Der griechische Athens Stock Exchange General Index (ASE) ist seit Anfang Januar um knapp 35 Prozent auf aktuell 1253 Punkte gestiegen. Die außerordentlich starke Performance kürt Griechenland zum weltweit drittstärksten Aktienmarkt des bisherigen Börsenjahres. Trotz der beeindruckenden Hausse notiert der ASE immer noch deutlich unter seinem Allzeithoch von mehr als 6400 Punkten zur Jahrtausendwende. Darüber hinaus sind die Titel mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) auf Basis der erwarteten Gewinne für 2023 mit 7 sehr günstig bewertet. Zum Vergleich: Die Emerging Markets kommen auf ein KGV 12, gemessen am MSCI-Index. Noch scheint sich das Interesse internationaler Privatanlegerinnen und -anleger am Börsenplatz Athen in Grenzen zu halten. Das birgt Chancen.
Hinter der Rally steckt Griechenlands schmerzhafter wirtschaftlicher Aufschwung. Das Land blickt zurück auf eine jahrelange Dauerfinanzkrise, drastische Sparprogramme der Troika und den Ausverkauf staatlicher Infrastruktur. Die Austeritätspolitik hat zu einer Abwärtsspirale, hohen Wohlstandsverlusten in der Bevölkerung geführt. Wachstum war im Sparkorsett lange Zeit nicht möglich. Das ist nun vorbei: Die Europäische Zentralbank (EZB) prognostiziert für Griechenland ein Wirtschaftswachstum von 2,4 Prozent für das Jahr 2023. Im Euroraum soll die Wirtschaft hingegen nur um 1,1 Prozent wachsen. Bereits im vergangenen Jahr stieg das griechische Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 5,9 Prozent, im Jahr 2021 waren es sogar 8,4 Prozent. Griechenlands Staatsschulden sind bis Ende 2022 auf 177 Prozent des BIP gesunken, verglichen mit über 200 Prozent noch vor wenigen Jahren. Der Schuldenabbau geht zügig voran.
Diese Entwicklungen nähren die Hoffnung, dass Ratingagenturen Griechenlands Staatsanleihen noch dieses Jahr als Investment Grade einstufen könnten. Sein Land wieder zu einem „investitionswürdigen Schuldner“ zu machen, ist eines der wichtigsten Ziele des konservativen Premiers Kyriakos Mitsotakis. Damit rückt auch die Aussicht näher, dass Griechenland wieder den Status eines entwickelten Marktes erlangt. Indexanbieter wie MSCI stuften Griechenland während der Schuldenkrise zum Schwellenmarkt herab. Das könnte sich laut Morgan Stanley 2024 ändern. Sollte dem griechischen Kapitalmarkt der Wiederaufstieg gelingen, könnte das nochmal deutlich mehr internationale Anlegergelder an die Athener Börse locken.
Einzelaktien oder ETF
Zu den Top-Performern des Jahres zählen der Mischkonzern Mytilineos Holdings, der Einzelhändler Jumbo und das Bauunternehmen GEK Terna. Besonders interessant sind auch griechische Bank-Aktien: Sie dürften im Geschäftsjahr 2023 zum ersten Mal seit Beginn der Schuldenkrise wieder Dividenden ausschütten.
Zwar können Privatanlegerinnen und -anleger griechische Aktien in Deutschland handeln. Doch die Anteilsscheine verzeichnen (immer noch) sehr geringe Umsätze, was den Handel erschwert und in der Praxis einschränkt. Die bessere Wahl ist daher womöglich ein ETF auf den breiten Markt. Indirekt klappt das etwa über den MSCI Emerging Markets Europe Index, in dem Griechenland mit aktuell 20 Prozent gewichtet ist. Oder direkt mit einem dezidierten Griechenland-ETF wie dem Lyxor MSCI Greece.
Dessen Referenzindex, der MSCI Greece IMI + Coca-Cola 20/35 Index, deckt etwa 99 Prozent der Marktkapitalisierung in Griechenland ab. Der Getränkeabfüller Coca Cola Hellenic war lange Zeit das wertvollste Unternehmen Griechenlands, wechselte aber im Zuge der Schuldenkrise an die Börse London. Das Unternehmen wird aufgrund seiner Sekundär-Notierung in Athen und dem damit einhergehenden Börsengewicht extra angeführt.
Die Ein-Jahres-Performance des Lyxor-ETF ist mit plus 40,5 Prozent hervorragend. Das Fondsvolumen beträgt jedoch gerade einmal 121 Mio. Euro und ist damit als sehr niedrig einzustufen. Das könnte sich mit steigendem Interesse an der Akropolis-Börse ändern.