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Kolumne Nie wieder Zinsen

Der Chef der Fed ist einer der wichtigsten Männer der Welt: Seit Anfang 2018 ist dies Je­rome Powell
Der Chef der Fed ist einer der wichtigsten Männer der Welt: Seit Anfang 2018 ist dies Je­rome Powell
© Federal Reserve
Die EZB hat den Zins planiert. Dass nun auch die US-Notenbank nachzieht und ihren Zinserhöhungsphase beendet, kommt unerwartet. Für Daniel Saurenz ist es eine Kapitulation mit erheblichen Folgen für Sparer weltweit

Die US-Notenbank ist die führende Institution dieser Art weltweit. Obgleich die US-Wirtschaft noch sehr ordentlich läuft, beendet die Zentralbank den Zinserhöhungszyklus offenbar. Mehr noch, sie mutiert vom Falken zur Taube und stellt sogar Senkungen 2020 in Aussicht. Sparer rund um den Globus müssen einem Fakt ins Auge blicken: Europa bekommt japanische Verhältnisse. Daten der Brokers Gettex zeigen, dass die zehnjährige Bundesanleihe wieder in den negativen Bereich drehen könnte. In Deutschland sollten Sparer nicht auf positive Zinsen hoffen, sondern wenn überhaupt auf keine negativen Zinsen spekulieren.

In den USA plant die Fed keinerlei Zinserhöhungen mehr für 2019. Gleichzeitig will sie ab Mai die Verkäufe von Staatsanleihen von 30 Mrd. auf 15 Mrd. Dollar pro Monat halbieren. Damit beginnt die Fed mit der Lockerung der Geldpolitik. Zudem sollen die gesamten Anleihenverkäufe, also inklusive jener von Hypothekenanleihen, im September völlig eingestellt werden. Ab Oktober will die Fed dann alte, auslaufende Hypothekenanleihen im Volumen von bis zu 20 Mrd. Dollar pro Monat in Staatsanleihen reinvestieren.

„Mit den Maßnahmen sollen die Zinsen für Staatsanleihen nach unten gedrückt und die Wirtschaft damit angekurbelt werden“, meint Mati Greenspan, Senior Market Analyst bei der Social-Trading-Plattform Etoro. Das ist auch notwendig, weil der Anleihenmarkt die Perspektiven der US-Wirtschaft zusehends schwächer einschätzt, waren doch nach der Fed-Sitzung die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen bis auf 2,50 Prozent eingebrochen. Das hat zwischenzeitlich den Dollar mit nach unten gezogen, ehe er sich wieder etwas erholen konnte. Das ist das niedrigste Niveau für US-Anleihen seit Januar 2018 und zeigt, dass sich die US-Wirtschaft im Gegensatz zu Donald Trumps Behauptung stark abgekühlt hat und in eine Rezession abrutschen könnte.

Umso wichtiger sind die US-Konjunkturdaten in den nächsten Wochen und Monaten. Sie könnten weiterhin schlechter ausfallen als Volkswirte erwarten, weil die zwischenzeitlichen Zinssteigerungen des vergangenen Jahres mit einer Zeitverzögerung von wenigen Monaten kräftig auf die Wirtschaft durchschlagen dürften, gerade auf den ohnehin erheblich schwächelnden Häusermarkt, aber auch auf den Automarkt, der zuletzt deutliche Schwächesignale gesendet hat.

Daher wird die Fed wohl entgegen der Erwartung vieler Experten innerhalb weniger Monate anfangen, die Zinsen zu senken. Das und die ohnehin geplante Lockerung der Geldpolitik dürften für anhaltenden Abwärtsdruck auf den Dollar sorgen, vor allem gegenüber dem Euro und dem Yen. „Vor diesem Szenario könnten Anleger einen Euro/US-Dollar Knock-out-Bull einsetzen“, erklärt Sebastian Bleser, Derivate-Experte bei Hypovereinsbank Oonemarkets. „Diese Papiere besitzen jedoch einen Hebel, der sowohl nach oben als auch nach unten wirkt. Anleger finden aber auch moderat gehebelte Knock-outs, deren Hebel zwischen 6 und 12 liegen“, so Bleser weiter.

Wer druckt schneller?

Dieses Szenario könnte sich nur dann ändern, falls die stark exportabhängigen Volkswirtschaften der Eurozone und Japans wegen der schwachen Weltwirtschaft noch schneller in Richtung Rezession abrutschen sollten als die US-Wirtschaft, woraufhin die EZB die Geldpressen wieder anwerfen würde, während die japanische Notenbank noch mehr Geld drucken würde als ohnehin schon. Man sieht – die Frage ist nicht, wer Geld druckt, sondern nur wieviel.

US-Notenbankchef Powell hat in den vergangenen Monaten eine Menge Vertrauen verspielt. Die Mutation vom geldpolitischen Falken zur Taube, also vom strengen Notenbanker zum freigiebigen Akteur ging verdammt schnell und verunsicherte Investoren mehr als es beruhigte. Eines aber ist im Jahr 2019 klar – Japan und die Eurozone werden wohl nie wieder nennenswerte Zinsen sehen. In den USA ist auf halbem Weg verglichen zu früher Schluss. Deshalb gehört Barvermögen schnellstens von der Bank geräumt und in Anlagen investiert, die jährliche Renditen liefern. Dies können Anlagezertifikate sein oder das Direktinvestment in eine Aktie ebenso wie passive Fonds, sogenannte ETFs wie der LYX0AC auf den Dax .

Ein Investment in ein Anlagezertifikat mit WKN CP602N auf den EuroStoxx bietet 6,5 Prozent Rendite p.a bei einem Risiko leicht unter dem des EuroStoxx direkt. Bei sinnvollem Einkaufspreis kann auch der Kauf einer Immobilie zur Vermietung rentabel sein. So oder so - bald wird Deutschland seine erste Generation erleben, die das Wort Zinsen nur aus Erzählungen kennt. In Japan ist man schon soweit.

Daniel Saurenz betreibt das Investment- und Anlageportal Feingold Research. Der Journalist hat unter anderem für Börse Online und die Financial Times Deutschland geschrieben

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