Es klingt nach einer Mischung zwischen Wunderwaffe und Waschmaschine, ist aber ein erprobtes Verfahren: Die Anlagen von Climeworks filtern CO2 aus der Luft, die Technologie heißt „Direct Air Capture“. Das Schweizer Unternehmen, hinter dem die Deutschen Jan Wurzbacher und Christoph Gebald stehen, hat es geschafft, weltweit zu den wichtigsten Anbietern zu werden. Zumal die Anlagen von Climeworks, auch wenn das Verfahren noch recht teuer ist, ein Geschäftsmodell haben.
„Uns war von Anfang an klar, dass man unsere Technologie in sehr großem Maßstab einsetzen kann“, sagte Jan Wurzbacher im Podcast „Die Stunde Null“. „Wir haben noch vor der Gründung nach ersten Anwendungen gesucht und sind alles sehr kommerziell angegangen.“ Sie fragten sich: Wer braucht CO2? Es begann mit einem Gewächshaus, dann lieferte man an Getränkeproduzenten. Inzwischen wird das Gas in den Boden gepresst, als Service für Kunden wie Microsoft oder Audi.
Bei den Maschinen wird die Luft über Ventilatoren in eine Kammer gesaugt, das CO2 wird durch eine Art Schwamm aufgefangen – und danach erhitzt und abgeschieden. Jan Wurzbacher und Christoph Gebald forschten an dem Verfahren während ihres Studiums an der ETH in Zürich. 2009 gründeten sie Climeworks.
Ihr erstes kommerzielles Projekt eröffnen sie 2017 in Hinwil, in der Nähe von Zürich. 2021 startete Climeworks die erste große Anlage in Island, genannt Orca, wo das CO2 direkt im Boden gespeichert wird. 4000 Tonnen pro Jahr soll Orca einmal schaffen. Es ist die bis dahin weltweit größte Anlage zur direkten Abscheidung und Speicherung aus der Luft. Dennoch hat Climeworks noch ambitioniertere Pläne: „Wir planen derzeit eine zehnmal so große Anlage“, sagte Wurzbacher. Der Standort soll bald verkündet werden.
Der gebürtige Hamburger berichtete, dass Climeworks vor allem an zwei Fronten arbeite: größere Anlagen mit besserer Leistung zu niedrigeren Kosten. Es bringe nichts, nur Prototypen zu haben, man lerne immer „draußen im Feld“. Allein die Anlage in Island brauche zwei Jahre, um wirklich auf die Leistung zu kommen. „Das ist unsere Strategie, so schnell wie möglich Anlagen laufen zu lassen, um festzustellen, was funktioniert gut, was funktioniert nicht so gut. Und das Ganze möglichst kommerziell zu tun – dass wir so schnell wie möglich zum Ende dieses Jahrzehnts auf Millionen Tonnen und nicht mehr auf Tausende kommen.“
Die Nachfrage sei auf jeden Fall da: „Die letzten zwei Jahre fühlen sich an wie ein Ritt auf der Exponentialfunktion“, sagte Wurzbacher. Derzeit sind die Kosten mit rund 500 Euro pro Tonne noch zu hoch. Sie müssen einmal auf 100 Euro sinken. Das dauere, erwartet Wurzbacher, etwa zehn bis 15 Jahre. Bis 2030 könne man auf 200 bis 300 Euro pro Tonne CO2 kommen.
Die „Direct Air Capture Technologie“ gilt als Ergänzung zu den geplanten Reduktionen der CO2-Emissionen und zu natürlichen Methoden, bei denen Pflanze und Bäume CO2 speichern. Um die rund 40 Milliarden Tonnen CO2-Emissionen zu reduzieren, die die Menschheit jedes Jahr ausstößt, müsse man ab 2050 „ungefähr 10 Milliarden Tonnen CO2 jedes Jahr aus der Luft wieder herausholen“, sagte Wurzbacher. „Das wird nicht eine Firma tun, das wird auch nicht nur eine Technologie sein.“ Dennoch ist er überzeugt, dass die Menschheit „mit gut skalierbarer Technologie den Klimawandel in den Griff bekommen kann“.
Hören Sie außerdem in der neuen Folge von „Die Stunde Null“:
- Ein Interview mit dem Ökonom Jens Südekum über den Streit mit Russland, das nur noch Rubel für die Gasrechnung akzeptieren will.
- Alles zum wundersamen Höhenflug der Aktie vom Berkshire Hathaway – hatte Warren Buffett wieder einmal den richtigen Riecher?
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