemäß Rechtsprechung müssen Mieter nach 18 Uhr nicht mehr davon ausgehen, Post zu erhalten. Die Abrechnung gilt dann als nicht zugestellt“, erklärt Anja Franz, Beraterin und Pressesprecherin des Mietervereins München. Da Silvester 2023 auf einen Sonntag, also keinen Werktag, gefallen ist, verstrich die Frist schon am 30. Dezember.
Haben Vermieter diese Frist verpasst, müssen sie trotzdem eine Abrechnung nachreichen. Stellt sich heraus, dass Mieter zu hohe Vorauszahlungen mit ihrer Miete geleistet haben, steht ihnen die Guthabenauszahlung in jedem Fall zu.
Nebenkosten unbedingt prüfen
Mieterschützer und Rechtsanwälte raten dazu, die Abrechnung auf jeden Fall zu prüfen. Es schleichen sich häufiger Fehler ein, als viele glauben mögen. „Skeptisch sollten Mieter dann werden, wenn sich eine Position im Vergleich zum Vorjahr stark erhöht hat“, sagt Franz. Das könne ein erstes Anzeichen für einen Fehler sein.
Bei den Abrechnungen für das Jahr 2022 gibt es allerdings eine Besonderheit: „In dem Jahr sind aufgrund des Krieges in der Ukraine vor allem die Heizkosten stark gestiegen“, sagt die Beraterin. „Nur weil der geforderte Betrag für die Heizung also deutlich höher ausfällt, muss das noch lange kein Fehler sein.“
Doch wie finden Mieterinnen und Mieter heraus, ob das alles korrekt ist? „Sie haben immer das Anrecht, die Rechnungen einzusehen“, sagt Franz. Wer also Sorge hat, kann den Vermieter um Rechnungseinsicht bitten – und zwar zu jedem fragwürdigen Posten auf der Abrechnung. Diesem Wunsch muss der Eigentümer nachkommen. Einen Anspruch auf Kopien der Rechnungen haben Mieter nicht per se. Nur wenn der Vermieter sehr weit weg wohnt, können sie Kopien anfordern.
Bei folgenden Punkten sollten Mieterinnen und Mieter in jedem Fall genauer hinschauen:
Was steht im Mietvertrag?
Wer das erste Jahr in der neuen Wohnung hinter sich hat und die Abrechnung aus dem Briefkasten fischt, sollte im Zweifel nochmal in den Mietvertrag schauen. Manche Vermieter vereinbaren per Vertrag eine Pauschale für Nebenkosten. Ist das der Fall, müssen Mieter keine Nachzahlung leisten, erhalten aber auch kein Guthaben ausgezahlt. Sieht der Mietvertrag weder eine Pauschale noch eine Vorauszahlung vor, müssen Mieter gar nichts bezahlen.
Leider davon ausgenommen: Kosten für Heizung und Warmwasser müssen immer bedarfsgenau abgerechnet werden. Hierfür sind keine Pauschalen zulässig, egal was der Mietvertrag sagt.
Stimmen die Formalia?
Ist die Adresse richtig? Stimmt die Wohnung? Ist der Verteilerschlüssel korrekt? All diese Punkte sollten Mieter in ihrer Abrechnung prüfen. Besonders beim Verteilerschlüssel können sich Fehler einschleichen. Der Schlüssel bestimmt, wie die angefallenen Allgemeinkosten unter mehreren Mietern abgerechnet werden. Das sind zum Beispiel Kosten für den Aufzug, die Treppenhausreinigung, das Flurlicht und so weiter. Wie der Verteilerschlüssel aussieht, ist im Mietvertrag festgehalten. Meist wird nach Anzahl der Wohnungen, der Wohnfläche oder Größe der Haushalte abgerechnet.
Welche Posten werden abgerechnet?
Nicht abrechnen dürfen Vermieter zum Beispiel Reparaturen, Verwaltungskosten, Anschaffungskosten für Müllbehälter oder Kosten, die nur durch einen anderen Mieter verursacht wurden. Werden Kosten für einen Hausmeister abgerechnet, lohnt sich der genaue Blick. „Wenn der Hausmeister zum Beispiel eine Reparatur durchführt, müssen Mieter diese Arbeitszeit nicht bezahlen“, sagt Expertin Franz. Das gleiche gilt, wenn auf der Abrechnung ein Gärtnerdienst aufgelistet ist, der Hausmeister aber auch diese Tätigkeiten übernimmt. „Das wäre eine doppelte Abrechnung und ist ebenfalls unzulässig.“ Fallen die Kosten für zum Beispiel den Hausmeister besonders hoch aus, können sich Mieter wehren – auch als Gemeinschaft. Einen Anhaltspunkt dafür, welche Kosten noch im Rahmen sind, bieten sogenannte Betriebskostenspiegel. Diese veröffentlichen zum Beispiel Mieterschutzvereine regelmäßig.
Wurde die Dezemberhilfe berücksichtigt?
Für die Abrechnungen aus dem Jahr 2022 gibt es eine Besonderheit: die Dezemberhilfe. Der Bund hatte aufgrund der stark gestiegenen Kosten für Wärme beschlossen, dass Mieter, deren Haus zentral per Gas oder Fernwärme versorgt wird, keinen Abschlag für Dezember zahlen müssen. Diese Entlastung muss der Vermieter an die Mieter weitergeben. Haben sich die Kosten für Brennstoffe wie Öl, Kohle oder Pellets im Vergleich zu 2021 verdoppelt, greift auch hier die Dezemberhilfe.
Diese Entlastung mussten Vermieter bis zum 20. Oktober 2023 beantragen. Doch was, wenn das nicht passiert ist? „Da die Dezemberhilfe noch neu ist, gibt es dazu keine Rechtsprechung. Wir vom Mieterverein München gehen aber davon aus, dass der Vermieter für das Versäumnis geradestehen muss“, sagt Mieterberaterin Franz.