Die Hypothekenzinsen in den USA haben jüngst ein 23-Jahreshoch erreicht und über die Immobilienkredite schwappt dieses Phänomen bekanntlich auch nach Deutschland und Europa herüber. Teure Zinsen für Immobilien sind schon länger bekannt, aber für Sparer heißt es bei Sparkassen oder Volksbanken umso enttäuschender noch immer, dass ihr Zinssatz auf dem Girokonto nahe null liegt.
Das muss nicht mehr sein. Bei einer Inflation von vier, fünf oder sechs Prozent Geldentwertung sind Alternativen nötig und verfügbar. Wieviel darf es denn sein? Mehr als vier Prozent Zins bei Credit Agricole oder 3,5 Prozent p.a auf Tagesgeld als Neukunde bei der Consorsbank oder doch 3,25 Prozent auf Festgeld für ein Jahr bei Unicredit?
Alternativen vorhanden
So hat TINA an der Börse ausgedient. „There is no alternative“ lautet lange Zeit das zentrale Argument der Bullen am Aktienmarkt. Dividendenwerte galten als alternativlos, weil mit dem Sparbuch, Festgeld oder Anleihen keine nennenswerten Zinsen zu verdienen waren – oder sogar Strafzinsen aufgerufen wurden. Inzwischen hat sich das Bild geändert: Die genannten Broker und Banken aber auch viele Konkurrenten zahlen wieder satte Zinsen an Anleger.
Auch Vermögensverwalter spüren dies. So verzeichnete Flossbach von Storch jüngst den Abfluss von einer Milliarde an Einlagegeldern. Anleger weichen entweder in den Zinsmarkt oder auf mittlerweile sehr attraktive Zinsprodukte aus dem Zertifikatemarkt aus. So verzeichnet beispielsweise die Deka ein hervorragendes Geschäft und viele andere Zertifikateanbieter mit Primärmarktgeschäft am Tresen berichten ähnliches. Kein Wunder, waren doch zinsabhängige Produkte jahrelang kaum attraktiv. In diesem Jahr zeigen die Berater vor allem bei Expresszertifikaten spannende Anlagemöglichkeiten.
Teilschutz eine sinnvolle Idee
Womöglich ist es gerade jetzt auch clever bei frischer Geldanlage auf Teilschutzprodukte zu achten. Das können im Sekundärmarkt der sogenannten Selbstentscheider Bonuspapiere ohne Aufgeld oder selektiv bei Technologieaktien Discountzertifikate sein. „Denn schaut man sich in den USA die Möglichkeiten für Kapitalanleger an, so befinden sich Aktien gegenüber Anleihen sogar in einer Art Todeszone“, sagt Jürgen Molnar vom Broker Robomarkets. Die Risikoprämie für Aktien im Vergleich zu Anleihen war lange nicht so unattraktiv wie gegenwärtig, zudem ist die Aussicht auf rasche Zinssenkungen zuletzt nochmal gesunken.
„Zwar ist die Zinshöhe allein nicht entscheidend, sondern die Realzinsen“, erklärt Trive-Deutschland-Chef Dennis Austinat. „Denn das ist der Betrag, um den die Zinsen die erwartete Inflation übersteigt, also das Geld, was bei den Menschen verbleibt“, ergänzt Austinat. Dieser Betrag wird ermittelt, in dem man die Zehn-Jahresrenditen mit der zehnjährigen erwarteten Inflationsrate vergleicht. Sie lässt sich aus der Differenz zwischen der Nominalrendite der zehnjährigen Staatsanleihen und der Rendite der zehnjährigen inflationsgeschützten Anleihe errechnen. Derzeit beträgt sie rund 2,5 Prozent. „Dieser Realzins war in den letzten Jahren größtenteils negativ, der Zins lag also unterhalb der erwarteten Inflation“, sagt Analyst Molnar.
Zinsen problematisch für Aktien
Hohe Realzinsen sind auch deshalb interessant, weil Anleger neben dem attraktiven Zins auch von Kursgewinnen der Anleihen profitieren können. Oder aber sie wechseln wie oben aufgezeigt Richtung Fest- oder Tagesgeld. Sollte die Inflationserwartung doch wieder von ihrem erhöhten Niveau aus sinken, ziehen meist die Zinsen nach und fallen ebenfalls, was gleichzeitig steigende Anleihekurse, also Kursgewinne bedeutet. „Anleihen haben daher bei Investoren in den vergangenen Wochen einen starken Zuspruch erfahren“, so Ricardo Evangelista, Senior Analyst bei Activtrades.
Bisher hat sich diese Wette auf Zins- und Anleihemarkt noch nicht gelohnt, der Aktienmarkt lief bis Ende Juli einfach zu gut. Der heiße Spätsommer könnte aber einen Wendepunkt darstellen.