Im Wettbewerb um das am schlechtesten geführte Unternehmen in Deutschland lag die Deutsche Bank lange Zeit weit vorne. Jahrelang hatte sich das Kreditinstitut vom Investmentbanking in London förmlich per Bonuszahlungen als Selbstbedienungsladen ausziehen lassen, ehe die Nachfolger der Ackermanns und Jains versuchten die Scherben irgendwie aufzusammeln. Im Gegensatz zur französischen Konkurrenz der BNP Paribas, die über die vergangenen 20 Jahre verdammt viel richtig gemacht hat, ist die Deutsche Bank aufgrund der Altlasten nur noch eine kleine Nummer und bestenfalls auf dem Wege der Besserung.
Mitte der 2010er-Jahre hätte sich kaum jemand träumen lassen, dass eine derartige Minderleistung noch getoppt werden könnte. Doch für Aktionäre wie für Mitarbeiter wird jetzt so richtig sichtbar was Egoismus und schlechtes Management gepaart mit Naivität oder gar Vorsatz anrichten können. Die Rede ist natürlich von Bayer. Die nackten Zahlen sprechen erst mal ihre eigene Sprache. Vom Rekordbörsenkurs vor neun Jahren bei 145 Euro und damit einer Marktkapitalisierung von 145 Mrd. Euro sind noch bescheidene 30 Milliarden übrig – Tendenz täglich fallend.
US-amerikanische Gerichte lassen Bayer Stück für Stück ausbluten und scheinen nach einer sehr cleveren Taktik zu verfahren. Die Strafgelder sind gerade so hoch, dass Bayer diese entrichten kann und Jahr für Jahr zur Kasse gebeten wird. Jüngst kassierte der Dax-Konzern in einem Glyphosat-Prozess ein Urteil, dass auf 2 Mrd. Dollar fußt und nach bisherigen Erfahrungen in der Berufung auf 200 Millionen eingedampft werden dürfte. Dennoch jagt eine dieser Hiobsbotschaften die nächste. Das Schlimme jedoch daran ist, dass Bayer all dies hätte ahnen und kalkulieren können. 2015 war Monsanto schon lange vor der Übernahme nicht nur ein umstrittener Konzern, sondern eine tickende Zeitbombe. Den Protagonisten um den final ausführenden Boss Werner Baumann kann man Naivität und Ahnungslosigkeit unterstellen. Dies wäre einerseits generös, denn Vorsatz entfiele damit. Andererseits wäre es umso beschämender, denn der Pfad von Bayer mit Monsanto war vorgezeichnet.
TV-Spots als Willkommensgeschenk
Schon mit Bekanntgabe der Übernahme wetzten Anwälte in den USA die Messer und freuten sich förmlich darauf – inklusive passender TV-Werbespots für Klagen gegen Bayer – den deutschen Konzern auszunehmen wie eine Weihnachtsgans. Bayers Argumente für eine Monsanto-Übernahme lauteten einst in die Richtung, dass ein Unternehmen in einem umkämpften Markt eben zugreifen müsse, ehe es selbst geschluckt werde. Rückblickend wirkt das Argument so absurd, als würde sich der SC Freiburg hoch verschulden, um einen dauerverletzten Altstar von Paris St.Germain zu verpflichten mit der Begründung, man bräuchte eben elf Spieler. Die Übernahme Monsantos war weder Zwang noch eine sinnvolle Fusion, sondern vielmehr ein Ego-Trip der damaligen Führungsetage in Zusammenspiel mit dem Aufsichtsrat.
Die Folgen spüren nun einerseits die Anleger und andererseits die Mitarbeiter. Bis zur Zeit der Monsanto-Übernahme galt im Pharmasektor, dass man zu Bayer ging und nicht von Bayer kam, um einen Spruch aus dem Medienbereich abzuwandeln. Mittlerweile ist Bayer ein Konzern, den viele Mitarbeiter so schnell es geht Richtung Roche, Novo Nordisk oder Boehringer Ingelheim verlassen wollen. Erstmals in der Geschichte gibt es betriebsbedingte Kündigungen und die Mitarbeiteraktien vieler Angestellter – in früheren Zeiten dank Dividende und Kursentwicklung ein echtes Asset – rasen im Wert abwärts.
An diesem Punkt kann man sich mit den Kollegen der Deutschen Bank die Hand reichen. Denn für die Aktie der Deutschen Bank begann der Bayer-Moment mit der Lehman-Krise 2007/2008. Damals endete im Bankensektor die Party. Die Deutsche-Bank-Aktie stabilisierte sich just zu dem Zeitpunkt als bei Bayer der Verfall begann. Mehr als eine Stabilisierung des Kurses seit 2016 ist aber nicht drin. Traurige Aussichten für Bayer-Aktionäre, denen ein wichtiger Rat bleibt: Von Firmen, deren Führungsriege einen offensichtlichen Ego-Trip fährt, sollte man tunlichst die Finger lassen.