Es ist seit Jahren ein Kopf-an-Kopf-Rennen, das sich die beiden großen Rivalen hartnäckig liefern. Jetzt hat Microsoft wieder seinen Konkurrenten Apple überholt: Längere Zeit war der iPhone-Konzern das wertvollste Unternehmen der Welt, gemessen an seiner Marktkapitalisierung, also am Gesamtbörsenwert seiner Aktien. Nun aber ist Wachablösung und Microsoft zieht vorbei. Der Kurs der Apple-Aktie hatte zuletzt nachgegeben, jener von Microsoft aber steigt. Aktuell ist der Windows-Konzern 2,875 Billionen US-Dollar wert. Apple brachte es am Donnerstag auf rund 2,871 Billionen Dollar.
Es ist zwar nur die dritte Stelle hinterm Komma und es geht „nur“ um ein paar Milliarden. Zudem ist es nicht das erste Mal, dass Microsoft an Apple vorbeizieht, auch 2018 und 2021 gelang das bereits. Aber das Signal, das damit gesetzt ist, lautet: Microsoft wächst und wächst – vor allem, weil es bereits kräftig Gewinne mit seinen KI-Anwendungen einfährt, also mit der Künstlichen Intelligenz. Und das dürfte nicht nur die Wettbewerber in der Technologieszene anspornen, sondern auch viele Anleger elektrisieren.
Inzwischen hat der Windows-Konzern die Open-AI-Technologie flächendeckend in seine Servicesoftware integriert und sie kommt vor allem bei den Unternehmenskunden gut an. Vor allem das hat er dem iPhone-Konzern derzeit voraus. Es bescherte Microsoft einen Umsatzsprung um rund 29 Prozent im letzten Quartal. Rund 3 Prozentpunkte davon und damit 3 Prozentpunkte vom Umsatzwachstum gingen auf das Konto der KI, berechneten Analysten.
Die Gewinne von Apple stagnieren
Und die Aussichten stehen gut, dass Microsoft dieses Wachstum auch halten kann. Dagegen hält sich Apple derzeit auffällig mit Aussagen zum Stand seiner KI-Anwendungen zurück. Was Kritiker als Zeichen deuten, dass es noch einen Entwicklungsrückstand in diesem Bereich gibt. Zudem mehren sich bei Apple nun die Sorgen, dass der Absatz der Geräte künftig schwächeln wird. Denn noch immer ist die Hardware und insbesondere das iPhone Apples Cashcow, also der große Gewinnbringer für den Konzern. Deshalb träfe eine Absatzflaute das Unternehmen auch recht stark.
Hauptgrund ist das bisher starke Chinageschäft, es könnte sich merklich abkühlen. Denn die Wachstumsaussichten für China werden aktuell von viele Ökonomen nach unten korrigiert. Das dürfte auch die Verkaufszahlen von Apple in Asien sinken lassen. Zudem kam das iPhone 15 nicht so gut bei den weltweiten Kunden an wie erhofft. Für das iPhone 16 befürchten Analysten von Barclays nun Ähnliches. Deshalb stuften sie die Apple-Aktie jüngst herunter und rieten nicht mehr zum Kauf des Papiers.
Bereits in den vergangenen Quartalen stagnierten Apples Gewinne und die Umsätze schrumpften sogar vier Quartale in Folge etwas dahin. Noch sehen die Gesamtzahlen des Konzerns außergewöhnlich gut aus, zumal er eine der höchsten Margen im Markt erzielt: 29 Prozent beträgt seine Cashflow-Marge, das muss ihm erst einmal jemand nachmachen.
Klar ist aber auch: Apple muss sich nun bei der KI stärker anstrengen, um nicht den Anschluss zu verlieren. Aktuell steckt es zwar eine Milliarde Euro jährlich in die Forschung und Entwicklung. Das ist aber nur ein Zehntel der Summe, die Microsoft dafür bereits locker macht. Und die Umsatzzahlen zeigen, dass sich der höhere Einsatz lohnt, weil Microsoft es bereits glänzend versteht, daraus auch Gewinne abzuschöpfen.
Microsoft performt auf Dreijahressicht besser
Sieht man sich die Börsenkurse beider Konzernen an, dann wird die derzeitige Schwäche Apples deutlich: Im abgelaufenen Jahr 2023 legte die Apple-Aktie noch rund 48 Prozent zu, von 118 Euro auf 175 Euro. Das war eine reife Leistung. Dennoch blieb sie damit knapp 10 Prozentpunkte hinter der Microsoft-Aktie zurück, die sogar 57 Prozent Kursplus schaffte. Auf Sechsmonatssicht läuft Apple sogar klar dem gesamten Nasdaq-100-Index hinterher, in dem sich auch sehr viele schwächere Aktien befinden: Der US-Technologieindex legte 10 Prozent zu, Microsoft 14 Prozent, Apple gab 2,2 Prozent nach.
Durch die jüngste Schwäche, die sich erst 2023 so richtig zeigte, hat Apple nun auch über drei Jahre seinen Vorsprung eingebüßt. Auf Dreijahressicht liegt Microsoft mit 77 Prozent Performance vorn, Apple bietet dagegen 44 Prozent. Auf längere Sicht von fünf Jahren geht der Vergleich aber noch sehr deutlich zugunsten von Apple aus: sagenhafte 412 Prozent legte die Aktie des iPhone-Herstellers seit Beginn 2019 zu. Der Windows-Wettbewerber kann mit 289 Prozent aufwarten. Anleger dürfen also gespannt sein, wie das Kräftemessen zwischen beiden weitergeht.
Die Aussichten für beide Unternehmen sind gut. Trotz jüngster Schwächephase hält immer noch die überwiegende Mehrzahl der Analysten an seinem Votum für Apple fest, und das heißt : „Kaufen“. Für Microsoft sind die Analysten ohnehin positiv gestimmt. Zudem dürften die erwartbaren Zinssenkungen der Notenbanken den Technologieaktien in die Hände spielen: Selbst wenn die ersten Senkungen später kommen, als viele Marktbeobachter derzeit hoffen, so sind günstigere Zinsen ein positives Signal für die innovationsstarken und wachstumsintensiven Unternehmen. Die Kurse der Technologieaktien dürften dann wieder deutlich anziehen.
Tech-ETF für Anleger weniger risikobehaftet
Anleger, die aktuell eine Wette auf die großen Techkonzerne eingehen wollen, müssen sich gut überlegen, ob sie Einzelaktien kaufen – und wenn ja: Setzen sie dann lieber auf Apples Comeback? Derzeit ist Apple mit einem Kursgewinnverhältnis (KGV) von 28 etwas fairer bewertet als Microsoft, das bei einem KGV von 31 steht. Beide Kontrahenten haben sich damit aber bereits gehörig von ihren langjährigen Shiller-KGVs entfernt, also dem durchschnittlichen KGV über 10 Jahre. Das beträgt bei Apple 19 und bei Microsoft sportliche 24. Sehr günstig bewertet sind also beide Aktien nicht.
Etwas weniger risikobehaftet als die Wette auf Einzelaktien wäre ein breiterer Indexfonds auf Technologieaktien. Damit nehmen Anleger zwar nicht die allergrößten Kursausreißer nach oben direkt mit, dafür aber vollziehen sie auch nicht jeden Absturz nach unten voll nach. Und erzielen immer noch stattliche Renditen: Zuletzt spielte der Nasdaq-100-Index auf Fünfjahressicht immerhin 157 Prozent Kursplus ein. Noch etwas besser lief sogar der MSCI World Information Technology, der die besten Techunternehmen der Welt bündelt und auf 196 Prozent Kursplus kam.
Manchmal lohnt es sich aber auch, auf einen Länderindex zu setzen: Wer allein auf US-Techaktien im Paket setzte, der holte mit dem S&P-500-Information-Technology-Index sogar noch etwas mehr raus: 228 Prozent auf Fünfjahressicht kumuliert. Mal sehen, ob Microsoft und Apple das künftig auch schaffen.