Am 15. September jährt sich die Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers zum zehnten Mal. Der Lehman-Crash erschütterte die Finanzmärkte und gilt als Katalysator der Finanzkrise. Die Aktienkurse, die bereits seit einigen Monaten gesunken waren, gingen in den freien Fall über, als Anleger realisierten, dass die Investmentbank nicht vom Staat gerettet würde. Seitdem ist viel passiert: Die Aktienkurse haben sich erholt, die Leitzinsen in den Vereinigten Staaten sind gefallen und wieder gestiegen, und sowohl in den USA als auch in Europa haben die Aufsichtsbehörden das Bankensystem auf stabilere Beine gestellt. Krisen wird es trotzdem immer wieder geben. Mit den Erfahrungen der vergangenen Dekade sollten Anleger dann allerdings besser vorbereitet sein. Fünf Lehren aus der Lehman-Pleite:
#1 Nicht gutgläubig sein
Artikel drei des rheinischen Grundgesetzes lautet: Et hätt noch emmer joot jejange – auf Hochdeutsch: Es ist noch immer gutgegangen. Mit einer ähnlichen Geisteshaltung begegneten Investoren und Bankmitarbeiter den Problemen bei Lehman Brothers. Sie gingen schlicht davon aus, die Investmentbank sei „too big to fail“. Die US-Regierung sah das anders und ließ das Institut pleitegehen. Heute würde Washington möglicherweise anders handeln, um einem Dominoeffekt vorzubeugen. Dennoch sollten sich Anleger nicht darauf verlassen, dass ein Risiko so groß ist, dass irgendjemand in letzter Minute verhindern wird, dass es eintritt.
#2 Erst checken, dann kaufen
Die „Lehman-Oma“ wurde zum Sinnbild der Finanzkrise. Sie steht exemplarisch für Kleinanleger, die auf Betreiben ihrer Bankberater hin Zertifikate von Lehman Brothers gekauft hatten. Zertifikate sind Schuldverschreibungen. Das bedeutet: Geht der Emittent pleite, ist das investierte Geld weg. Das war vielen Privatinvestoren nicht bewusst – bis es zu spät war. Auch komplizierte Finanzinstrumente wie Mortgage Backed Securities (MBS) oder Credit Default Swaps (CDS) wurden im Zuge der Finanzkrise erstmals einer breiten Öffentlichkeit bekannt, weil sie beim Ausbruch der Krise eine unrühmliche Rolle gespielt hatten. Nach dem Lehman-Crash lag der Markt für Zertifikate und strukturierte Finanzprodukte am Boden. Mittlerweile werden wieder mehr solcher Papiere verkauft – womöglich nicht nur an Investoren, die verstehen, welche Risiken sie sich damit ins Depot holen.
#3 Zentralbanken im Auge behalten
Die Lehman-Pleite läutete das Zeitalter der Zentralbanken ein. Die US-Notenbank Fed und die Europäische Zentralbank (EZB) senkten die Leitzinsen in den USA und in Europa auf ein Rekordtief und pumpten auf diese Weise billiges Geld in den Markt, um die Wirtschaft anzukurbeln. Damit wurden sie zeitweise zu den einflussreichsten Akteuren an den Finanzmärkten. Nebeneffekt der ultralockeren Geldpolitik waren steigende Aktien- und Anleihekurse. Mittlerweile hebt die Fed die Leitzinsen wieder an, die EZB könnte im kommenden Jahr folgen. Was das langfristig für die Finanzmärkte bedeutet, kann niemand sagen, denn für die Geldpolitik der vergangenen zehn Jahre gibt es kein historisches Vorbild. Klar ist nur: Die Zentralbanken haben Macht. Und Anleger sollten genau hinschauen, welchen Pfad die Institute einschlagen.
#4 Flexibel bleiben
Die Finanzkrise und ihre Folgen haben vermeintliche Gewissheiten umgestoßen. Vor der ultralockeren Geldpolitik der großen Notenbanken galten bonitätsstarke Staatsanleihen als sicheres Investment. Mittlerweile machen Anleger mit vielen Staatsanleihen nach Abzug der Inflation Verluste. Welche Wertpapiere und Strategien riskant sind, hängt immer auch von den Marktgegebenheiten ab. Anleger sollten flexibel bleiben und ihr Portfolio auf den Prüfstand stellen, sobald sich die Marktbedingungen ändern.
#5 Ruhe bewahren
Wer kurz vor dem Lehman-Crash in deutsche Standardwerte investiert hat, konnte sein Kapital bis heute fast verdoppeln. Von Ende August 2008 bis Ende August 2018 ist der Dax trotz zwischenzeitlicher Finanzkrise um 92,5 Prozent gestiegen. Wer im Zuge der Krise aus Aktien geflüchtet ist, hat womöglich den besten Zeitpunkt zum Wiedereinstieg verpasst. Anfang 2009 setzte eine Erholungsrally ein, die bis heute läuft. Die Lehre für Anleger: Geduld und starke Nerven zahlen sich bei der Geldanlage aus.