In grauer Vorzeit wurden Computerdaten mechanisch auf Lochkarten festgehalten. Sie erlaubten Programmeingabe sowie Datenspeicherung und waren maschinell lesbar. Die Speicherkapazität der Lochkarten war jedoch naturgemäß begrenzt. Das stellte anfangs angesichts der winzigen Datengrößen kein Problem dar. Kleines Tech-Schmankerl: Noch 1985 stand den SAP-Programmierern für die Neu- und Weiterentwicklung der Software ein Arbeitsspeicher von 64 MB zu Verfügung. Heute gibt es Taschenrechner mit solchen Arbeitsspeichern.
Schon Anfang der 1970er-Jahre war den SAP-Gründern klar, dass die gute alte Lochkarte ausgedient hatte. Sie halfen dabei, die Digitalisierung voranzutreiben. Mehr als 50 Jahre später ist das Unternehmen nach eigenen Angaben Marktführer für Geschäftssoftware. „Forbes“ listet den Konzern aus Walldorf in Baden-Württemberg auf Platz 169 der größten börsennotierten Unternehmen der Welt. Gemessen an Finanzdaten wie Umsatz, Gewinn und Marktwert ist SAP demnach der fünftgrößte Softwarekonzern nach Microsoft, Google, IBM und Oracle.
87 Prozent des weltweiten Handelsvolumens werden von SAP-Kunden generiert, wie das Unternehmen mitteilt. Es zählt nach eigenen Angaben mehr als 400.000 Kunden. 105.000 Mitarbeiter erwirtschafteten 2021 Umsatzerlöse in Höhe von 27,8 Mrd. Euro. Mitbegründer Hasso Plattner ist laut „Forbes" mit einem Vermögen von 8,1 Mrd. Dollar auf Platz 15 der reichsten Deutschen.
Plattner war seit 2003 Vorsitzender des Aufsichtsrats. Im Mai 2024 wird er im Alter von dann 80 Jahren erstmals nicht mehr zur Wahl stehen. Sein designierter Nachfolger ist Punit Renjen, bis Ende 2022 Chef von Deloitte.
Die Geschichte von SAP in Bildern
1972 gründeten Klaus Tschira, Hans-Werner Hector, Dietmar Hopp, Hasso Plattner (v.l.n.r.) und Claus Wellenreuther (nicht im Bild) die Firma „SAP Systemanalyse und Programmentwicklung“. Bei ihrem ehemaligen Arbeitgeber IBM waren Daten für Lohnabrechnung und Buchhaltung noch mechanisch auf Lochkarten gespeichert worden. SAP bot eine Software, mit der sich diese Daten am Bildschirm in „Echtzeit“ eingeben ließen. Der Firmenname stand für „Systeme, Anwendungen und Produkte (in der Datenverarbeitung)“. Bereits im ersten Geschäftsjahr verzeichnete SAP einen Umsatz von 620.000 DM.
1975 konnten Kunden mit SAP-Software nicht nur die Finanzbuchhaltung erfassen. Auch Einkauf, Bestandsführung und Rechnungsprüfung wurden integriert und damit Arbeitsabläufe vereinfacht. 1976 beschäftigte SAP 25 Mitarbeiter und erzielte einen Umsatz von 3,81 Millionen DM.
1977 zog SAP vom Gründungssitz in Weinheim an den heutigen Standort im Industriegebiet von Walldorf um. Zum ersten Mal wurden Kunden außerhalb Deutschlands gewonnen. Den Anfang machte Österreich, 1978 folgten Firmen in Frankreich. 1979 nahm SAP den ersten eigenen Server in Betrieb. Im selben Jahr kam SAP R/2 auf den Markt. Das modulare Standardsoftware-Paket setzte Maßstäbe. Es erlaubte Firmen, ihre Ressourcen wie Finanzen, Personal oder Material zu planen. Das „R“ steht für „Realtime“ (Echtzeit).
Zum zehnten Geburtstag von SAP 1982 war der Kundenstamm auf mehr als 250 Unternehmen angewachsen. Im selben Jahr schied Gründungsmitglied Wellenreuther aus dem Unternehmen aus. Die vier übrigen SAP-Pioniere wurden mit der Firma zu Milliardären. Am unteren Ende liegt laut „Forbes“ im Jahr 2019 Hans-Werner Hector mit einem geschätzten Vermögen von 2,1 Milliarden Dollar. Spitzenreiter ist der Aufsichtsratsvorsitzende Hasso Plattner mit 13,5 Milliarden Dollar. „Forbes“ führt den Kunstmäzen auf Platz 94 seiner Liste der reichsten Menschen der Welt.
1991 präsentierte die SAP auf der CeBIT in Hannover das System R/3. Es war als Lösung für den Mittelstand gedacht, ersetzte aber zunehmend den Vorgänger R/2. R/3 sollte auch auf Rechnern mit dem 1985 eingeführten Betriebssystem Windows laufen. 1993 begann daher die Zusammenarbeit von SAP mit Microsoft. 2006 kam das erste gemeinsam entwickelte Produkt „Duet“ auf den Markt. Das Bild stammt aus dem Jahr 1994. Es zeigt das damalige Vorstandsmitglied Henning Kagermann, Bill Gates und Mitgründer Klaus Tschira (v.l.n.r.).
1993 konnte SAP einen neuen Rekord vermelden. Erstmals übersprang der Jahresumsatz die Marke von einer Milliarde DM. Ein Drittel wurde bereits in den USA erwirtschaftet. 1994 begann SAP die Expansion in China. In den 90er Jahren wurden namhafte Kunden wie die Deutsche Post, Daimler-Benz und General Motors gewonnen.
SAP hat früh auf das Internet gesetzt. Seit 1996 lässt sich die Software mit Internet-Anwendungen koppeln. 1999 kündigte Vorstandssprecher Hasso Plattner die Neuausrichtung des Konzerns an. Die bisherigen Anwendungen wurden mit E-Commerce-Lösungen verbunden. Im folgenden Geschäftsjahr 2000 konnte die Firma ein Umsatzplus von 23 Prozent auf 6,3 Milliarden Euro vermelden. Heute verzeichnet SAP nach eigenen Angaben 186 Millionen Cloud-Abonnenten. Das Foto zeigt das Rechenzentrum am Firmensitz in Walldorf.
Im Februar 2023 wurde schließlich bekannt, dass sich Plattner (hier zu sehen bei der Eröffnung einer Kunsthalle 2022) sich 2024 vom Vorsitz des Aufsichtsrats zurückziehen wird. Er wird dann 80 Jahre alt sein. In den letzten Jahren wurden vermehrt Forderungen von Investoren laut, Plattner solle sich endlich aus dem Kontrollgremium zurückziehen.