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Kolumne Deutschlands kranke Banken

Ein Gewitter zieht über die Frankfurter Bankentürme
Ein Gewitter zieht über die Frankfurter Bankentürme
© dpa
Die Wirtschaft boomt, doch deutsche Banken schaffen es kaum noch, mit ihren Einnahmen die Kosten zu decken. Dabei dachte man immer, Banker könnten besser rechnen. Der Branche stehen schwere Zeiten bevor

Manchmal stelle ich mir vor, wie sich der Banker meines Vertrauens hinsetzt, ein Bündel Geldscheine zum Zigarrenröllchen formt und es sich ansteckt. So ähnlich muss es doch wohl aussehen, wenn Banken Geld verbrennen. Genau das nämlich tun die allermeisten deutschen Institute derzeit, haben die Unternehmensberatungen Bain und EY errechnet .

Die Eigenkapitalrendite der deutschen Banken war 2019 im Firmenkundengeschäft kleiner als die Kosten. Dabei gilt das Unternehmensgeschäft traditionell noch als profitabler Bereich im Bankbusiness. Das Geschäft mit den Privatkunden dagegen, heißt es, lohne sich wegen der winzigen Margen und hohen Kosten nicht mehr. Und im Investmentbanking war die Leistung deutscher Banken zuletzt nicht gerade legendär, sondern sogar hoch defizitär. Jetzt verraucht also auch in der letzten Bastion das Geld.

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Man muss sich die Zahl einmal wie eine gute Havanna auf der Zunge zergehen lassen: Ein Prozent Eigenkapitalrendite nach Steuern hat die Branche im Schnitt geschafft. Und selbst dieses Prozent könnte sich künftig halbieren. Damit ist die Gesamtprofitabilität über kurz oder lang in Gefahr. Man denkt unwillkürlich an die Zeiten, in denen Chefbanker Josef Ackermann noch das 25-Prozent-Ziel ausgab. Vor Steuern allerdings, was aber immerhin 15 Prozent nach Steuern entspricht. Er nannte das „ehrgeizig, aber nicht gierig“. Heute ist es utopisch.

Zumindest hierzulande, denn die US-Branche reicht mit zwölf Prozent fast an dieses Ziel heran. Dagegen schaffen Deutschlands Beste gerade sechs bis 8,5 Prozent. Übrigens die Auto- und Privatbanken, nicht jene Großkonzerne, die vehement versuchten, sich an die Spitze zu spekulieren.

Ergebnislücke von 40 Mrd. Euro droht

Was ist nun das Problem der deutschen Banker? Ihre Erträge stagnieren: Die Provisionen bröseln, Zinsüberschüsse schmelzen, selbst der Handel wirft weniger ab. Derweil steigen die Kosten: für Verwaltung und Risikovorsorge, um neue Finanzmarktregeln umzusetzen und Abläufe digitaler zu machen.

Aber haben Institute anderer Länder nicht dieselben Probleme? Schon, aber sie lösen sie besser.

Dort hat man schneller digitalisiert, früher fusioniert und sich stärker auf die Kundenwünsche konzentriert. Hierzulande verbrannten Banken nicht nur viel Geld, sondern auch gleich den Boden, auf dem sie stehen – mit Fehlspekulationen, Manipulationen und Skandalen. Libor und Cum-Ex sind dabei nur zwei Stichworte. Und nun wundern sie sich, dass es ihnen „immer schwerer fällt, Kundenbeziehungen nachhaltig profitabel zu gestalten“, wie man kürzlich bei Bain konstatierte.

Macht die Branche so weiter, droht ihr bald eine Ergebnislücke von 40 Mrd. Euro, sagen die Berater. Die Reaktionen darauf könnten unterschiedlicher nicht sein. Universalbanken streichen Tausende Stellen, um wenigstens weiter ihre Kosten zu senken. Digitaldenker bringen derweil neue Kundenplattformen ans Netz, um Erträge zu generieren. Viele werfen verzweifelt neue Kredite unters Volk. Nur die Deutsche Bank, die verpulvert ihr Geld lieber anders: Sie zahlt 1,5 Mrd. Euro an Boni aus. Fragen Sie bitte nicht, wofür. Darauf stecken wir uns jetzt eine an. Zur Beruhigung.

Nadine Oberhuber ist Capital-­Korrespondentin in München. In ihrer Kolumne schreibt sie jeden Monat über die Freude und die Last mit der Geldanlage und der Altersvorsorge.

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