Aufstehen, weitermachen, das war nicht nur das Motto der Deutschen Frauen-Fußballnationalmannschaft nach zuletzt eher schwachen Leistungen. Auch Hauptsponsor Commerzbank hat sich in den vergangenen Jahren durchgebissen. Nun, gerade rechtzeitig zum 150. Geburtstag, wartet das in Hamburg gegründete Haus mit recht soliden Geschäftszahlen auf . An der Börse werden diese mit einem rund siebenprozentigen Kurssprung gefeiert, als ob die Frankfurter eine Turnaround-Story hingelegt hätten. Dabei deutet wenig darauf hin, dass die Commerzbank , wie andere Kreditinstitute in Deutschland auch, ihre chronisch schwache Rentabilität hinter sich lassen kann.
Ein Hauptgrund für den Kurssprung – mit 6,36 Euro war die Commerzbank-Aktie zwischenzeitlich so teuer wie zuletzt im vergangenen Juli – dürfte neben dem stabilen operativen Geschäft die deutlich verbesserte Eigenkapitalausstattung sein. Die so genannte Eigenkapitalquote gibt vereinfacht gesagt an, welcher Anteil des Geschäfts durch eigenes Kapital gedeckt ist. Je höher der Wert ist, desto besser kann ein Kreditinstitut eine Krise verkraften, in der eine wachsende Zahl von Krediten nicht mehr bedient wird.
Die aufsichtsrechtlich relevante so genannte „Harte Eigenkapitalquote“ betrug Ende 2019 den Angaben zufolge 13,4 Prozent (2018: 12,9 Prozent) und lag damit rund 2 Prozentpunkte über den aufsichtsrechtlichen Vorgaben. Dass die Commerzbank einen Puffer für schlechte Zeiten aufgebaut hat, dürfte ein Grund für den Kurssprung sein. Allerdings geht die höhere Quote nicht nur darauf zurück, dass die Bank mehr Geld „auf die hohe Kante“ gelegt hat. Auch regulatorische Vereinfachungen halfen mit, räumte Vorstandschef Martin Zielke bei der Bilanzvorlage ein.
Aktien deutscher Banken sind gefragt
Auch die größere Deutsche Bank hat zuletzt ihre Eigenkapitalquote hochfahren können. Seit Jahresbeginn hat die Aktie des hiesigen Branchenprimus rund 45 Prozent an Wert gewonnen, gestern kostete sie erstmals seit August 2018 wieder mehr als 10 Euro.
Die Aktien deutscher Großbanken stoßen derzeit jedenfalls auf starke Nachfrage. Neben dem höheren Kapitalpuffer für schlechte Zeiten trägt dazu bei der Commerzbank auch bei, dass ihr Geschäft offenbar an der Börse als stabilisiert wahrgenommen wird.
Vielmehr aber auch nicht. Denn die Erträge – quasi die Umsätze – sind 2019 gerade einmal um 0,8 Prozent auf 8,64 Mrd. Euro gestiegen. Der operative Gewinn erhöhte sich dank gesunkener Kosten um 1,2 Prozent zwar auf 1,26 Mrd. Euro. Doch wegen Kosten für die Restrukturierung, insbesondere dem Abbau von Arbeitsplätzen, und höherer Steuern verblieb unter dem Strich nur ein Konzerngewinn von 644 Mio. Euro, ein Rückgang auf Jahressicht von rund einem Viertel.
Höhere Renditeerwartungen
Im vierten Quartal entstand wegen Restrukturierungskosten sogar ein Verlust je Aktie von 4 Cent, während für das Gesamtjahr ein Gewinn je Aktie von 51 Cent ausgewiesen wird. Davon sollen 15 Cent an die Anteilseigner als Dividende ausgeschüttet werden. Das mögen langjährige Commerzbank-Aktionäre als Hohn empfinden. Wer allerdings beim aktuellen Niveau einsteigt, kann eine Dividendenrendite von 2,4 Prozent einstreichen.
Doch trotz der Stabilisierung im operativen Geschäft und der zweifelsohne robusten Kapitalausstattung bleiben einige Fragen bei der Commerzbank unbeantwortet. Die wichtigste ist die nach der künftigen Rentabilität. Medienberichten zufolge drängt die Aufsicht der Europäischen Zentralbank zu größeren Anstrengungen. Die Botschaft scheint angekommen zu sein, man sei durchaus in der Lage „höhere Renditeerwartungen zu kommunizieren“, betonte Zielke. In den kommenden Monaten will er sich dazu äußern. Nur so viel sagte er: „Es gibt Gründe für eine geänderte Einschätzung bei der Rendite“.
Allerdings beruht Zielkes Ankündigung auf zwei Annahmen: Das Geschäft läuft weiterhin besser als noch vor einigen Monaten gedacht, und der Konzernumbau klapp wie geplant. Ob das alles so eintreffen wird, führt zu zwei weiteren unbeantworteten Fragen. Die erste ist, wie es mit dem Kerngeschäft weitergeht. Schon 2019 hat die Commerzbank nur durch eine deutliche Ausweitung des Kreditgeschäftes ihren Zinsüberschuss erhöht. Doch was ist, wenn die Konjunktur doch einknickt, vielleicht wegen den Folgen des Coronavirus. Darauf gab es keine Antwort.
Verkauf der mBank stockt
Und schließlich bleibt auch offen, ob der Konzernumbau einschließlich starker Digitalisierung des Geschäfts, durchzuziehen ist. Würde dies klappen, stünde die Commerzbank deutlich stärker als jetzt da. Doch der Umbau hängt daran, mit dem Verkauf der polnischen Tochter mBank Geld in die Kasse zu bekommen.
Doch bislang gibt es nur einen potenziellen Käufer, was Zweifel aufkommen lässt, ob die Commerzbank einen angemessenen Preis erzielen kann. Zielke räumte ein, „nicht zu jedem Preis“ verkaufen zu wollen und Finanzvorständin Bettina Ortlopp betonte, man könne auch „vom Tisch aufstehen“. Es geht der Commerzbank offenbar besser, wenn sie derart Muskeln zeigen kann. Allerdings blieben Zielke und Ortlopp die Antwort schuldig auf die Frage nach einem Plan B für den Fall, dass der Verkauf der mBank scheitert.
Die Commerzbank hat am Donnerstag einen großen Vertrauensvorschuss bekommen. Geburtstagsparty hin oder her, sie wird in den kommenden Monaten hart arbeiten müssen, um das Vertrauen zu bestätigen.

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