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Leitzinsen Drei Zinsentscheide in zwei Tagen – worauf Anleger achten sollten

US-Notenbankchef Jerome Powell könnte die Märkte am Mittwoch durcheinanderwirbeln – wenn er Zinssenkungen im September eine Absage erteilt
US-Notenbankchef Jerome Powell könnte die Märkte am Mittwoch durcheinanderwirbeln – wenn er Zinssenkungen im September eine Absage erteilt
© Abacapress / IMAGO
USA, Japan und Großbritannien: In gleich drei Regionen stehen in dieser Woche Zinsentscheide an. Vor allem die US-Notenbank Fed könnte die Märkte dabei mächtig durcheinanderwirbeln

Vor den wichtigen Zinsentscheidungen in dieser Woche halten Anleger weltweit den Atem an. Gleich in drei wichtigen Wirtschaftsregionen – Großbritannien, Japan und den USA – wird über den weiteren Weg entschieden, wobei die Anforderungen höchst unterschiedlich sind. Während England mit Schulden und Japan mit seiner schwachen Währung kämpft, geht es in den USA vor allem um den richtigen Zeitpunkt für Zinssenkungen. Vor allem der Zinsentscheid der US-Notenbank Fed dürfte die Kurse am Mittwochabend (20.30 Uhr MEZ) beeinflussen.

Marktteilnehmer rechnen aber nicht mit einer Senkung in den USA. Für sie geht es in erster Linie um den Ausblick. Mehr als 98 Prozent aller Anleger erwarten, dass die Fed im September erstmals wieder die Zinsen senkt. Die meisten Anleger gehen dabei von 25 Basispunkten in einer Spanne von 5 bis 5,25 Prozent aus. Sollte sich Notenbankchef Jerome Powell allerdings anderslautend äußern, wird das wohl die Märkte weltweit mächtig durcheinanderwirbeln. 

„Akteure halten ihr Pulver trocken“

Im Vorfeld der Entscheidungen dominierten allerdings kleinere Gewinnmitnahmen die Märkte, vor allem in Asien. Der 225 Werte umfassende Nikkei-Index verlor am Dienstag 1,0 Prozent auf 38.100 Punkte, der breiter gefasste Topix notierte 0,9 Prozent tiefer bei 2736 Zählern. Der Konzern Fast Retailing, dem die Marke Uniqlo gehört, fiel um 2,19 Prozent und zog den Nikkei am stärksten nach unten. Der KI-Start-up-Technologieinvestor Softbank verlor 2,06 Prozent und der Chiphersteller Tokyo Electron rutschte um 1,64 Prozent ab. Fanuc stieg um 3,26 Prozent und war damit die größte Stütze im Nikkei, nachdem der Roboterhersteller seine Jahresgewinnprognose um 0,8 Prozent angehoben hatte.

In Europa, wo die EZB die Zinsen zuletzt bei 3,75 Prozent stabil hielt, stieg der deutsche Leitindex Dax um 0,7 Prozent auf 18.444 Punkte – trotz gestiegener Inflation in Deutschland. Insgesamt passierte dennoch recht wenig. „Die großen Akteure halten ihr Pulver trocken oder sind in der Sommerpause“, kommentierte Jochen Stanzl, Analyst beim Broker CMC Markets. „Sie bleiben in Deckung, bis mehr Klarheit herrscht, wo es mit den Zinsen hingehen wird.“ Auch der Dollar-Index notierte stabil. Gold verteuerte sich indes um bis zu 0,4 Prozent auf 2392 Dollar je Feinunze. „Jedes Signal eines Fed-Vertreters, dass eine Zinssenkung bevorsteht, ist der nächste Katalysator und stützt die weitere Investitionsnachfrage nach Gold“, sagte UBS-Analyst Giovanni Staunovo.

Alle Augen richten sich dabei auf die USA, wo die Rahmenbedingungen für Zinssenkungen besser geworden sind. „Es herrscht Konsens darüber, dass die US-Wirtschaft in diesem und vielleicht auch im nächsten Quartal schwächer ausfallen wird“, sagte Chris Scicluna, Ökonom bei Daiwa Capital. Eine schwächelnde Wirtschaft und eine rückläufige Inflationsrate werten Marktteilnehmer als klares Signal, dass die Fed bald zum Handeln gezwungen sein dürfte.

Japan lernt Inflation kennen

Während die Fed nun offenbar darüber nachdenkt, die Zinsen zu senken, sind die Vorzeichen in Japan genau umgekehrt. Nach Jahren der Deflation lernt das Land aktuell Inflation kennen. Bei einer Inflation von 2,6 Prozent sieht die Bank of Japan ihre Aufgabe insofern als abgeschlossen an. Nun will sie das Preisniveau gerne einfrieren oder wieder leicht senken, und erwägt daher Zinserhöhungen. Sie hob am Mittwoch ihre Zinsen erneut an. Mit einer Mehrheit von sieben zu zwei Stimmen setzte der neunköpfige Vorstand den Zinssatz von 0,0 bis 0,1 auf 0,25 Prozent hoch. Die Währungshüter signalisierten zudem weitere Zinserhöhungen.  

Dieses Szenario preisen Marktteilnehmer schon länger ein, weshalb der Yen seit Juni auch immer stärker aufgewertet hat. Steigende Zinsen stärken normalerweise den Wert einer Währung, weil der höhere Zins ausländisches Kapital anlockt, und sich so die Nachfrage nach der inländischen Währung – in diesem Fall dem Yen – erhöht. 

Der Yen stieg unmittelbar nach der Bekanntgabe der Zinserhöhung des Ergebnisses um 0,8 Prozent auf ein Dreimonatshoch von 151,58 je Dollar. Er gab diese Gewinne jedoch wieder ab. „Wir befinden uns an einem interessanten Schnittpunkt für den Yen“, sagte Nathan Swami, Leiter des Devisenhandels bei Citi in Singapur. Die Zentralbanksitzungen in dieser Woche könnten eine Verschiebung der Zinsaussichten und der Yen-Kursentwicklung skizzieren – oder, in anderen Worten: die Teilnehmer warten ab, was passiert. „Es ist noch zu früh, um zu sagen, ob sich die Faktoren, die den Yen schwächen, nachhaltig verändert haben. Im Moment scheint es sich eher um eine kurzfristige Korrektur zu handeln.“ 

Märkte schenken Labour Vertrauen

Den Abschluss bildet in dieser Woche die Bank of England. Zu Wochenbeginn stiegen britische Staatsanleihen sprunghaft an, da Anleger auf eine Zinssenkung spekulierten. Die Rendite zehnjähriger Bonds sank zwischenzeitlich um 0,08 Punkte auf 4,02 Prozent, erholte sich aber im Laufe der Woche wieder. Inzwischen gehen fast 60 Prozent des Marktes von einer Zinssenkung am Donnerstag aus, während es in der Vorwoche noch 50 Prozent waren. 

Die Reaktion an den Anleihenmärkten ging auch von einer Rede der neuen Finanzministerin Rachel Reeves aus, die ein schwarzes Loch von 22 Mrd. Pfund im Haushalt identifizierte. Dies wolle sie und die neue Labour-Regierung nun stopfen. Die sinkenden Anleiherenditen sind insofern ein Ausdruck von Vertrauen in die Regierung, weil Märkte üblicherweise Haushaltsdisziplin honorieren.

Mit Agenturen

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