Die Aktien der Chip-Hersteller Nvidia und Advanced Micro Devices (AMD) sind am Dienstag sprunghaft angestiegen. Der Nvidia-Kurs erreichte ein neues Allzeithoch von rund 563 US-Dollar, was einem Anstieg von drei Prozent entspricht. AMD stieg um 7,5 Prozent auf 157,5 Dollar und erreichte damit den höchsten Stand seit mehr als zwei Jahren. Dem ging bereits eine Rally voraus, die ihresgleichen sucht: Während sich der Nvidia-Kurs im vergangenen Jahr mehr als verdreifachen konnte und den Branchenprimus zu einem der wertvollsten Unternehmen der Welt machte, hat sich der Wert des kleineren Mittbewerbers AMD verdoppelt.
Die kräftigen Kursgewinne dieser Woche sind das Ergebnis optimistischer Prognosen von Wall-Street-Analysten. KeyBanc Capital Markets erhöhte am Dienstag das Kursziel für Nvidia von 650 auf 740 Dollar und hat das für AMD von 170 auf 195 Dollar hochgesetzt. Barclays hob am selben Tag AMD von 120 auf 200 Dollar an. Das durchschnittliche Kursziel von 51 Analysten für Nvidia liegt nun bei 668,65 Dollar, was einem Aufwärtspotenzial von 19 Prozent entspricht. Für AMD liegt das mittlere Kursziel von 47 Analysten bei 150 Dollar. Die Aktie notiert zehn Dollar höher.
Blick auf die nackten Zahlen
Nvidia ist der führende Chip-Hersteller im Bereich Künstliche Intelligenz (KI) und eines der wertvollsten Unternehmen weltweit mit einer Marktkapitalisierung von 1,4 Bio. Dollar. Das explosive Kurswachstum der vergangenen zwölf Monate wirft jedoch die Frage auf, wie viel Potenzial noch vorhanden ist. Viele suchen bereits nach dem „nächsten Nvidia“, einer KI-Aktie mit ähnlichem Wachstumspotenzial. AMD könnte hier eine logische Wahl sein, da das Unternehmen neben Nvidia und Intel zu den wichtigsten Computerchip-Herstellern der Welt gehört und beträchtliche Summen in seine KI-Produkte investiert.
AMD hat einen Börsenwert von 260 Mrd. Dollar und liegt damit weit abgeschlagen hinter Nvidia zurück. Das könnte langfristig ein größeres Wachstumspotenzial bedeuten. Allerdings ist AMD gemessen am Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) extrem teuer – ein eher untypisches Verhältnis, vergleicht man die Bewertungskennziffern von Marktführern und deren Mitbewerbern in anderen Branchen.
Gemessen an den jüngsten Ergebnisprognosen bewegt sich AMDs KGV der vergangenen zwölf Monate in astronomischen, vierstelligen Höhen. Denn die Aktie ist als Teil des KI-Hypes zwar stark gelaufen. Die AMD-Gewinne lassen aber zu wünschen übrig und rechtfertigen die Bewertung an der Börse (noch) nicht. Unterm Strich gehen Analysten von einem Nettogewinn in 2023 von weniger als 600 Mio. Dollar aus. Demgegenüber steht Nvidia mit einem deutlich niedrigeren KGV (2023) von 117 und einem Nettogewinn im Fiskaljahr 2023 von 4,4 Mrd. Dollar.

Andrulis über KI-Wettrennen: „Wir haben eine Chance“
Blick in die Glaskugel
Wenn man die nackten Zahlen beiseite lässt, sieht die Zukunft für AMD jedoch vielversprechend aus. Während Nvidias Technologie, die ursprünglich für Grafikkarten entwickelt wurde, schon seit langem für KI-Anwendungen genutzt wird und an vielen Stellen konkurrenzlos ist, steht AMD erst am Anfang seines KI-Geschäfts. Im Dezember kündigte das Unternehmen neue KI-Chips an, die mit Nvidias Flaggschiff-Prozessoren konkurrieren sollen. Unter anderem plant Microsoft, ein bisheriger Nvidia-Kunde, zukünftig auf KI-Beschleuniger von AMD zu setzen.
Wenn alles wie geplant läuft und AMDs Gewinne in den Jahren 2024 und danach stark steigen, könnte dies die aktuelle Rally untermauern und die Bewertung verbessern. Risikobewusste Anlegerinnen und Anleger tun jedoch gut daran, bei allzu optimistischen Kursprognosen hellhörig zu werden. Eine kühle und laufende Analyse der Geschäftszahlen ist in einem solch überhitzten Markt unerlässlich. AMD dürfte dieses Jahr weiter an Boden gewinnen, ist aber derzeit überbewertet und daher anfällig für mögliche Marktabschwünge.