Wachstumsmarkt Fußball: Am 16. November veranstaltet das HWWI im Hamburger Volksparkstadion die dritte Fußball-Ökonomie-Konferenz mit hochkarätigen Rednern aus dem Fußball-Business, der Fußballvermarktung und aus der Wissenschaft. Zum Programm und zur Anmeldung geht es hier.
Der Fußball erlebt gerade so etwas wie einen Goldrausch. Er ist so populär wie nie zuvor und es fließt derzeit viel, sehr viel Geld in den Markt - vor allem durch die neuen milliardenschweren TV-Verträge und potente Investoren. Damit verbinden sich große Wachstumschancen. Aber es gibt neben den Chancen auch deutliche Risiken und vor allem Nebenwirkungen der Kommerzialisierung. So treibt viele Fans und vereinzelt ein paar Funktionäre die Frage um, ob die Entwicklungen im modernen Fußball denn noch gesund seien.
Das klingt erst mal paradox: Kann die Kommerzialisierung des Fußballs, die nur durch seine ungeheure Anziehungskraft möglich ist, am Ende selbst die größte Gefahr für den Fußball und dessen Popularität sein? Ja, sagen die Traditionalisten und Idealisten, die fürchten, dass der Fußball seine Seele verkauft. Nein, sagen jene, die den Fußball vor allem als Business begreifen und zur Verteidigung der Kommerzialisierung anführen, das seien eben die Gesetze des Marktes; wer sich dagegen wehre, sei ein weltfremder, naiver Fußballromantiker.
Wie lässt sich diese Frage ökonomisch einordnen: Ist die Kommerzialisierung tatsächlich eine Gefahr für den Fußball oder nicht? Und ist die Entwicklung, die der Fußball gerade nimmt, unvermeidlich oder lässt sie sich aufhalten? Die pessimistische, vielleicht auch nur realistische Antwort ist: Ja, die Kommerzialisierung ist eine Gefahr, aber sie lässt sich nicht aufhalten. In der Ökonomie ist dieses Phänomen als „Gefangenendilemma“ bekannt: Die Akteure sind individuell rational einer Marktlogik ausgesetzt, die kollektiv, also für den Fußball insgesamt, nicht zum besten Ergebnis führt. Dieses Phänomen lässt sich an zwei einfachen Mechanismen deutlich machen.
„Winner-takes-it-all“-Wettbewerb um das große Geld
Das erste Dilemma besteht darin, dass die nationalen Ligen, etwa die Premier League und die Bundesliga, auf internationalen Transfer-, Vermarktungs- und Sponsoringmärkten konkurrieren. Das führt zu einem „Rattenrennen“, zu einem „Winner-takes-it-all“-Wettbewerb um das große Geld: Diejenige Liga, die das größte mediale Interesse auf sich zieht, gewinnt die zahlungskräftigsten Sponsoren und Investoren. Die Logik ist einfach: Mehr Zuschauer bedeuten höhere TV-Gelder, bedeuten größere Sponsoren, bedeuten bessere Spieler, bedeuten noch mehr Zuschauer.
Diese Logik hat handfeste Konsequenzen. Wenn die Premier League mittags um zwölf Uhr Spiele für den asiatischen Markt ansetzt und den Spieltag in mindestens fünf Anstoßzeiten splittet, um die Vermarktungserlöse zu maximieren, kann irgendwann auch die Bundesliga nicht mehr anders, als dieser Entwicklung zu folgen. Ist das im Sinne der Fans? Nicht unbedingt, aber es entspricht der Logik des Marktes.
Das zweite Dilemma besteht darin, dass immer mehr Vereine auf das Geld von Investoren und Mäzenen setzen, um den Sprung nach oben zu schaffen. Auch dies hat Folgen für den Wettbewerb. Wenn Hoffenheim sich mit dem Geld seines Mäzens in der Bundesliga hält, kann Leipzig es ohne einen großen Sponsor niemals dorthin schaffen. Und schließlich kommen am Ende dieser Kaskade auch die sogenannten Traditionsclubs wie Eintracht Frankfurt oder der HSV nicht mehr umhin, sich für Investoren oder Mäzene zu öffnen, um sich der drohenden Verdrängung zu erwehren. Nicht mehr das beste Management wird belohnt, sondern der beste Zugang zu externen Finanzierungsquellen. Ist das im Sinne der Fans oder der Fairness des Wettbewerbs? Nicht unbedingt, aber es entspricht wiederum der Logik des Marktes.
Der Fußball wird sich verändern
Die reine Marktlösung muss im Fußball also keineswegs das sein, was sich Fans und Zuschauer wünschen. In solchen Fällen von Marktversagen kann eine Regulierung des Wettbewerbs die Akteure aus ihren Dilemmata befreien. Wenn aber die Globalisierung des Fußballs keine Regeln bekommt, wird es für die Bundesliga schwierig, eine nationale Regulierung aufrechtzuerhalten. Wenn der Versuch der Uefa, durch das Financial Fairplay eine europäische Regulierung des Fußballs zu etablieren, um mehr finanzielle Chancengerechtigkeit und sportliche Ausgeglichenheit zu erzeugen, scheitern sollte, werden einige Tabus in der Bundesliga fallen. Das Sonntagsspiel um zwölf Uhr mittags wird eher früher als später kommen; das Montagsspiel ist schon Realität. Auch die 50+1-Regel wird fallen. Der Fußball wird notgedrungen das Maximum an Kommerzialisierung herausholen.
Wird das der kommerzielle Tod des Fußballs sein? Nein. Der Fußball ist zu stark und der Fan leidens- und anpassungsfähig genug. Aber der Fußball wird unter dem Druck der Kommerzialisierung sein Gesicht weiter verändern.
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