Die Börsenstimmung im Land der Berge ist hervorragend. Kein Wunder: Der Kurs des österreichischen Aktienindexes (ATX) steigt wie vom Sessellift gezogen munter weiter nach oben. So legte der Index, der die 20 größten österreichischen börsennotierten Unternehmen abbildet, im vergangenen Jahr um rund 38 Prozent zu. Zum Vergleich: Der Deutsche Aktienindex (Dax) verbuchte 2021 ein Plus von rund 16 Prozent. Besonders die im ATX schwergewichteten Rohstoffunternehmen und die starken Konjunkturdaten ließen den Index klettern. Anleger können auch weiterhin vom österreichischen Aktienmarkt profitieren.
So performt der ATX auch seit Jahresbeginn besser als sein deutsches Pendant. Der Index liegt mit 4,5 Prozent im Plus während der Dax rund drei Prozent tiefer notiert. Wolfgang Matejka, Geschäftsführer des Wiener Vermögensverwalters Matejka & Partner, sagt: „Besonders zyklische Unternehmen wie Grundstoffunternehmen oder Banken werden durch die positiven Konjunkturerwartungen stark nachgefragt. Das treibt den Kurs, denn der ATX besteht zu großen Teilen aus solchen Zyklikern.“ Positive Aussichten für Anleger, denn die österreichische Konjunktur soll in diesem Jahr mit 5,2 Prozent so stark ansteigen wie schon lange nicht mehr.
Ein Treiber für das Wachstum Österreichs liegt in der Verbindung nach Osteuropa. So ist Österreichs Börse zu rund 50 Prozent mit dem ost- und mitteleuropäischen Absatz- und Tätigkeitsmarkt verbunden. Nicht nur die Industrie, sondern auch Banken und Versicherungen sind hier äußerst aktiv. Anleger können also über österreichische Aktien indirekt vom Wachstum und Konsum in Osteuropa profitieren. „Die österreichische Börse fungiert wie eine Sammellinse für Investitionen in Ost- und Mitteleuropa“, sagt Matejka. Dementsprechend identifiziert der Experte den Ukraine-Konflikt als eines der größten Kursrisiken für Österreichs Unternehmen. Sollte sich die geopolitische Lage allerdings entspannen und Inflation wie auch Virusvarianten eingedämmt werden, prognostiziert er satte Kurszuwächse.
Der ATX ist immer noch unterbewertet
Bleibt die Frage, ob das erwartete Wachstum der Ösi-Unternehmen schon im Kurs eingepreist ist. Laut Matejka ist der ATX weiterhin unterbewertet: „Die hohen Kurszuwächse spiegeln in der Hauptsache die ebenso gestiegenen Unternehmensgewinne wider.“ So liegt das jetzige Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) der österreichischen Benchmark mit 10,43 unter dem durchschnittlichen Zehnjahres KGV von 13. Das KGV des Dax liegt aktuell bei 11,47. Der ATX ist also im Vergleich immer noch etwas günstiger bewertet.
Zu den langfristig vielversprechendsten Einzeltiteln des ATX zählt die Erste Group. Das älteste österreichische Kreditinstitut ist ein zentraler Akteur im ost- und mitteleuropäischen Finanzsektor und mit einer Gewichtung von rund 20 Prozent die größte Position im Leitindex. Innerhalb eines Jahres stiegen die Papiere der Bankengruppe um rund 66 Prozent und notieren heute bei 44,50 Euro. Eine klare Mehrheit der Analysten empfiehlt den Kauf der Aktie, mit einem durchschnittlichen Kursziel von 47 Euro.
Ein klassischer ATX-Zykliker ist der Anlagen- und Maschinenbauer Andritz aus Graz. Dessen Anteilsscheine stiegen auf Ein-Jahres-Sicht um 18 Prozent, handeln heute für knapp 48 Euro. Derzeit raten neun von zehn Analysten zum Kauf der Papiere, mit einer mittleren Bewertung von 58 Euro. Das Unternehmen dürfte auch weiterhin vom Konjunkturaufschwung profitieren, so die Einschätzung.
Ein weiterer Industriekonzern aus dem ATX ist das Unternehmen Voestalpine. Zwar büßte der Stahlhersteller aus Linz in den vergangenen zwölf Monaten zwei Prozent an der Börse sein und notiert heute bei 31,40 Euro. Dafür konnten die Oberösterreicher in dieser Woche mit Quartalszahlen überzeugen, welche die Erwartungen der Marktbeobachter übertrafen. Zurzeit bewerten fünf Analysten die Aktie mit „Buy“, acht sagen „Halten“ und drei sehen Verkaufssignale. Das durchschnittliche Kursziel liegt bei rund 37 Euro.