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EZB-Präsidentin „Ich werde meine Amtszeit zu Ende führen. Punkt!“

EZB-Präsidentin Christine Lagarde
EZB-Präsidentin Christine Lagarde
© Eibner-Pressefoto/Florian Wiegand / Picture Alliance
EZB-Präsidentin Christine Lagarde verkündet die nächste Zinssenkung – und dass sie trotz Spekulationen weiter in Frankfurt arbeiten will

Die Zahl war längst ausgemacht und von den Analysten prognostiziert: EZB-Präsidentin Christine Lagarde hat in Frankfurt die Leitzinsen um 25 Basispunkte auf 2,0 Prozent gesenkt. Ausschlaggebend war für die Notenbanker, dass die Inflation in der Eurozone inzwischen bei 1,9 Prozent und damit quasi auf Zielvorgabe der EZB liegt. Bei einer Teuerungsrate rund um 2,0 Prozent sieht sie ihr Mandat erfüllt, für Preisstabilität in der Eurozone zu sorgen. Neben Zins-Fragen hatte sich Lagarde auf solche zu ihrer beruflichen Zukunft vorbereitet – die prompt auch kamen.

Medien hatten zuletzt über Spekulationen berichtet, dass Lagarde Leiterin des Weltwirtschaftsforums (WEF) werden könnte, nachdem der Gründer und langjährige WEF-Chef Klaus Schwab seinen Hut nehmen musste. Die erste Frage nach ihren persönlichen Plänen konterte Lagarde noch nonchalant und lächelnd mit der Antwort, dass ihre Zukunft weniger wichtig sei als die Zukunft der europäischen Geldpolitik. Sie war und sei noch immer fest entschlossen, ihre Aufgabe zu erfüllen. „Sie werden mich noch länger hier sehen.“ 

Als die zweite Nachfrage zu einem möglichen Wechsel zum WEF kam sowie der Sorge, sie könne in den verbleibenden Jahren als „lahme Ente“ angesehen werden, sagte Lagarde kurz und knapp: „Ich werde meine Amtszeit zu Ende führen. Punkt.“ Die reguläre Amtszeit der 69-Jährigen endet am 31. Oktober 2027.

Problem: Donald Trump

Die erneute Zinssenkung ist die achte in Folge. Die Märkte spekulieren zwar noch auf eine weitere in diesem Jahr, was besonders Unternehmen freuen würde, weil sie dann zu niedrigeren Zinsen neue Investitionen finanzieren könnten. Auch die Wirtschaft insgesamt würde dadurch angekurbelt, was bei einem derzeit prognostizierten Wachstum in der Eurozone von lediglich 0,9 Prozent wichtig wäre.

Doch die Notenbanker um Lagarde ließen sich nicht in die Karten schauen. Der EZB-Rat lege sich nicht im Voraus auf einen bestimmten Zinspfad fest. Mit der Inflationsentwicklung sei man zwar vorerst zufrieden. „Siegesrunden sind schön, aber es gibt immer einen neuen Kampf“, sagte Lagarde. Für 2026 rechnet sie mit 1,6 Prozent Teuerung, 2027 sollen es 2,0 Prozent sein. 

Das große Problem ist Donald Trump, den Lagarde namentlich nicht erwähnte, sehr wohl aber den von ihm entfachten Handelskrieg, der die Wirtschaft in Europa ausbremst. Eine weitere Eskalation der Zölle könnten Inflation und Wachstum unter die EZB-Projektionen fallen lassen, sagte Lagarde.

Die Französin hofft, dass die massiven Investitionen, die Staaten wie Deutschland in Rüstung und Infrastruktur stecken wollen, zum Wachstum beitragen. Auch gestiegene Reallöhne und ein stabiler Arbeitsmarkt erlauben Haushalten, mehr Geld auszugeben. Spitzt sich der Zollkrieg allerdings zu und würden Lieferketten unterbrochen, dann wären die Bemühungen um günstige Kredite in der Eurozone dahin, denn dann würden die Preise wieder steigen.

Wird die EZB die Zinsen weiter senken?

Dass die EZB in ihrer nächsten Sitzung im Juli die Zinsen abermals senkt, halten viele Ökonomen inzwischen für fraglich. „Eine weitere Zinssenkung im Juli wird heftig umstritten sein“, so Michael Heise, Chefvolkswirt des Vermögensverwalters HQ Trust. „Ab jetzt empfiehlt sich eine vorsichtigere Gangart“, kommentiert ZEW-Ökonom Friedrich Heinemann. „Geht man davon aus, dass die EZB auf mittlere Sicht für die Inflation ihr Zwei-Prozent-Ziel erreicht, dann steht das neue Zinsniveau für einen um die Inflation bereinigten Realzins von null Prozent. Jede zusätzliche Zinssenkung wäre in realer Betrachtung deshalb eine Bewegung in den Bereich von Negativzinsen.“ Das erscheine unangebracht angesichts vieler mittelfristiger Inflationsrisiken.

Europa-Chefökonom Mark Wall von der Deutschen Bank hält Lagardes aktuelle Haltung hingegen „nicht unbedingt [für] das Ende des Lockerungszyklus’ der EZB. Der Handelskrieg ist von Natur aus unberechenbar“.

Sinkende Zinsen: Folgen für Tagesgeld, Festgeld und Bauzinsen

Für Sparerinnen und Sparer heißt die jüngste EZB-Zinssenkung, dass sie ihre Geldanlage eher jetzt als später justieren sollten. Beim Tagesgeld finden sie zwar noch gute Angebote, allerdings weniger als zuvor: Zinsen von um die 3,0 Prozent gelten meist nur für Neukunden und haben eine begrenzte Laufzeit. Das Vergleichsportal Verivox ermittelte jüngst Durchschnittszinsen beim Tagesgeld von aktuell 1,27 Prozent, das seien 0,29 Prozent weniger als im Februar. Sparkassen und Volksbanken bieten meistens noch sehr viel niedrigere Zinsen. Die Zinsen hängen aber nicht nur am Leitzins, sondern auch an der Wettbewerbssituation von Banken und Sparkassen.

Beim Festgeld berechnete die Finanzberatung FMH für 134 Institute einen Zins-Mittelwert von 1,78 Prozent für sechs Monate, bei zwölf Monaten Laufzeit zahlten Kreditinstitute noch etwas mehr Zinsen. Vor etwa einem Monat waren es 1,87 Prozent bei sechs Monaten und 1,90 Prozent bei zwölf Monaten Laufzeit gewesen.

Bei den Bauzinsen dürfte es erst mal keinen allzu großen Ausschlag geben. Kurz- bis mittelfristig rechnen Kreditvermittler wie Dr. Klein mit einer Zinsspanne zwischen 3,25 und 3,5 Prozent für eine zehnjährige Zinsbindung. Die Bauzinsen werden neben dem Leitzins von mehreren Faktoren beeinflusst, darunter die Rendite der Bundesanleihen, die Konjunktur und die Nachfrage nach Immobilien. Die Renditen von Bundesanleihen reagieren zum einen auf langfristige Inflationserwartungen, aber auch auf die Einschätzung der Bonität Deutschlands durch Ratingagenturen.

Neben dem Einlagenzinssatz von 2,0 Prozent, zu dem Banken bei der Notenbank über Nacht Geld parken können, senkte die EZB auch den Hauptrefinanzierungszins für Ausleihen bei der EZB auf 2,15 Prozent sowie den Spitzenrefinanzierungssatz auf 2,40 Prozent.

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