In Indien steht die Berichtsaison vor der Tür: In den kommenden Tagen werden die Größen der indischen Wirtschaft ihre Bücher zum abgelaufenen Quartal öffnen. Nach dem Pandemiecrash Anfang 2020 hatte sich der indische Aktienmarkt zunächst stark entwickelt, tendierte ab Ende 2021 dann seitwärts. Im dritten und vierten Quartal des Vorjahres ging es schließlich abwärts. Zurückzuführen war das unter anderem auf einen straffen Zinserhöhungszyklus und die Shortseller-Attacke auf das Börsenimperium des indischen Milliardärs Gautam Adani.
Für die drei Monate bis Ende März 2023 rechnen Analysten nun aber mit einer Rückkehr in die Gewinnzone und einem Gewinnplus von rund sechs Prozent. Angetrieben wird dieses Wachstum vor allem von den Banken und Automobilkonzernen: Laut Angaben des indischen Finanzdienstleistungsunternehmens Motilal Oswal Financial Services gehen mehr als 80 Prozent des erwarteten Gewinnwachstums auf die Kappe der State Bank of India, der ICICI Bank, des Autobauers Tata Motors sowie der beiden Mineralölkonzerne ONGC und BPCL. Versorger, Metall- und Bergbauwerte dürften hingegen abschmieren.
Für das Gesamtjahr 2023 rechnen Analysten mit einem Gewinnwachstum an die 15 Prozent. Das bietet langfristig orientierten Anlegerinnen und Anlegern Einstiegschancen – auch wenn Indiens Aktienmarkt, gemessen am MSCI India, mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 22 immer noch nicht günstig ist.
Banken und Autokonzerne haben die Nase vorn
Die ICICI Bank ist neben der HDFC Bank und der State Bank of India eine der größten privaten Banken Indiens. Sie besitzt ein riesiges Netzwerk aus 5000 Filialen und mehr als 15.000 Geldautomaten. Das Privatkundengeschäft macht etwa ein Drittel der Einnahmen aus, gefolgt von Treasury (Liquiditäts-, Zins- und Währungsmanagement) und Lebensversicherungen. Die ICICI Bank wird am 22. April ihre Zahlen zum abgelaufenen Quartal veröffentlichen. Da die Bank ihr Nettozinseinkommen im Abschlussquartal 2022 bereits um 23 Prozent deutlich steigern konnte, blicken Analysten positiv auf den weiteren Jahresverlauf. Das KGV auf Basis der erwarteten Gewinne beträgt 20.
Tata Motors ist Indiens größter Autobauer und Teil des Mischkonzerns Tata Group. Zu den weltweit bekanntesten Marken zählen Jaguar und Land Rover, die als Tata-Tochtergesellschaft unter dem Namen Jaguar Land Rover Ltd. (JLR) firmieren. Wie vor wenigen Tagen bekannt wurde, nimmt JLR umgerechnet 17 Mrd. Euro mit dem Ziel in die Hand, weltweit führender Hersteller moderner, vollelektrischer Luxusautos zu werden. Darüber hinaus haben Tata und Uber eine gemeinsame Absichtserklärung unterzeichnet, welche die Lieferung von 25000 Tata-Stromern in den kommenden drei Jahren an den US-Fahrtenvermittler vorsieht. Tata gibt Ende Mai Einblick in seine Bücher. Bisher schreibt der Autokonzern rote Zahlen. Das KGV ist dementsprechend negativ. Anleger scheint das kaum zu stören: Die Tata-Aktie hat seit Jahresbeginn gut 20 Prozent zugelegt.
Breit streuen mit Indien-ETF
Wer in Asiens drittgrößte Volkswirtschaft investieren möchte, kann das breit gestreut mit einem ETF tun. Der größte von ihnen ist der iShares MSCI India mit einem Fondsvolumen von 1,35 Mrd. Euro. Mit dem passiven Indexfonds holen sich Anlegerinnen und Anleger 114 indische Unternehmen anteilig ins Depot. Der ETF bietet den Referenzindex MSCI India, der neben den beiden oben angeführten Titeln auch Indiens größtes Unternehmen Reliance Industries enthält. Der Energieriese wird am Freitag (21. April) seine Quartalszahlen veröffentlichen. Analysten erwarten laut dem Nachrichtenportal Bloomberg steigende Umsätze bei einem zugleich leicht sinkenden Gewinn. Das sei vor allem auf die mittlerweile aufgehobenen „Windfall Tax“ zurückzuführen – eine Art Übergewinnsteuer für bestimmte Sektoren wie die Rohölproduktion.
Der iShares-ETF wurde Mitte 2018 aufgelegt und hat im laufenden Jahr 7,6 Prozent verloren. Die Gesamtkostenquote (TER) des thesaurierenden ETF beträgt günstige 0,65 Prozent.