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Sparzinsen Die Schulden steigen, die Zinsen bleiben niedrig

Höhere Zinsen für das Ersparte sind nicht in Sicht
Höhere Zinsen für das Ersparte sind nicht in Sicht
© IMAGO / Panthermedia
Das deutsche Konjunkturprogramm soll 130 Mrd. Euro umfassen und passt damit rein rechnerisch zum EZB-Kaufprogramm PEPP. Daher brauchen sich Sparer auch keine Hoffnung zu machen, dass steigende Staatsschulden zu höheren Zinsen führen werden

Die immer weiter sinkenden Sparzinsen haben eine ihrer Ursachen in der Politik der Austerität des vergangenen Jahrzehnts. Denn wenn der Staat wie in Deutschland sogar Schulden abbaut und gleichzeitig die Unternehmen nur wenige Kredite aufnehmen, können auch keine Zinsen verdient werden. Dieser elementare ökonomische Zusammenhang war in der teils populistisch aufgeheizten Debatte über die Geldpolitik unter dem früheren EZB-Präsidenten Mario Draghi in Deutschland etwas aus dem Blick geraten.

Doch nun schlägt das Pendel der Fiskalpolitik in die andere Richtung, die Staaten in Europa werden zur Bewältigung der Folgen der Corona-Pandemie viele neue Schulden machen. Und die US-Fiskalpolitik wird noch tiefer in den Schuldensumpf sacken, in den sie sich unter anderem durch aggressive Steuersenkungen selbst gebracht hat.

Führen die neuen Schulden nun also zu höheren Renditen auf Staatsanleihen und damit höheren Sparzinsen? Das Lehrbuch sagt ja. Damit der Kapitalmarkt bereit ist das steigende Angebot an Staatsanleihen aufzusaugen, muss ihm ein höherer Preis – sprich Zins – geboten werden. Außerdem, so das Lehrbuch weiter, führt eine höhere Schuldenlast zu höheren Bonitätsrisiken, die mit höheren Renditen ausgeglichen werden müssen. Und schließlich verweist das Lehrbuch darauf, dass in der Vergangenheit eine Ausweitung der Staatsverschuldung die Inflation hat steigen lassen. Und steigende Inflationserwartungen schlagen sich schließlich in höheren Zinsen nieder.

Oder etwa nicht? Eher nicht, denn das Lehrbuch hat einen wichtigen Akteur nicht auf der Rechnung: die Zentralbank und ihre ultralockere Geldpolitik.

Die EZB finanziert quasi die deutschen Schulden

Deren Wirkung lässt sich an einem einfachen Beispiel mit zwei Zahlen aus der vergangenen Woche illustrieren: Das von der Bundesregierung angekündigte Konjunkturprogramm soll einen Umfang von 130 Mrd. Euro haben. Zudem will die EZB ihr Corona-Krisen-Kaufprogramm PEPP um 600 Mrd. Euro aufstocken. Zwar wird sie wohl in ihrem Länderschlüssel, nachdem immer ein bestimmter Anteil der Käufe auf ein Land entfällt, zunächst einmal abweichen, auch um Italien und Spanien auf die Beine zu helfen. Am Ende des PEPP-Programms soll jedoch der Kapitalschlüssel wieder eingehalten werden.

Deutschland hält nach EZB-Angaben 21,4 Prozent des Grundkapitals an der Notenbank. Entsprechend wird die EZB auch deutsche Staatsanleihen in den PEPP-Korb kaufen, zwar nicht jeden Monat, aber über die Laufzeit bis 2021 hinweg. Und wie viel sind 21,4 Prozent von 600 Mrd? 128,4 Mrd. Euro und somit fast genau die Summe des deutschen Konjunkturprogramms.

Die EZB wird also die neuen Schulden ganz pragmatisch quasi komplett finanzieren. Die übrigen 1,6 Mrd. Euro kann sich Finanzminister Olaf Scholz entweder aus den Rücklagen holen oder ohne Auswirkungen auf das Zinsniveau am Kapitalmarkt besorgen.

Die Leitzinsen bleiben niedrig

Und wie steht es um die Renditen von Staatsanleihen? Solang die Inflation nicht deutlich anzieht, werden sie wohl auch nur moderat ansteigen. In einer noch deutlich unterausgelasteten Volkswirtschaft wird kaum Preisdruck in der Breite aufkommen, anekdotischer Evidenz zum Trotz.

Dass die Rendite deutscher Bundesanleihen in der vergangenen Woche leicht zugelegt haben, dürfte also weniger dem Konjunkturprogramm oder Inflationsängsten als den steigenden Aktienkursen zuzuschreiben sein. Wenn Anleger von sicheren Bundesanleihen in risikoreichere Aktien umschichten und die Bonds verkaufen, fällt deren Preis und damit im Gegenzug die Rendite.

Zudem rechnet der Markt damit, dass die Leitzinsen lange Zeit noch auf dem derzeitigen Niveau verharren. „Die Leitzinsen in den wichtigsten Ländern der Welt dürften unserer Einschätzung nach um null Prozent stabil bleiben“, sagt Jean-Marie Mercadal, Chef-Stratege beim Vermögensverwalter OFI Asset Management. Bei Bundesanleihen sieht die Fondsgesellschaft Bantleon das „Zielniveau bei 10-jährigen Laufzeiten in der Nähe der Nulllinie“. Für Anleger ist also nicht viel zu holen, stattdessen drohen ihnen sogar Kursverluste mit Anleihen des Bundes.

Gegen steigende Sparzinsen spricht noch ein anderer Faktor, nämlich die Sparwut der Deutschen. Gerade in der Krise haben sie, teils auch mangels Konsummöglichkeiten, noch mehr Geld als sonst auf die hohe Kante gelegt. Nach Bundesbank-Angaben lag die Sparquote im ersten Quartal bei 16,7 Prozent im Vergleich zu 10,9 Prozent im Gesamtjahr 2019. Vieles von dem Geld dürfte auf Bankkonten landen – sehr zum Kummer der Institute. Sie können in der Krise nicht genug davon als Kredite ausreichend müssen das Geld teilweise über Nacht bei der Notenbank parken. Für die Banken und Sparkassen ist das ein schlechtes Geschäft, denn für die Einlage bei der EZB zahlen sie einen Minuszins von 0,4 Prozent. Und wenn sie wirklich Geld benötigen, bekommen die Banken es derzeit über spezielle Refinanzierungsgeschäfte zum Satz von minus 1 Prozent ebenfalls bei der EZB.

Es gibt also keinen Grund, dass Banken in diesem Umfeld in den kommenden ein bis zwei Jahren Sparern höhere Zinsen bieten sollten.

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