Wirtschaftsberater von Selenskyj „Der Wiederaufbau der Ukraine wird Hunderte Milliarden Dollar kosten“

Von Bomben zerstörtes Gebäude in Irpin
Von Bomben zerstörtes Gebäude in Irpin
© IMAGO / CTK Photo
Alexander Rodnyansky ist Wirtschaftsberater des ukrainischen Präsidenten Selenskyj. Er spricht im Podcast über das Öl- und Gasembargo, einen möglichen Marshall-Plan für die Ukraine – und warum es zumindest in der Landwirtschaft etwas Hoffnung gibt

Als die neue ukrainische Regierung 2019 gewählt wurde, schrieb ein Team von jungen Ukrainern aus aller Welt das politische Programm – und Alexander Rodnyansky, der Assistant Professor in Cambridge ist, war federführend für die Wirtschaft.

Heute berät er Präsident Wolodymyr Selenskyj direkt, die Themen aber haben sich dramatisch verändert: Es geht um Waffenlieferungen und das europäische Embargo gegen russisches Gas und Öl. „Mittelfristig sind wir uns sicher, dass es einen Wandel geben wird – und dass Europa diese Ressourcen aus Russland ersetzen wird“, sagte Alexander Rodnyansky im Podcast „Die Stunde Null.“ Dennoch liefen die Entscheidungen derzeit „eher holprig“, findet er. Obwohl er die Gründe dafür teilweise nachvollziehen kann, ist er der Meinung, dass die langfristigen Folgen einer Abhängigkeit von Russlands Rohstoffen, „viel verheerender ausfallen“ könnten. Der Konflikt könnte weiter eskalieren und über die ukrainischen Grenzen hinausgehen.

Trotz der brutalen Ausweitung des Krieges in den vergangenen Tagen denkt Rodnyansky bereits über den Wiederaufbau nach – über eine Art Marshall-Plan. Die Schäden des Krieges seien zwar schwer zu beziffern, weil die Zerstörungen weitergingen. „Aber es ist ganz klar, dass es Hunderte von Milliarden sind, die wir benötigen werden, um alles wieder aufzubauen.“ Der Internationale Währungsfonds prognostiziert ein Einbruch des ukrainischen Bruttoinlandsprodukts von rund 35 Prozent. „Es ist eine Katastrophe, für die ganze Wirtschaft und für das Einkommen der Menschen“, sagte Rodnyansky.

Immerhin an einer Stelle gab der Wirtschaftsberater, der in Deutschland aufgewachsen ist, ein wenig Hoffnung: bei der Landwirtschaft, wo seit Wochen massive Ernteausfälle befürchtet werden. Auf etwa 85 Prozent aller landwirtschaftlichen Flächen sei ausgesät worden, berichtete er, außerdem gebe es eine hohe Nachfrage nach Krediten im Agrarsektor – was zeige, dass weiter gewirtschaftet werde. „Ich würde nicht die normale Ernte erwarten, aber es wird trotzdem produziert.“

Hören Sie außerdem in der neuen Folge von „Die Stunde Null“:

  • Ein Interview mit Viessmann-Geschäftsführer Max Viessmann über die Frage, wie wir Millionen Heizungen nun schnell austauschen
  • Ein Update, wie die Börsen auf den Notfallplan Gas reagieren – haben die den Schock wirklich verdaut?

Alle Folgen finden Sie direkt bei Audio NowApple oder Spotify oder via Google.

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