Die ersten hundert Tage der Regierung Trump sind vorüber, die Kurse von US-Aktien sind in diesem Zeitraum stark gestiegen. Überrascht Sie das?
Es war verständlich, dass Anleger den Wahlsieg von Donald Trump gefeiert haben. Wir hatten zwar nicht damit gerechnet, dass er gewinnt. Wir hatten für diesen Fall aber vorhergesagt, dass die Märkte wegen seiner wirtschaftspolitischen Agenda positiv reagieren würden.
Ist abzusehen, dass sich der Trump-Effekt an den Börsen allmählich abnutzt?
Bei seinen Steuersenkungsplänen bekommt Trump Gegenwind, weil es an der Gegenfinanzierung hakt. Obamacare kann er nicht so einfach abschaffen, wie er es sich vielleicht vorgestellt hat. Auch bei den angekündigten Investitionen in die Infrastruktur wird es schwierig, weil die USA nur einen sehr geringen fiskalischen Spielraum haben. Wir erleben gerade in gewisser Weise ein Auspreisen des Trump-Trades. Das erkennt man daran, dass US-Aktien seit kurzem schlechter abschneiden als Aktien aus der Eurozone.
Der US-Leitindex S&P 500 liegt aber nahe seines Allzeithochs.
Es war ja auch nicht nur der Trump-Trade, der die Kurse in den vergangenen Monaten hat steigen lassen. Auch die Rückkehr der Inflation hat die Börsen getrieben. Zudem haben sich die Wachstumsprognosen für die Wirtschaft seit Mitte vergangenen Jahres verbessert. Das spiegelt sich allmählich in den harten Wirtschaftsdaten wider. Der Trump-Faktor hat den Aufwärtstrend beschleunigt, aber nicht begründet.
Sie haben ein Argument gegen und ein Argument für ein Investment in US-Aktien geliefert. Was raten Sie Anlegern unterm Strich?
Wir sehen die Aktienmärkte insgesamt positiv. Bei US-Aktien im Speziellen sind wir aber mittlerweile vorsichtig. Das hat vor allem bewertungstechnische Gründe. Die Kurse von US-Titeln sind in den vergangenen Monaten stark gestiegen. Wir sind skeptisch, dass die Papiere im weiteren Jahresverlauf besser abschneiden als europäische Aktien. Das heißt nicht, dass die Kurse von US-Aktien fallen werden. Lediglich, dass sie nicht mehr so stark steigen dürften wie zuletzt.
Anlässlich Trumps Hundert-Tage-Bilanz haben Marktbeobachter mehrere Branchen identifiziert, die von der Politik des US-Präsidenten profitieren. Lohnt es sich, gezielt in die Gewinner-Branchen zu investieren?
Man sollte bei US-Investments derzeit tatsächlich etwas stärker differenzieren. Zyklische Aktien wie Industrie- und Finanztitel schneiden momentan in der Regel besser ab als defensive Werte. Auch Aktien von Unternehmen, die Schieferöl fördern, sind interessant, weil Trump die Regulierung in diesem Bereich laxer gestalten will. Wir sehen außerdem einzelne US-Gesundheitswerte positiv.