Es ist die Angst, falsche Entscheidungen zu treffen, wenn es um das eigene Geld geht. Die womöglich eine falsche Entscheidung, die dazu führt, dass das Geld weg ist. Wobei „Geld weg“ schon ein Denkfehler ist. Geld ist nicht einfach weg. Es hat nur jemand anderes, und nicht mehr wir.
Habe ich beispielsweise Aktien gekauft und fallen danach die Kurse, habe ich auf dem Papier (zeitweise) weniger Vermögen. Aber: Der- oder diejenige, von dem ich die Aktien gekauft habe, hat immer noch den Wert auf dem Konto, den ich dafür bezahlt habe. Das Geld ist also da, und „nicht weg“. Nur der Wert meiner Aktie ist niedriger. Mein Risiko.
Oder: Spare ich in eine private Rentenversicherung, die mir als sicher verkauft wurde, weil ich am Ende der Laufzeit mit Beginn der Rente garantiert mein eingezahltes Geld zurück erhalte plus einen Zins, begehe ich einen weiteren Denkfehler. Was sich vermeintlich gut anhört, ist für meine Rente ein enormes Risiko.
Vermeintlich sichere Anlagen ruinieren die Rente
Investiere ich beispielsweise über 25 Jahre lang jeden Monat 300 Euro in einen breit gestreuten Aktien-ETF und damit in eine als riskant geltende Geldanlage, habe ich am Ende bei einer realen, moderaten Rendite von fünf Prozent pro Jahr ein Endkapital von rund 170.000 Euro. Zahle ich das Geld dagegen monatlich in eine Rentenversicherung ein, erhalte ich im worst case nach 25 Jahren mein Geld zurück plus Garantiezins von aktuell 0,25 Prozent. Das wären 90.000 Euro plus irgendwas um die 2500 Euro Zinsen, weil mein Monatsbeitrag erst nach Abzug der Kosten der Versicherung verzinst wird.
Ein Riesenunterschied. 170.000 Euro gegen 90.000 Euro. Vermeintlich riskant gegen vermeintlich sicher.
Bei einer jährlichen Inflation von zwei bis drei Prozent würde ich mit der Versicherung auch noch rückwärts sparen. Meine 90.000 Euro würden ordentlich an Kaufkraft einbüßen. Nach 25 Jahren könnte ich für die „garantierte“ Rente nur noch einen Bruchteil von dem kaufen, was ich heute kaufen kann. Nur, weil ich Sicherheit wollte. Ein hohes Risiko für meine Zukunft. Dabei wollte ich doch mein Geld sicher anlegen!
Risikoarm? Ja. Sicher? Nein.
Natürlich ist das eine vereinfachte Beispielrechnung. Aber eine, die die Realitäten anschaulich auf den Punkt bringt. Wenn mir jemand eine „sichere Geldanlage“ verspricht, weiß ich sofort, woran ich bin. Auf jeden Fall habe ich dann niemanden vor mir, der etwas von seinem Fach versteht. Menschen mit Fachkenntnis über Geldanlagen sprechen von „risikoarm“ und benutzen das Wort „sicher“ höchstens, um ein Gespräch einfacher zu gestalten. Deshalb fragen Sie immer nach, was das bedeutet, dieses „sicher“.
Grundlegende Fragen stellen, um zu verstehen
Überhaupt: Stellen Sie Fragen. Grundlegende Fragen, um ein Finanzprodukte zu verstehen. Und um herauszufinden, ob diejenigen, die Ihnen etwas verkaufen wollen, nicht vor allem ihr eigenes Interesse im Sinn haben – anstatt Ihr Wohl. Stichwort: Interessenskonflikt. Fragen sind zum Beispiel: Wie entstehen die Erträge? Welche Zinsen oder Renditen werden worauf gezahlt? Was kostet die Anlage und der Ausstieg? Wieviel verdient die Institution daran?
Vertrauen ist bei der Geldanlage nicht gut
Vertrauen Sie nicht einer Bank oder Versicherung oder Vermögensverwalter'in, wenn es um Geld und Altersvorsorge geht. Mit Vertrauen in solche Institutionen kommen Sie beim Geld nicht zu Erträgen. Und streichen Sie das Wort „sicher“, wenn es um Geldanlage geht. Umarmen Sie stattdessen das Risiko. Was freilich nicht bedeutet, wahllos drauflos zu investieren. Machen wir sonst auch nicht. Zumindest die meisten von uns nicht. Weil wir wissen: Leben ist riskant!
Wir managen ständig Risiken, warum dann nicht auch Anlagerisiken?
Deshalb minimieren wir Lebensrisiken, so gut es geht: Im Auto legen wir einen Sicherheitsgurt an. Vor dem Über-die-Straße-Gehen sehen wir nach rechts und links. Wir ziehen Handschuhe über beim Umgang mit ätzenden Flüssigkeiten oder wenn es eiskalt ist. Wir haben Haftpflicht-, Kranken- und Berufsunfähigkeitsversicherungen, um finanziellen Lasten gemeinschaftlich zu tragen. So managen wir Lebensrisiken.
Anlagerisiken lassen sich ebenfalls managen, also handhaben – mit langjährigen Erfahrungswerten, wissenschaftlichen Erkenntnissen und einfachen Regeln. So reduzieren wir mögliche Verluste und nutzen die Chancen, die Aktien, Immobilien und Rohstoffe uns als Sach werte bieten – und als geld werte Anleihen und Geldguthaben. Damit zähmen wir sowohl die menschliche Gier, die aufs Hirn schlägt, und die Angst, die uns lähmt.
Risikomanager'innen des Alltags
Leben bedeutet Risiko. Geldanlage auch. Lernen Sie es kennen und einzuschätzen. Mit Finanzbildung und grundlegenden Finanzkenntnisse. Die können Sie sich nur selbst aneignen. Eine der lohnendsten Investitionen eines Lebens.
Und mal ehrlich: Wir Frauen sind doch hervorragende Risikomanager'innen! Entspannt im Bus zur Arbeit, mit den Kids heil wieder runter vom Spielplatz, Messer in der Küche aufbewahren im Schrank oder den Hund als treuen Begleiter erziehen, dass er sich nicht selbst und andere gefährdet. Alles gelernt, durch Erfahrungen anderer angeeignet und einfache Faustregeln angewandt.
Nicht die perfekte Geldanlage zählt, sondern die einfache, praktikable und risikobewusste. Wie sagte Marie Curie? „Man braucht im Leben nichts zu fürchten, man muss es nur verstehen.“
Dani Parthum ist Diplom-Ökonomin, Geldcoach, Finanzbloggerin und Buchautorin. Unter der Marke Geldfrau unterstützt sie Frauen dabei, ihre Angst vor Finanzen abzulegen und für sich selbst Strategien zu entwickeln, selbstbestimmt mit Geld umzugehen und Vermögen aufzubauen.