Manche Dinge ändern sich nicht. Doch während das im täglichen Leben schnell eintönig wird, machen an den Finanzmärkten genau solche wiederkehrenden und immergleichen Ereignisse die Dinge erst so richtig spannend. Zumindest bei den Dividenden. In diesem Jahr werden die Anleger wieder ein Rekordjahr erleben: Denn die Gesamtsumme aller Dividenden, die von den deutschen Dax-Konzernen 2017 ausgeschüttet wird, soll rund 30,7 Mrd. Euro betragen. Das ist ein neues Allzeithoch. Und die Firmen, die besonders viel zahlen erscheinen derzeit auch wieder besonders attraktiv.
Immerhin 30,1 Mrd. Euro an Dividenden zahlten die Konzerne bereits 2015, im vergangenen Jahr nur unwesentlich weniger, nämlich 29,8 Mrd. Euro. Der neuerliche Rekord zeigt: Die deutschen Großkonzerne haben wieder ordentlich verdient und beteiligen ihre Anteilseigner daran. Doch nicht alle tun das gleichermaßen. Gar nichts erwarten dürfen die Anleger von Deutscher Bank und Commerzbank, denn beide Unternehmen schütten in diesem Jahr überhaupt nichts aus. Bei den übrigen reicht die Dividendenrendite (also die Ausschüttung pro Aktie im Verhältnis zum Aktienkurs) von nullkomma-wenigen Prozent (bei Thyssenkrupp und Beiersdorf zum Beispiel) bis zu Top-Renditen von 4,5 bis 5 Prozent. Dazwischen ist alles möglich.
Sieht man sich an, welche Firmen ihre Anteilseigner besonders stark an den Gewinnen beteiligen, dann fällt auf, dass es wieder einmal die üblichen Verdächtigen sind: Münchener Rück, Allianz und Daimler glänzen auch 2017 wieder mit besonders hohen Renditen jenseits der 4,5 Prozent, und Pro Sieben Sat 1 schafft vermutlich sogar mehr als fünf Prozent, wenn der Kurs hält. Und der übliche Reflex der Anleger an dieser Stelle ist, sich die Namen der hohen Dividendenzahler zu merken und sich noch ein paar Papiere davon ins Depot zu legen, bevor die Ausschüttungstermine im Frühling nahen.
Nicht nur auf die Höhe der Dividende achten
Zumal ja auch andere Kennzahlen wie das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) derzeit besagen, dass die Aktien von Allianz und Daimler im Vergleich zu den übrigen Dax-Konkurrenten deutlich unterbewertet sind, was zusätzlich auf einen guten Kaufzeitpunkt hindeutet. Während das KGV im Dax-weiten Schnitt bei 15,3 liegt, sind Allianz-Papiere deutlich billiger zu haben, ihr KGV beträgt 10,3, für Daimler-Aktien liegt es sogar bei nur 8,3. Dieses Verhältnis gibt an, wie schnell sich der Kauf einer Aktie zum derzeitigen Kurs über die Gewinne je Aktie amortisiert. Und bei kurzen Zeitspannen scheint die Anschaffung lohnend. Dasselbe gilt übrigens zurzeit auch für VW und Lufthansa-Aktien, deren KGV bei rund 6 liegt und von denen zumindest die Lufthansa auch eine ordentliche Dividendenrendite um vier Prozent bieten wird.
Aber ist es nun so, dass man sich bloß die Aktien mit den höchsten Renditekennziffern rauspicken muss und schon einen guten Fang gemacht hat? Natürlich nicht. Sonst müsste eine Aktie wie die des amerikanischen Festplattenherstellers Seagate der ultimative Kauf sein. Manche Spekulanten empfehlen sie dieser Tage, weil sie rund 6,2 Prozent Dividendenrendite verspricht und in den vergangenen Jahren ihre Dividendenzahlungen stark gesteigert hat. Aber: Es gab ebenso Jahre, in denen Seagate so gut wie gar keine Dividende zahlte und sie sind noch nicht sehr lange her: 2008 und 2009. Zudem schüttet die Firma mehr aus, als sie als Gewinn verbucht, sagen Analysten. Es läuft auch sonst nicht ganz rund: Die Verschuldungsquote ist enorm, die Bilanzsumme schrumpft, die Eigenkapitalquote auch, der Umsatz ging zuletzt um 19 Prozent zurück. Nach einem besonders aussichtsreichen Unternehmen klingt das alles nicht unbedingt. Man darf also nicht nur die Dividendenhöhe betrachten, sondern muss auch fragen: Hat das Unternehmen gute Chancen, auch künftig hohe Gewinne zu erzielen und Dividenden auszuschütten?
Manche findigen Anleger sagen deshalb: Es gehe beim Dividendenpoker vielmehr darum, die wachstumsstärksten Firmen ausfindig zu machen – auch, wenn ihre Dividendenrendite nicht irre hoch sei. Denn wenn sie erst richtig durchstarten, schwellen nicht nur ihre Kurse an, sondern auch die Dividenden. Das zahle sich für Anleger doppelt und dreifach aus. Als Beleg dienen Konzerne wie Disney oder Mastercard, bei denen es seit 2010 so aussah: Disney zahlte damals bloß 1,1 Prozent Dividendenrendite, Mastercard sogar nur winzige 0,25 Prozent. Sehr viel mehr ist es bei Disney auch heute nicht, doch weil der Kurs sich seitdem von 29,50 auf 102 Euro mehr als verdreifachte, schüttet der Medienkonzern inzwischen auch 1,35 Euro je Aktie aus und nicht mehr 33 Cent wie damals. Bei Mastercard hat sich der Kurs vervierfacht, die Dividendenzahlung sogar verneunfacht von 8 Cent auf 72 Cent. Kauften Anleger also vor sechs Jahre 100 Disney-Papiere für 2950 Euro, bekamen sie damals 33 Euro Dividende gezahlt. Heute sind es 135 Euro, zudem ist ihr Aktienpaket inzwischen 10.200 Euro wert. Mastercard-Anleger haben beim Kauf von 100 Papieren aus 8 Euro Dividende bei einem Einsatz von 2400 Euro eine jährliche Ausschüttung von 72 Euro gemacht, ihr Aktienpaket ist jetzt ebenfalls 10.000 Euro wert. Zu solchen positiven Überraschungen kann es kommen, wenn man Wachstumsunternehmen ausfindig macht.
Jahres-Performance vs. Kontinuität
Tatsächlich aber dürfte das eines der schwersten Unterfangen sein. Wie oft schließlich langen selbst Anlageprofis bei ihren Wetten auf Unternehmen daneben? Es geht aber auch einfacher: Anleger können auf einen Fonds setzen, der die besten Dividendenaktien bündelt.
Inzwischen gibt es viele Fonds, die speziell diejenigen Aktien herauspicken, die jährlich hohe Ausschüttungen versprechen. Die Dividenden werden dann entweder regelmäßig an die Anleger ausbezahlt, sind also so etwas wie ein jährliches Extraeinkommen. Oder sie werden sofort wieder angelegt und in neue Papiere gesteckt. Das erhöht dann die Performance des Fonds ungemein und sorgt für eine schnelle Vermögensmehrung, was insbesondere für Langfristanleger interessant ist. Es gibt dabei zwei Ansätze: Manche Fonds bündeln die jeweils stärksten Dividendenzahler eines Jahres und schichten dementsprechend jährlich das Portfolio um. Andere wählen bewusst Aktien aus, die vielleicht nicht die allerhöchsten Dividenden zahlen, dafür aber kontinuierlich hohe Ausschüttungen haben und das über sehr viele Jahre. Die konstanteren Unternehmen also.
Zu jenen, die stets die Top-Dividendenfirmen bündeln, gehören zum Beispiel aktiv gemanagte Fonds wie der DWS Top Dividende und der Deka Dividendenstrategie. Zuletzt – also über die vergangenen fünf Jahre – brachten sie es immerhin auf eine Wertentwicklung von 11 bis 14 Prozent jährlich. Das ist eine gute Leistung, ihre künftige Performance ist jedoch davon abhängig, dass die Fondsverwalter solche Zahlen auch in den kommenden Jahren noch liefern können.
Aber: Es gibt auch Indizes, die nach demselben Prinzip arbeiten und passive Indexfonds (ETFs) dazu, die zudem weitaus günstiger sind als aktiv gemanagte Fonds: Der Global Select Dividend 100 Index etwa, den es als ETF von ishares und x-trackers gibt und der auf Dividendenunternehmen aus Europa, Asien und Amerika setzt. Oder den Stoxx Europa Select Dividend 30, der aus 30 europäischen Dividendenführern besteht. Beide lieferten ebenfalls über fünf Jahre eine Wertentwicklung von knapp 12 und 14,6 Prozent, bei sehr viel geringeren Gebühren.
Könige unter den Dividendenzahlern
Noch spannender erscheinen allerdings diejenigen Fonds, die auf eine langfristig stabilere Zusammensetzung bei der Aktienauswahl setzen. Daher wählen sie Unternehmen aus, die nicht nur in einem Jahr hohe Dividenden zahlen, sondern über viele Jahre hinweg hohe Ausschüttungen bieten. Solche Firmen nennt man die Dividenden-Aristokraten. Was sie adelt und zu den Königen unter den Dividendenzahlern macht, ist folgendes, so definiert es etwa die Dekabank: Sie haben über mindestens zehn Jahre hinweg konstant Dividenden gezahlt, also auch in den vergangenen Finanz- und Euro-Krisenjahren, dabei sind die Dividenden konstant gestiegen (sie wurden also nie zurückgefahren), die Dividendenrendite beträgt mindestens drei Prozent (was schon beachtlich ist), ferner liegt die Ausschüttungsquote unter 85 Prozent (das Unternehmen verpulvert also nicht all seine Gewinne mit den Auszahlungen, sondern behält einen Puffer), und sie haben eine hohe Eigenkapitalquote von mindestens 30 Prozent.
Wendet man all diese Kriterien an, so stößt man auf Unternehmen, die groß und stabil sind, zudem krisenresistent und die bevorzugt aus den Branchen der Lebensmittelindustrie, Konsumgüterproduktion und Handel, Pharma oder Öl kommen. EU-weit gehören dazu etwa Nestlé, Novartis, Roche, Sanofi, H&M, British American Tobacco und Total. Bei den Amerikanern sind es Coca Cola, McDonald’s, Chevron, Johnson & Johnson, Procter & Gamble, Verizon oder Walmart. Und hierzulande zählen Bayer, Henkel, Linde, Siemens, SAP und Münchener Rück zu den Dividendenaristokraten.
Was passiert nun, wenn man genau solche Firmen in Indizes bündelt? Das zeigt ein Blick auf den S&P Dividend Aristocrats Index, der die 50 adeligsten Unternehmen aus dem S&P 500 zusammenfasst. Bei ihm gilt sogar das Kriterium: Es müssen mindestens 25 Jahre in Folge Dividenden gezahlt und kontinuierlich erhöht worden sein. Zudem muss die Marktkapitalisierung der Firmen mehr als 3 Mrd. Dollar betragen. Auswertungen von Analysten sagen: Der Index hat auf sehr lange Sicht seinen Vergleichsindex S&P um Längen geschlagen. Rechnet man die gezahlten Dividenden in den S&P mit ein, so legte der Gesamtindex über zehn Jahre 7,2 Prozent pro Jahr zu. Der Aristokratenindex dagegen kam auf ein Plus von 10,3 Prozent pro Jahr. Also auf drei Prozentpunkte jährlich mehr. In den vergangenen fünf Jahren machte er gut zwölf Prozent jährlich.
Nun könnte man sagen: Da schlugen sich die Top-Dividendenzahler-Fonds zuletzt ebenso gut oder vielleicht sogar knapp besser. Das mag stimmen, aber eben nur auf die Sicht von fünf Jahren. Ob sie auch über zehn Jahre so gut abgeschnitten hätten, diesen Beweis bleiben viele von ihnen schuldig, weil es die meisten noch gar nicht lange genug gibt. Zudem fällt bei den Dividendenaristokraten eines auf, wenn man ihre jährliche Performance im Vergleich zum Gesamtindex betrachtet: Besonders stark waren sie gerade in Krisenjahren, also 2001 im Dotcom-Crash und 2008/2009 in der Finanzkrise. Damals nämlich konnten sie besonders satt den Index überflügeln. Viel besser auch als ihre nicht-adelige Konkurrenz. In den Nicht-Krisenjahren liefen sie gut und stabil. Zehn Prozent Jahr für Jahr, so spannend kann es sein, wenn man auf Firmen setzt, bei denen sich wenig ändert.
Nadine Oberhuber ist Wirtschafts- und Finanzjournalistin. Sie schreibt auf Capital.de über Geldanlagethemen
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