Wie würden Sie spontan reagieren, wenn Ihre Frau oder Ihr Mann Sie darauf anspräche, einen Ehevertrag schließen zu wollen? Eher ablehnend oder neugierig, eher irritiert als offen für die Idee? Spreche ich das Thema Ehevertrag an – auf einer Party oder beim Netzwerken – äußern Männer nach leichtem Zögern diesen Gedanken: „Da denke ich sofort, meine Partnerin vertraut mir nicht (mehr).“ Frauen tendieren zum spontanen Ausruf: „Das ist ja völlig unromantisch!“ Beide Aussagen sind Glaubenssätze und haben mit Eheverträgen für partnerschaftliche Ehen nichts gemein.
Dass das Eingehen einer Ehe romantisch sein soll, ist ein eher jüngeres Phänomen, transportiert in Märchen und Romanen, verstärkt durch Hollywood-Filme, in denen ein Prinz oder angesehener Mann, das arme Ding, die Frau, rettet und sie glücklich bis zum Ende ihrer Tage miteinander leben. Diese romantisierende Cinderella-Story zieht sich bis heute durch Filme und Schriftwerke. Doch wie schrieb Kurt Tucholsky in seinem Gedicht Danach aber so treffend? „Es wird nach einem Happy End im Film jewöhnlich abjeblendt. Man sieht bloß noch in ihre Lippen den Helden seinen Schnurrbart stippen - da hat sie nu den Schentelmen. Na, un denn?“
Denn folgen Heirat und Kinder (oder auch nicht), wird sehr häufig von finanziellen Abhängigkeiten der Mütter begleitet (siehe das Buch „Auf Kosten der Mütter“). Manchmal werden Partner gewalttätig, ein Drittel der Paare lässt sich nach durchschnittlich 15 Jahren scheiden. Ist das romantisch?
Was wird aus der Ehe, wenn die Romantik endet?
Romantik ist, wenn wir mit unserem Verhalten jemandem das Gefühl geben, etwas Besonderes zu sein, ohne eine Gegenleistung zu erwarten. Das erzeugt Nähe, Liebe, Zweisamkeit. Und kann in einer Ehe münden.
Eine Ehe gehen Menschen gewöhnlich ein, weil sie gern zusammen sind, eine sexuelle Anziehung besteht, Kinder groß ziehen, sie füreinander sorgen und gemeinsam wirtschaften möchten. Beide geben, beide nehmen, verhandeln partnerschaftlich, gleichen die für die Gemeinsamkeit erbrachte Leistungen aus. Leistung gegen Gegenleistung – begleitet von Zuneigung und Verständnis. Eine Ehe ist eine Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft mit einem rechtlichen Rahmen. Das ist der Punkt, den viele offenbar verdrängen.
Denn – was machen wir denn, wenn wir zum Standesamt gehen?
Im Standesamt unterschreiben wir einen Vertrag – die AGB der Ehe
Indem wir unsere Namen unter die Eheurkunde setzen, erkennen wir den rechtlichen Rahmen an, den der Gesetzgeber für uns ausgehandelt hat für den Fall, dass sich die Eheleute uneins sind oder trennen wollen. Nachzulesen sind diese „Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Ehe“ im Bürgerlichen Gesetzbuch, dem BGB. Das Eherecht beginnt mit dem Verlöbnis in § 1297 BGB und endet mit dem Versorgungsausgleich in § 1587 BGB bei der Scheidung. Ich empfehle allen, die heiraten möchten, diese Paragraphen zu lesen. Es sind rund 210.
Geregelt sind darin unter anderem, welchen Namen die Eheleute tragen, es gibt Regeln zur Haushaltsführung und der ehelichen Wohnung, wem was bei einer Scheidung gehört, wie der gegenseitige Unterhalt geregelt ist und der Versorgungsausgleich bei Scheidung. Viele Paragraphen haben sich in den Jahrzehnten der Bundesrepublik verändert oder etwa 80 sind weggefallen. Manche zu Lasten von Müttern.
Ein Ehevertrag kann keine Romantik zerstören
Ein Ehevertrag kann also gar keine Romantik zerstören, weil die Ehe auf einer Vertragsunterzeichnung basiert. Mit einem Ehevertrag können wir allerdings diesen Vertrag in einigen Punkten so ändern, wie wir uns das als Paar wünschen. Wir haben also die Chance, den BGB-Ehevertrag anzupassen. Das ist romantisch, weil wir durch eigene Modifikationen individuell füreinander sorgen können, selbstlos und mitfühlend.
Das setzt voraus, dass wir wissen, was das BGB regelt. Und es setzt voraus, dass wir als Paar miteinander reden, unsere Wünsche austauschen und uns gegenseitig im Falle der Trennung oder Scheidung finanziell absichern. Durch solche Gespräche lernen wir andere Facetten voneinander kennen, die wir besser vor der Ehe wissen.
Ehevertrag festigt Beziehung und sichert im Idealfall beide gleichwertig ab
Das jedenfalls verstehe ich unter einem Ehevertrag: dass sich zwei Menschen für den Fall der Scheidung bestmöglich unterstützen. Sie also alles dafür tun, dass der schlimmste eintretende Umstand für beide ökonomisch fair geregelt ist. Denn das tut das BGB nicht im Detail.
Was ist klug, individuell zu regeln? Zum Beispiel, ob, wie lange und in welcher Höhe Unterhalt an den wirtschaftliche Schwächeren gezahlt wird oder denjenigen, der vorrangig die Kinder betreut. Wie die Eheleute jeder eine eigene Altersvorsorge aus dem Familieneinkommen aufbauen, wie gemeinsam erworbenes Vermögen aufgeteilt wird und ob eingebrachtes oder geerbtes Vermögen vom Zugewinn ausgeschlossen ist. Im Ehevertrag lässt sich auch festlegen, wie unbezahlte Care-Arbeit finanziell bei der Trennung entschädigt wird. Besonders für Selbständige mit eigener Firma kann ein Ehevertrag sinnvoll sein.
Wie Sie vorgehen für einen Ehevertrag
Der erste Schritt ist, offen miteinander zu reden und die Ehe vom Ende her zu denken vor dem Hintergrund, beide finanziell gut zu stellen bei Unterhalt, Altersvorsorge, Vermögen. Dabei bedenken: Der Ehevertrag regelt nicht das Erbe, sondern die Scheidung! Mit den besprochenen Wünschen und getroffenen Vereinbarung können Sie zu einer auf Ehe- und Familienrecht spezialisierten Sozietät gehen, um sich abschließend beraten zu lassen. Rechtsgültigkeit erhält ein Ehevertrag mit der Beglaubigung durch einen Notar.
Ja, das kostet Geld. Es ist gut investiert. Die Kosten eine Scheidung, zumal einer strittigen, übersteigen diese Anwalts- und Notarkosten für einen fairen Ehevertrag um ein Vielfaches.
Für wen ein Ehevertrag eine sinnvolle Ergänzung ist? Unter anderem für Paare,
- bei denen sich ein Partner überwiegend um die Care- und Hausarbeit kümmert und kein oder nur ein geringes Erwerbseinkommen hat
- wenn Kinder da sind
- bei größeren Vermögensunterschieden
- bei denen einer das Geld raushaut, der andere für das Alter investiert
- bei Unternehmerinnen und Unternehmern (mit fairem Ausgleich für die Partner:in)
Ein Ehevertrag ist nicht in Stein gemeißelt
Sind Sie schon länger verheiratet, können Sie auch noch einen Ehevertrag aufsetzen. Er lässt sich jederzeit ändern, wenn beide zustimmen. Lassen Sie sich vor der fachlichen Beratung eine Kostenschätzung geben.
Familienanwältinnen und Familienanwälte empfehlen verheirateten Frauen, die Mütter werden und dafür im Beruf kürzer treten und damit ökonomische Einbußen haben, dringend zu Eheverträgen, um Unterhaltszahlungen und Vermögensnachteile auszugleichen. Tun Sie das nicht ab, denn es trifft nicht immer nur die anderen.
Im besten Fall landet der Ehevertrag in der Schublade und muss nicht hervorgeholt werden. Im schlimmsten Fall ist bereits alles finanziell Wesentliche geregt, ausgehandelt in Zeiten der Zuneigung. Das nenne ich romantisch.