Die Zinsen in der Eurozone steigen weiter: Die Europäische Zentralbank (EZB) hat am Donnerstag wie erwartet eine Anhebung ihrer drei Leitzinsen um weitere 50 Basispunkte angekündigt. Der Einlagensatz, den Banken für über Nacht bei der Notenbank geparktes Geld erhalten, steigt auf 2,0 Prozent. Weil im Finanzsystem nach Jahren der ultralockeren Geldpolitik noch immer zu viel Liquidität enthalten ist, hat sich der Einlagensatz zuletzt zum wichtigsten Leitzins der Eurozone entwickelt.
Der traditionelle Leitzins, der Hauptrefinanzierungsatz, liegt künftig bei 2,5 Prozent und die Spitzenrefinanzierungsfazilität bei 2,75 Prozent. Zu diesem Zins können sich Banken über Nacht Geld bei der EZB leihen. Seit der ersten Zinserhöhung seit mehr als zehn Jahren im Juli dieses Jahres sind die Euro-Leitzinsen um jeweils 250 Basispunkte gestiegen. Aufgrund der erheblichen „Aufwärtskorrektur der Inflationsprognosen“ kündigte die EZB weitere Zinserhöhungen an. Die EZB rechnet für dieses Jahr mit einer Inflationsrate von 8,4 Prozent und im nächsten Jahr mit einem Rückgang auf 6,3 Prozent. Für 2024 rechnet sie mit 3,4 und für 2025 mit 2,3 Prozent.
Außerdem will die EZB im März mit dem Abbau ihrer rund 8 Billionen Euro schweren Bilanz starten. Die im Zuge des Anleihekaufprogramms APP aufgebauten Bestände sollen dann monatlich um durchschnittlich 15 Mrd. Euro bis Ende des zweiten Quartals schrumpfen, Details dazu will die Notenbank im Februar bekanntgeben. „Das weitere Tempo wird sich im Laufe der Zeit ergeben“, teilte die EZB mit.
Auch andere Notenbanken heben Zinsen an
Die EZB hatte ihre Anleihekäufe aus dem APP und dem Pandemie-Programm PEPP im Frühjahr auslaufen lassen, bislang aber alle Rückzahlungen wieder investiert. Insgesamt hält die EZB Staats- und Unternehmensanleihen im Volumen von rund 5 Billionen Euro. Rückflüsse aus dem PEPP-Programm sollen mindestens bis Ende 2024 reinvestiert werden. Die EZB nutzt diese Mittel flexibel und hat nach Einschätzung von Marktbeobachtern damit zeitweilig gezielt die Anleiherenditen von Italien gedrückt.
Die EZB kämpft mit steigenden Zinsen – wie andere Notenbanken auch – gegen die aktuelle Inflationswelle. Steigende Zinsen verteuern die Kreditvergabe und kühlen damit die Konjunktur ab. Zudem signalisiert die Notenbank durch die steigenden Zinsen ihre Entschlossenheit im Kampf gegen die Inflation und betreibt damit quasi Erwartungsmanagement. Wenn Unternehmen und Verbraucher nämlich erwarten, dass die Inflation nicht weiter steigt, neigen sich nicht zu weiteren Preiserhöhungen bzw. sind wenig bereit diese zu akzeptieren. Gelingt eine so genannte „Verankerung der Inflationserwartungen“, steigt dann die Inflation auch nicht an.
Die EZB hebt nicht als einzige große Notenbank ihren Leitzins weiter an. Kurz vor Bekanntgabe ihres Zinsentscheides erhöhte bereits die Bank of England ihren Leitzins um 50 Basispunkte auf 3,5 Prozent und damit den höchsten Stand seit 14 Jahren. Notenbank-Gouverneur Andrew Bailey äußerte die Sorge, dass die Unternehmen die Preise zu lange zu schnell anheben könnten – auch wenn er erklärte, die Inflation könnte ihren Höhepunkt bereits erreicht haben. Im Vereinigten Königreich lag die Inflationsrate im November bei 10,7 Prozent.
Auch die Schweizer Nationalbank (SNB) strafft ihre Zinsen weiter und hebt diese um 50 Basispunkte auf 1,0 Prozent an. „Es ist nicht auszuschließen, dass zusätzliche Zinserhöhungen nötig sein werden, um die Preisstabilität in der mittleren Frist zu gewährleisten“, teilte die SNB mit. „Um für angemessene monetäre Bedingungen zu sorgen, ist die Nationalbank zudem bereit, bei Bedarf am Devisenmarkt aktiv zu sein.“
Schon am Mittwochabend hatte die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) ihren Leitzins um ebenfalls 50 Basispunkte angehoben, so dass dieser jetzt in einer Spanne von 4,25 bis 4,5 Prozent liegt. Er ist damit auf dem höchsten Niveau seit 15 Jahren. Fed-Chef Jerome Powell dämpfte die Erwartungen an kleinere Zinsschritte. „Wir haben noch viel zu tun“, sagte er. Die US-Notenbanker signalisierten einen Leitzins von 5,1 Prozent in zwölf Monaten.