In den USA sind Spacs oder "Special Purpose Acquisition Companies" seit kurzem im Visier der Börsenaufsicht SEC. Mehrere Investmentbanken bekamen Post von der gefürchteten Behörde, die nach Informationen über die Gebühren und die Risikokontrollen der Banken fragte. Zugleich warnte die SEC Anleger davor, leichtgläubig in Spacs zu investieren, nur weil Prominente an ihnen beteiligt sind.
Der Börsentrend zog in den vergangenen Monaten eine Vielzahl an Promis an. Die Basketballlegende Shaquille O’Neal und der Rapper Jay-Z etwa sind bei Spacs involviert. Spac-Sponsoren bringen leere Firmenhüllen an die Börse und suchen mit dem eingesammelten Geld – im Schnitt um die 330 Mio. Dollar – dann eine Tech-Firma, die sie kaufen können.
Es ist ein schneller Weg an die Börse. Anleger müssen großes Vertrauen in die Spac-Initiatoren mitbringen, denn sie kennen das Übernahmeziel vorher nicht. Nach dem großen Hype in den USA wird mittlerweile zunehmend Kritik an der Performance und der Eigentümerstruktur laut.
Doch dies hält deutsche Teams nicht davon ab, auf den Trend aufzuspringen. Abgesehen von den prominenten Spacs von Lakestar und Rocket Internet arbeiten mittlerweile eine Reihe von bekannten Tech-Gründern an neuen Börsenprojekten. So plant der ehemalige Rocket-Vorstand Alexander Kudlich mit seinem Fonds 468 Capital einen Börsengang in Frankfurt, ebenfalls weitgehend unbemerkt strebt Target Global mit einer Spac an die Börse und der ehemalige Deutschland-Chef des Matratzen-Startups Casper, Constantin Eis, ist ebenfalls an einem Projekt beteiligt.
Euphorie gesunken
Dabei hat die globale Spac-Euphorie schon abgenommen. Während im vergangenen Jahr die Firmenhüllen bereits nach der Listung im Kurs zulegen konnten, sind die Anleger zurzeit zurückhaltend. Viele Spac-Firmen notieren rund um den Ausgabepreis – so auch die Spacs der deutschen Teams, große Gewinner gibt es nicht.
Die große Frage bleibt, ob die Teams aussichtsreiche Firmen finden, um sie per Spac an die Börse zu bringen. Einige heiße Kandidaten haben einer solchen Übernahme bereits eine Absage erteilt. Ausnahmen sind die Flugtaxi-Startups Volocopter und Lilium, die beide per Spac an die Börse gehen wollen.
Parallel befindet sich mittlerweile viel Geld in den Firmenhüllen, mit dem die Spacs nach europäischen Übernahmezielen suchen. Allein die neun deutschen Teams sind schon jetzt bei mehr als zwei Milliarden Dollar, um eine Firma zu übernehmen, wie die Übersicht von Finance Forward zeigt (Target Global und 468 kommen noch dazu). Zusätzlich sammeln die Spacs noch einmal Geld ein, um die Übernahme zu finanzieren. Kritiker sehen die Gefahr, dass die weniger guten Firmen auf diesem Weg an die Börse gehen – und am Ende die Kleinanleger das Nachsehen haben.
Ein Überblick über die neun Spacs:
Diese deutschen Spacs sind am Start
Der junge Berliner Wagniskapitalgeber 468 Capital hat bereits eine entsprechende Firma für einen Spac-Börsengang gegründet. Hinter dem Fonds stehen die ehemaligen Rocket-Internet-Investoren Alexander Kudlich (im Bild) und Ludwig Ensthaler sowie Mesosphere-Gründer Florian Leibert. Schon im April könnte die Mantelgesellschaft in Frankfurt an die Börse gehen, berichtete die Welt am Sonntag. Als Übernahmeziel sucht 468 Capital nach einer europäischen Firma. „Nicht ausgeschlossen, dass die Berliner auch die unternehmerische Führung in die Hand nehmen. Man verfolgt große Pläne“, schreibt die Zeitung. Der Fonds wollte sich dazu nicht äußern. Die Zielgröße dürfte bei rund 300 Millionen Euro liegen.
Der Venture Capitalist Target Global, mit Sitz in Berlin, Moskau und Tel Aviv, hat Ende Februar einen Antrag für einen Spac-Börsengang gestellt. Die „Target Global Acquisition I“ soll europäische und israelische Technologieunternehmen finden und an die Börse bringen, Sitz ist auf den Cayman Islands. Target-Chef Shmuel Chafets (Bild) und Finanzchef Heiko Dimmerling leiten die Firmenhülle. Die Spac soll an der New Yorker Börse unter dem Symbol TGAAU listen, die Credit Suisse begleitet den Börsengang. Target will 25 Millionen Anteile zum Preis von je zehn Dollar vergeben, insgesamt visiert der Fonds also 250 Millionen Dollar an Einnahmen an.
Die Spac Tailwind ist bereits in New York gelistet – dabei ist der deutsche Szene-Kopf Constantin Eis als Finanzchef an Bord. Er hat das Deutschland-Geschäft des gehypten Matratzen-Startups Casper mit aufgebaut, das sich allerdings hierzulande nicht durchsetzen konnte. Sein ehemaliger Chef, der Casper-CEO Philip Krim (im Bild), ist ebenfalls beteiligt. Tailwind sucht nach europäischen Tech-Einhörnern, also Firmen mit einer Bewertung von mehr als einer Milliarde Dollar, um sie in den USA an die Börse zu bringen. Es hat 300 Millionen Dollar eingesammelt.
Unter dem Kürzel RKTA.U notiert die Rocket-Spac seit wenigen Tagen der New Yorker Börse. Insgesamt 250 Millionen Dollar hat Rocket eingenommen, die Firma selbst sitzt wie bei vielen Spacs auf den Cayman Islands. Der Tech-Investor sucht nach einer Firma außerhalb der USA. Über sein Investment-Netzwerk hat Rocket die Kontakte beispielsweise nach Südostasien, Südamerika und Europa.
An dem Projekt sind gleich mehrere bekannte Berliner Szene-Köpfe beteiligt, darunter der Hellofresh-Chef Dominik Richter (Bild), der Lesara-Gründer Roman Kirsch und der Seriengründer Jan Beckers. Bis zu 345 Millionen Dollar sollen laut dem Börsenprospekt zusammenkommen. Auch dieses Projekt will sich auf europäische Tech-Firmen fokussieren.
275 Millionen Euro (324 Millionen Dollar) nahm der bekannte Investor Klaus Hommels (Bild) mit seinem Spac-Börsengang in Frankfurt ein. In den kommenden 24 Monaten will er eine aussichtsreiche Firma aus dem Bereich Software, Fintech, Transport und Logistik, Healthtech oder Deeptech finden und übernehmen. „Wir betrachten ein Universum von etwa 60 bis 70 Firmen“, sagte Hommels der Handelszeitung.
Der ehemalige Commerzbank-Chef Martin Blessing hat mit seiner Spac insgesamt 415 Millionen Euro (489 Millionen Dollar) eingenommen, seit Freitag ist die Firma in Amsterdam gelistet. Der Finanz-Manager will damit eine Fintech-Firma übernehmen.
Constellation Acquisition ist bereits seit einigen Wochen an der New Yorker Börse, die Firma des Ex-Siemens-Chefs Klaus Kleinfeld hat es auf Firmen mit Nachhaltigkeitsfokus (ESG) abgesehen, sie hat 300 Millionen Dollar dafür eingenommen. Die aussichtsreichen Firmen will Kleinfeld in Europa und Nordamerika suchen.
Der schillernde Unternehmer Christian Angermayer will mit seiner Spac nach Biotech-Firmen fahnden, in dem Segment ist Angermayer mit seinem Company Builder Atai bereits aktiv. Frontier ging vor wenigen Tagen in den USA an die Börse.
Die größte Spac kommt vom deutschen Manager Hubertus Mühlhäuser, der vor Jahren den Industriekonzern CNH geleitet hat. Insgesamt 600 Millionen Dollar sammelte die Firmenhülle ein, um Unternehmen an der Schnittstelle zwischen Industrie und Technologie zu übernehmen.
Schon im vergangenen Sommer nahm der ehemalige SAP-Chef Leo Apotheker 300 Millionen Dollar ein – und brachte die Burgundy Technology Acquisition Corp in New York an die Börse. Er will dabei unter anderem nach Firmen im Bereich der Unternehmenssoftware Ausschau halten.