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Daniel Saurenz Warum der Dollar vor einem Comeback stehen könnte

Der Dollar hat seit dem Amtsantritt von Donald Trump massiv abgewertet
Der Dollar hat seit dem Amtsantritt von Donald Trump massiv abgewertet
© Sheldon Cooper / SOPA Images / IMAGO
Die Märkte misstrauen Donald Trump und flüchten aus dem Dollar in Euro. Doch Investoren sollten sich daran erinnern, an den Märkten das Unerwartete zu erwarten – ein Comeback des Dollars

War das die ganze Aufregung wert? Die EU einigt sich mit Donald Trump auf Zölle in Höhe von 15 Prozent. Honoriert wurde dies am Montag mit einem Minus von gerade einmal ein Prozent im Dax, das am Dienstag beinahe schon wieder aufgeholt wurde. Dabei fragt man sich: War nicht eine Zoll-Androhung von 20 Prozent im Frühjahr Auslöser für einen richtig satten Crash? 

So ganz passt es jedenfalls nicht zusammen, dass die Reaktion im April deutlich schärfer war als jetzt – und deshalb hilft ein größerer Blick auf die Zahlen 2025. Zwischen geopolitischen Spielzügen à la Trump und einer erneut entflammten Zollrhetorik war die erste Jahreshälfte nämlich alles andere als langweilig. Besonders deutlich wurde das am US-Dollar, der sich nicht etwa festigte, sondern spektakulär ins Abseits manövrierte: Gegenüber dem Euro rutschte der Greenback auf den tiefsten Stand seit dreieinhalb Jahren. „Es war auch das schwächste Halbjahr des US-Dollar seit Jahrzehnten“, ordnet Vanyo Walter von RoboMarkets ein. 

FX-Trading als Königsdisziplin

Privatanleger kümmern sich eigentlich selten um Wechselkurse. Zu komplex, zu weit weg vom Tagesgeschäft. Das bleibt meist den globalen Portfoliomanagern mit ihren Absicherungsstrategien überlassen. Doch 2025 zeigte eindrucksvoll: Wer den Geldmarkt nicht kennt, zahlt drauf. In lokaler Währung sieht die Zwischenbilanz zwar glänzend aus – der Dax legte über 20  Prozent zu, und hatte das beste erste Halbjahr seit 2007. Auch im Vergleich zum Euro Stoxx 50 mit plus acht  Prozent oder den US-Indizes mit Gewinnen von vier bis sechs Prozent war dies ein starkes Ergebnis.

Doch aus Euro-Sicht war der Blick über den Atlantik ein Lehrstück für Währungsrisiken: „Der Euro kletterte seit Februar um satte 15  Prozent auf 1,18 USD – ein Niveau, das zuletzt 2021 aufgerufen wurde“, so Experte Walter. Die Folge: Die Gewinne im Dow, S&P & Co. verpufften im Umrechnungskurs. Statt Renditen blieb ein Minus von bis zu zehn Prozent. Umgekehrt sieht’s für US-Anleger rosig aus: Der Dax hat sich aus Dollar-Perspektive mit satten 30  Prozent verteuert, rechnen die Experten vom Lynx-Broker vor. Für US-Investoren ist das ein Geschenk, das man nicht alle Tage bekommt.

Dollar dreht sehr langsam

Devisenmärkte können verglichen werden mit Tankern auf hoher See: Richtungswechsel sind selten, aber dafür nachhaltig. Vergleichbare Richtungswechsel beim Währungspaar EUR/USD gab es in den vergangenen 15 Jahren nur etwa dreimal. Auf solche Phasen folgten meist Verschnaufpausen oder Rücksetzer.

Aktuell handelt das Währungspaar noch immer etwa sieben Prozent über dem 200-Tage-Durchschnitt: Aus technischer Sicht ist dies sportlich und das Markt-Sentiment ist per Definition überhitzt. 

Das liegt auch daran, dass die US-Notenbank Fed in Sachen Zinssenkung zunehmend unentschieden wirkt. Die Experten von Ethenea verweisen etwa auf Fed-Gouverneur Christopher Waller, der Zinssenkungen im Juli forderte und sich dabei auf den schwächeren Arbeitsmarkt bezog. „Dies unterstreicht eine wachsende Spaltung innerhalb der Fed hinsichtlich des Zeitpunkts und der Notwendigkeit von Zinsanpassungen“, schreibt Ethenea.

Fundamental stehen sich zwei Kräfte gegenüber: Auf der einen Seite der Dollar, gestützt durch hohe US-Zinsen, die aber aufgrund der strammen US-Verschuldung immer mehr zum Problem werden. Auf der anderen Seite der politische Druck aus Washington: Die Regierung wünscht sich einen schwachen Dollar, um die Exportwirtschaft anzukurbeln. Präsident Trump lässt daran kaum Zweifel, auch wenn er damit die Unabhängigkeit der Notenbank testet und sich jüngst sogar an Renovierungsarbeiten im Fed-Gebäude abarbeitete. 

Dollar vor Comeback?

Was davon mittelfristig überwiegt, ist schwer zu prognostizieren – auch durch Trumps erratische Politik. Die Argumente für einen stärkeren Dollar sind bekannt und größtenteils eingepreist. Neue Impulse wären nötig, um die Euro-Rally weiter zu befeuern. Doch der Markt tut selten das Erwartbare. Gerade weil nun alle auf eine Euro-Rally setzen, könnte die Gegenbewegung bevorstehen. Der Dollar als Comeback-Kandidat? Nicht ausgeschlossen. 

Die Reaktionen nach dem Zoll-Deal mit der EU waren interessant. „Einer ersten starken Reaktion des Euro kamen Gewinnmitnahmen bei der Währung entgegen. Auch deshalb, weil recht zügig erste Firmen aus Deutschland und Frankreich Bedenken hinsichtlich der Einigung anmeldeten“, so Thomas Soltau vom Smartbroker. Diese Gemengelage könnte gut dazu führen, dass im August und September nach der laufenden Quartalssaison Investoren über die Bewertung der Aktienmärkte nachdenken und sie einordnen – nach unten. 

Daniel Saurenz betreibt mit seinem Team das Börsenportal Feingold Research. Es bietet täglich einen Börsenbrief an, den Sie kostenfrei testen können. Melden Sie sich unter info@feingoldresearch.de an oder probieren Sie den Börsendienst unter diesem Link aus.

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