Hafenbetreiber haben ein schwieriges Jahr hinter sich. Die Coronapandemie hatte den Containerumschlag an den Seehäfen deutlich erschwert, zeitweise ging gar nichts mehr. Der südchinesische Hafen Yantian, nach Singapur und Shanghai der größte Containerhafen der Welt, musste wegen eines Corona-Ausbruchs für mehrere Wochen schließen.
Allmählich zeichnet sich aber eine Entspannung ab. An den meisten Häfen läuft es wieder runder. Darüber hinaus deuten sich einige interessante Entwicklungen an: Bremen und Hamburg überlegen laut einem Bericht des „Handelsblatts“, beim Betrieb ihrer Häfen zu kooperieren, dadurch Kosten zu sparen und gegenüber den Häfen in Rotterdam und Antwerpen wettbewerbsfähiger zu werden.
Einstieg noch zu riskant
Viele Betreiber von Container-Terminals sind börsennotiert. Mit Blick auf die jüngsten Entwicklungen stellt sich die Frage, ob Anleger bei Hafenaktien auf eine ähnlich starke Erholung hoffen dürften wie in anderen Segmenten der Logistikbranche. Wolfgang Donie, Analyst der NordLB, rät zur Vorsicht: „Anleger sollten die nächsten Berichtszahlen abwarten“, sagt er. Wegen zahlreicher Ungewissheiten seien Hafenaktien zum Einstieg noch zu riskant. Das gelte insbesondere für Titel europäischer Terminal-Betreiber.
Auf kurze Sicht profitieren die Aktien der großen Hafenbetreiber von der laufenden Wirtschaftserholung. So hat etwa der Aktienkurs der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA), einem der führenden Hafenlogistik-Unternehmen in Europa, in den vergangenen sechs Monaten 16 Prozent zugelegt. Dahinter stehen solide Geschäftszahlen: HHLA konnte sein operatives Ergebnis im ersten Quartal 2021 um rund 33 Prozent steigern, auf 43,3 Mio. Euro.
Experten warnen allerdings, dass strukturelle Probleme der Branche langfristig zu schaffen machen. „Die seeverladende Industrie leidet seit Langem unter einer rapiden Verschlechterung der Zuverlässigkeit und Qualität der Transportdienstleistungen im Container-Seeverkehr, insbesondere auf den Strecken zwischen Asien, Nordamerika und Europa", klagen mehrerer Spitzenverbände der Branche in einem Brief an Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU).

Die Coronakrise hat diese Probleme verschärft. Während der diversen Lockdowns orderten Menschen enorm viele Waren – und diese mussten von A nach B transportiert werden. Noch immer übersteigt die Nachfrage nach Frachtkapazitäten das Angebot. Das führt zu Verspätungen und Staus in den Frachthäfen. „Kaum ein Schiff kommt pünktlich“, sagt NordLB-Analyst Donie.
Europäische Hafenbetreiber fallen hinter der Konkurrenz zurück
Vor allem europäische Hafenbetreiber scheinen dem Chaos kaum gewachsen. Trotz der gestiegenen Frachtraten schwächelt jedenfalls der Containerumsatz. HHLA setzte im ersten Quartal rund 6,6 Prozent weniger Container um als im Vorjahreszeitraum. Andere Hafenbetreiber wie etwa Eurogate, das Umschlagsunternehmen der Hamburger Eurokai-Gruppe, verzeichneten ähnlich hohe Rückgänge.
Auch die Konkurrenz aus Fernost macht Europas Hafenbetreibern zu schaffen. Die sogenannten Nordrange-Häfen, die strategisch wichtigen Nordseehäfen Hamburg, Rotterdam, Antwerpen und Bremen/Bremerhaven, verlieren auf internationaler Bühne seit Jahren an Bedeutung.
Ganz anders sieht es bei der asiatischen Konkurrenz aus. Das weltweit zweitgrößte Hafenlogistik-Unternehmen Cosco Shipping Ports aus China meldete im Mai ein Plus beim Containerumschlag von 10,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Seit Jahren arbeiten chinesische Hafenbetreiber daran, Zugriff auf westliche Häfen zu bekommen. Cosco und das Schwesterunternehmen China Merchant Port besitzen inzwischen eigene Terminals an insgesamt 14 europäischen Häfen, auch eine Beteiligung am Hamburger Hafen ist im Gespräch.
Trotz geostrategischer Vorteile: Auch Aktien chinesischer Hafenbetreiber sind ein riskantes Investment. Experten erwarten, dass sich das Wachstum des Seegüterumschlags in den Jahren 2022 bis 2024 deutlich verlangsamen wird. Als eine Folge der Corona-Pandemie könnten sich Wertschöpfungsketten deutlich verkürzen. Verschärft werden könnte dieser Trend durch die Zunahme digitaler Dienstleistungen, die langfristig den Umschlag realer Güter verringern. „Die Zahlen zeigen, dass die Unternehmen der Hafenlogistik vor großen Herausforderungen stehen“, sagt Daniel Hosseus, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbandes der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS).

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