Nach der beeindruckenden Rally in 2019 zeigt die Preisdynamik bei Palladium auch in diesem Jahr keine Ermüdungserscheinungen. Ein wesentlicher Grund dafür ist vor allem die angespannte Nachfragesituation. „Aufgrund immer strengerer Umweltstandards in der Automobilindustrie steigt der Bedarf, in den zurückliegenden Jahren legte die Nachfrage um durchschnittlich 2,2 Prozent pro Jahr zu“, sagt Funda Sertkaya, Geschäftsführerin beim Edelmetallhändler Ophirum. „Zugleich kletterte das Angebot aber nur um 1,6 Prozent. Die Folge sind schrumpfende Lagerbestände und steigende Preise“, ergänzt Sertkaya.
Palladium-Preis in Dollar
source: tradingeconomics.com
Etwa 80 Prozent der gesamten Nachfrage entfällt auf die Herstellung von Katalysatoren. Da Palladium vor allem bei Benzinern zum Einsatz kommt, wirkt sich auch hier der Dieselskandal aus. Befeuert wird die Rally aber vor allem durch die weltweit immer strengeren Abgasnormen. Mit der Abgasnorm China 6A in diesem Jahr sowie China 6B in 2023 wird sich die Lage weiter verschärfen. Bleiben die Grenzen unverändert, gelten in China in drei Jahren die weltweit striktesten Abgasnormen.
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Das bedeutet, dass die Langfrist-Perspektiven für das Edelmetall unterfüttert sind und Anleger mit dem Kauf einer Palladiumposition an der positiven Kursentwicklung partizipieren können. Allerdings sind die Möglichkeiten begrenzt. Entweder kann der Kauf direkt über einen Edelmetallhändler meist in physischer Form erfolgen oder über ein Wertpapier, etwa ein moderat gehebeltes Turbo-Bull-Papier, mit dem Anleger bei steigenden Palladiumnotierungen überproportional gewinnen: WKN MC5ZDC (Morgan Stanley) und die WKN GB7KUY (Goldman Sachs) .
In den zurückliegenden Jahren ist die Palladiumnachfrage in China pro Jahr um durchschnittlich 6,5 Prozent gestiegen. Doch nicht nur in China gelten immer strengere Vorgaben, auch andere wichtige Schwellenländer wie Indien führen höhere Umweltstandards ein. So wird Prognosen zufolge aufgrund der Einführung der Bharat-IV-Abgasnorm im April die Palladiumnachfrage in Indien in 2020 um mehr als zehn Prozent steigen. Dies könnte zur Folge haben, dass die weltweite Nachfrage schneller zunehmen wird als in der jüngeren Vergangenheit.
Normalerweise würden diese Perspektiven zu einer deutlichen Angebotsausweitung führen. Bei Palladium ist die Ausgangslage anders, weil die Produktion auf Änderungen nicht flexibel reagieren kann. Meist fällt das Edelmetall als Nebenprodukt der Nickel- und Platinerzeugung an. Zudem entfällt rund 40 Prozent der weltweiten Minenproduktion auf Südafrika. Hier kommt es immer wieder zu Stromausfällen und anderen technischen Problemen, die sich direkt auf die Produktion auswirken. Analysten rechnen erst im kommenden Jahr mit nennenswerten Angebotsanpassungen, bevor ab 2023 noch strengere Abgasnormen greifen, die zu einer höheren Katalysatorbeladung und somit steigenden Nachfrage führen wird.
Einen Risikofaktor sieht der weltweit größte Edelmetallverarbeiter Heraeus Precious Metals allerdings in der starken Abhängigkeit von der Automobilindustrie, auch wenn die Experten überwiegend positiv für das Edelmetall gestimmt sind. „Auch ein schwächelnder Handel zwischen den Wirtschaftsgiganten USA und China könnte die Preisentwicklung grundlegend verändern. Die Bandbreite liegt zwischen 1800 bis 2800 Dollar für die Feinunze Palladium“, prognostiziert Heraeus weiter. Mit anderen Worten: Nur ein Einbruch der Pkw-Nachfrage dürfte die Angebots-Nachfragerelation kurzfristig entspannen und den Palladiumpreis belasten.
Daniel Saurenz betreibt das Finanzportal Feingold Research . Auf capital.de schreibt er regelmäßig als Kolumnist über Geldanlage-Themen.