Anzeige

Chiphersteller Nvidia – Wachstum ist nicht genug

Nvidia CEO Jensen Huang
Nvidia CEO Jensen Huang
© Kyodo / - / Picture Alliance
Der Weltmarktführer für KI-Chips Nvidia hat seinen Umsatz erneut verdoppelt. Aber allmählich schwächt sich das Wachstum ab. Zudem machen ihm Exportbeschränkungen und Lieferprobleme zu schaffen

Manchmal kann die Börse absurd sein: Der KI-Chipproduzent Nvidia hat seine heiß ersehnten und neuesten Quartalszahlen vorgelegt, die wieder einmal ziemlich gut ausfielen – doch der Börsenkurs sank. Von rund 138 Euro am späten Mittwoch auf rund 133 Euro am Donnerstagfrüh. Wenn so etwas passiert, lautet die Erzählung normalerweise: Das sei selbst bei extrem guten Zahlen nicht ungewöhnlich, sondern zeige nur, dass die Erwartungen der Analysten und Investoren zuvor einfach zu hoch gewesen seien. Es sei also zu viel Optimismus eingepreist gewesen. Doch so einfach ist es nicht.

Nvidia hat sich in rasanter Zeit innerhalb der Unternehmenswelt und auch an den Börsen zum Shootingstar entwickelt. Denn es hat einen völlig neuen Markt entdeckt – die Welt der Hochleistungs-Prozessorchips – die nun einer komplett neuen Technologie zum Durchbruch verholfen haben: der künstlichen Intelligenz. Die KI wiederum hat weltweit einen wahren Hype ausgelöst, weil ihre Entwicklung unglaublich schnell vonstatten geht und sie das Potenzial hat, die Welt zu verändern. Nvidia wurde innerhalb kürzester Zeit zum Weltmarktführer und ist globaler Hoffnungsträger. Sein Aktienkurs trat den absoluten Höhenflug an. Allein seit Jahresbeginn legte die Aktie um 195 Prozent zu. Auf Dreijahressicht sind es rund 350 Prozent Kursplus.

Für das dritte Quartal verbuchte der Konzern von CEO Jensen Huang einen knapp doppelt so hohen Umsatz im Vergleich zum Vorjahr, der jetzt 35 Mrd. Dollar beträgt. Auch der Gewinn hat sich mit 19 Mrd. Dollar verdoppelt. Auch zum Vorquartal ist Nvidia gewachsen: 16 Prozent beim Umsatz und 14 Prozent beim Gewinn. Das sind enorme Zahlen angesichts der immerhin 60 Mrd. Dollar, die der Konzern im gesamten Vorjahr bereits mit seinen Chips erwirtschaftete. Diesen Gesamtjahresumsatz aus vier Quartalen hat Nvidia im aktuellen Geschäftsjahr schon mit zwei Quartalen übertroffen. 

Blackwell-Chip als neueste Generation

Doch das Wachstum schwächt sich etwas ab, so lautet das Fazit der Analysten. Zuletzt schaffte der KI-Star über fünf Quartale ein Wachstum von jeweils mehr als 100 Prozent im Vergleich zum jeweiligen Vorjahresquartal. Diesmal sind es „nur noch“ ziemlich genau 100 Prozent. Für das laufende vierte Quartal, das noch bis Ende Januar geht, erwartet Nvidia nur noch rund 70 Prozent Wachstum. Das Jahresende ist allerdings auch das traditionell schwächste Quartal für den Konzern. Mit dieser konservativen Prognose sind zwar positive Überraschungen gut möglich, aber in den Augen des Marktes heißen sie: Das Wachstum schwächt sich deutlich ab.

Die Margen steigen auch nicht mehr: Zuletzt blieb die Gewinnmarge im Vergleich zum Umsatz bei 55 Prozent. Ein Grund zur Sorge ist das allein sicherlich nicht. Zumal sich das Unternehmen eine noch bessere Gewinnspanne aus der neuen Chipgeneration Blackwell erhofft.

Intel und AMD können nicht mithalten

Der neue ultraschnelle KI-Chip kommt in den kommenden Wochen auf den Markt, nachdem es anfangs Lieferprobleme gab. Die Nachfrage danach soll laut Huang „gigantisch“ sein. Bei diesem Chip nämlich kann Nvidia niemand das Wasser reichen – übrigens auch nicht bei der Gewinnmarge. Weder die Konkurrenten Intel noch AMD kommen mit ihren Chips zudem auch nur ansatzweise an die Leistung des Blackwell heran. Bei der derzeitigen Generation Hopper hätten sie eventuell noch Chancen, Marktanteile zu gewinnen, wenn Nvidia hier im Markt durch Lieferprobleme eine größere Lücke ließe. Beim Blackwell jedoch nicht. Insgesamt besetzt Nvidia bei den KI-Chips stolze 80 Prozent des Marktes.

Nvidia-Zulieferer TSMC warnt vor Lieferengpass

Aber es gibt auch einige Unsicherheiten: Viele Beobachter sorgen sich um die Menge der lieferbaren Blackwell-Chips. Sie werden vom Auftragsfertiger TSMC produziert und zuletzt warnte TSMC selber vor Produktionsengpässen in diesem Bereich. Die seien nun jedoch ausgeräumt, sagte Huang inzwischen. Erst der nächste Quartalsbericht wird zeigen, ob das stimmt. Dann nämlich wird klar sein, wie gut der Blackwell am Markt ausgerollt werden kann. 

Zudem kamen kürzlich Spekulationen hinzu, ob die Blackwell-Chips überhitzen könnten angesichts ihrer enormen Rechenleistung. All das verunsichert derzeit die Aktienbesitzer. Wird der neueste Chip also wirklich den Umsatz noch einmal vervielfachen? Oder bleiben die Verkäufe eher innerhalb jener Spanne, die Nvidia derzeit selbst nennt?

Politik könnte Probleme machen, Absatz in China sinkt

Zudem spielt die Politik dem Konzern nicht gerade in die Hände. Zuletzt schränkten die USA den Export bestimmter Produkte ein, besonders nach China sollten keine Hochleistungsprodukte mehr geliefert werden. Folglich produzierte Nvidia weniger leistungsfähige Chips für den dortigen Markt – und ließ dabei im Hochleistungsbereich eine Lücke, die nun chinesische Konzerne dankbar besetzen. Der Umsatz in China sank merklich.

Das spürt der KI-Konzern, auch wenn er rund 86 Prozent seines Geschäfts mit den großen amerikanischen Tech- und Cloudkonzernen Microsoft, Google und Facebook/Meta sowie der Aufrüstung ihrer Rechenzentren bestreitet. Allein sie spülten im abgelaufenen Quartal 30 Mrd. Dollar Umsatz in die Kasse. Weitere rund 10 Prozent des Umsatzes stammten übrigens aus dem Verkauf von Grafikprozessoren für PCs, also dem Altgeschäft des Konzerns, das nur noch klein, aber dennoch lebendig ist.

Schaden Trump-Zölle Nvidia?

Die große Frage ist nun: Inwiefern könnten die angekündigten Zölle der Regierung Trump das Geschäft bald behindern? Und droht Gegenwind von den Kartellbehörden, die Nvidia bereits in Europa und in Nordamerika im Visier haben? Derzeit muss sich der Konzern rechtfertigen, ob er durch seine Marktdominanz eventuell Druck auf Abnehmer ausgeübt oder den Wettbewerb beschränkt hat.

Es ist daher derzeit nicht strittig, ob das Nvidia-Wachstum weitergeht, sondern nur, wie stark es jeweils von Quartal zu Quartal ausfällt. Entscheidend ist auch, ob der Konzern es wirklich schafft, jährlich eine neue Chipgeneration zu lancieren, um seinen Vorsprung gegenüber der Konkurrenz zu halten. Doch selbst, wenn sich ein anderer Wettbewerber einen etwas größeren Marktanteil erarbeiten könnte: Die KI hat gerade erst einen völlig neuen Markt erschlossen und er wird vermutlich noch exponentiell wachsen. Aktuell ist die Nvidia-Aktie mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 123 bewertet, das ist hoch. Doch anhand bisheriger Zahlen – und des jetzigen Kurses – dürfte sich das Verhältnis schon im nächsten Jahr schon auf rund 36 herunterreguliert haben. 

Nur zum Vergleich: Der Gesamtindex des S&P 500 kommt derzeit auf ein KGV von rund 30. Wer in diesem Markt unter den 499 Wettbewerbern ein anderes Unternehmen sucht, das derzeit auch nur ansatzweise so stark wächst wie Nvidia, tut das vergeblich. Wenn der Kurs derzeit sinkt, ist das gar nicht so schlecht, um etwas Überoptimismus aus der aktuellen Bewertung herauszubekommen. Aber es dürfte kein Zeichen dafür sein, dass die Erfolgsgeschichte bereits beendet ist.

Mehr zum Thema

Neueste Artikel

VG-Wort Pixel