Was wurde der Anleihemarkt Italiens nicht gewürfelt, als Giorgia Meloni vor der Tür stand. Mittlerweile ist man beim Blick auf Italien nicht nur sehr entspannt, mancher Investor blickt auf sehr gut laufende Industrieaktien oder Aushängeschilder wie die Großbank UniCredit. Letztgenannte steigt seit Mitte 2022 wie an der Schnur gezogen und erinnert mit einem Plus von 250 Prozent beinahe an Techtitel. Verstecken müssen sich auch französische Banken nicht, doch die Tage nach der Ankündigung von Neuwahlen waren für BNP oder Société Générale ebenso hart wie für den Versicherer Axa. Für Anleger könnte genau darin eine Chance liegen.
Denn politische Börsen haben in der Regel kurze Beine. Wohl konnten die heimischen Märkte die Folgen der Europawahl vor rund drei Wochen bis jetzt noch nicht ganz abschütteln. Anfang Juni notierten Dax und Nasdaq 100 bei rund 18.500 Punkten. „Seitdem hat das US-Technologiebarometer rund sieben Prozent zugelegt und die 20.000er-Marke im ersten Anlauf nur knapp verfehl,” rechnet Vanyo Walter vom Broker Robomarkets vor. „Der Dax verlor im gleichen Zeitraum rund drei Prozent auf 18.000 Punkte.“
Für Nervosität sorgt indes weniger das Wahlergebnis als vielmehr die überraschende Entscheidung des französischen Präsidenten Emanuel Macron, Neuwahlen anzusetzen. Mit der Auflösung der Nationalversammlung und Neuwahlen am 30. Juni und 7. Juli geht er voll ins Risiko. Es könnte ein kluger Schachzug sein – oder sein Anfang vom Ende. Vor rund zwei Jahren hat Macron die absolute Mehrheit in der Nationalversammlung verloren und hofft nun auf einen Befreiungsschlag, um seine Reformen wieder leichter durchsetzen zu können.
Risiken First
Die Finanzmärkte sahen zuletzt allerdings fast nur die Risiken: Sollte der Plan nicht aufgehen, drohen vorgezogene Präsidentschaftswahlen mit einer möglichen rechtsextremen Präsidentin Marine Le Pen. In das zuletzt an den Märkten gespielte Szenario, dass Europa die konjunkturelle Talsohle durchschritten hat und sich wieder im Aufwind befindet, würde eine Neuauflage der Eurokrise so gar nicht passen. Am Anleihemarkt kletterte die Renditedifferenz zwischen zehnjährigen französischen und deutschen Staatsanleihen mit rund 0,8 Prozentpunkten aber auf den höchsten Stand seit 2017. Der CAC 40 brach zugleich um neun Prozent ein und notierte als einer der wenigen internationalen Indizes wieder im Bereich seiner 200-Tage-Linie. Gordon Shannon von der Bank Vontobel erwartet, dass „es für Europa schwieriger werden wird, auf externe Schocks koordiniert zu reagieren, etwa durch eine gemeinsame Fiskalpolitik“.
Natürlich bergen Wahlen immer ein gewisses Risiko, die Brexit-Entscheidung oder der Einzug von Donald Trump ins Weiße Haus sind gute Beispiele. Ein Erfolg der Rechten oder auch der Linken in Frankreich ist keine ausgemachte Sache. Europawahlen sind in Frankreich oft Protestwahlen, um die Regierung wachzurütteln. Sie spielen eher eine untergeordnete Rolle, und die Wahlbeteiligung ist, wie zuletzt mit knapp über 50 Prozent, meist gering. So könnte Macron auch besser abschneiden als erwartet. Bei den Präsidentschaftswahlen im April 2022 lag er im ersten Wahlgang nur knapp vor Le Pen, in der Stichwahl fiel das Ergebnis dann deutlich aus.
Blaupause Rom
Auf der anderen Seite ist zu bedenken, dass es nach der Wahl der italienischen Premierministerin Meloni nur zu einer kurzzeitigen Ausweitung der Zinsdifferenz kam. Die Reaktionen können als mögliche Blaupause dienen. Die Regierung in Rom ist sogar im Vergleich zu vorangegangenen Jahren stabil. Im Gegensatz dazu ist es um Giorgia Meloni regelrecht ruhig. Nicht umsonst steht der italienische Leitindex FTSE MIB gut da.
Ein politischer Machtwechsel muss also nicht zwangsläufig negativ sein, zumal Le Pen zuletzt eher beschwichtigende Töne in Sachen EU-Austritt angeschlagen hat.
Wichtig für die Märkte ist weniger, wer Präsident ist, sondern ob wirtschaftsfreundliche Reformen umgesetzt werden. Daher könnte sich der Rücksetzer kurzfristig als gute Nachkaufgelegenheit erweisen, vor allem bei französischen Aktien. Umsetzen können mutige Anleger dies auch mit Hebelpapieren wie beispielsweise dem Turbo mit WKN MG47V9 von Morgan Stanley. Oder sie greifen zu einem ETF von Amundi auf den CAC40 – WKN A2H59K.