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Ukraine-Krieg Wie die Sanktionen gegen Russland den Rotterdamer Hafen treffen

Der Rotterdamer Hafen ist der größte in Europa
Der Rotterdamer Hafen ist der größte in Europa
© Bloomberg
Über den Rotterdamer Hafen werden viele russische Güter umgeschlagen. Die Auswirkungen der Sanktionen dürften dort daher besonders stark zu spüren sein – zumal auch noch eine Energiekrise droht. 

Europas größter Hafen Rotterdam ist der Punkt, wo die Sanktionen gegen Russland die Niederlande am härtesten treffen dürften, auch wenn die Wirtschaftsdaten des Landes etwas anderes vermuten lassen. Gemessen an den ausländischen Direktinvestitionen, die in das Land fließen, sind die Niederländer unter den vom Internationalen Währungsfonds aufgelisteten Volkswirtschaften mit Abstand am stärksten betroffen. Allerdings werden diese Daten durch die Bedeutung Rotterdams als wichtigstes europäisches Handelsdrehkreuz verzerrt.

Analysten weisen darauf hin, dass das Hafengeschäft und die Landwirtschaft die Sektoren sind, die am stärksten von der Krise durch den russischen Überfall auf die Ukraine ausgelösten Krise betroffen sind. Darin spiegelt sich die Bedeutung des Landes als Indikator für das globale Wachstum und die Position als fünftgrößte Volkswirtschaft der Eurozone wider.

Investitionen in Russland in Relation zum BIP
Investitionen in Russland in Relation zum BIP
© Bloomberg

„Eine stabile Weltwirtschaftsordnung ist für die Niederlande von großer Bedeutung“, sagte Ester Barendregt, Chefvolkswirtin der Rabobank. Ihre Kollegin von ABN Amro Sandra Phlippen betont das Hafengeschäft als besonders empfindliche wirtschaftliche Säule der Niederlande. „Der Rotterdamer Hafen könnte hart getroffen werden, weil er viel re-exportiert“, sagte sie.

Insgesamt 62 Millionen Tonnen des dort umgeschlagenen Frachtguts – 15 Prozent des Gesamtvolumens – entfallen auf Russland. Von der Gesamtzahl der umgeschlagenen Container entfallen zehn Prozent auf das Land, das über dieses Drehkreuz auch Stahl, Kupfer, Aluminium und Nickel exportiert.

Die Sanktionen gegen Russland werden zu Engpässen führen und den jährlichen Handel mit Produkten und Waren im Wert von etwa 30 Mrd. Euro (33 Mrd. Dollar) beeinträchtigen, sagte der Vorstandsvorsitzende des Rotterdamer Hafens Allard Castelein vergangene Woche gegenüber Reportern. „Wir sind äußerst besorgt“, erklärte er. „Wenn es eine akute Energiekrise gibt, wird auch der Hafen betroffen sein.“

Die Landwirtschaft steht nach Ansicht der Ökonomen der Rabobank und ABN Amro vor ähnlichen Herausforderungen. „Produkte wie Blumen, Gemüse oder Obst sind über zwei Kanäle betroffen: Sie sind wichtige Exportprodukte nach Russland und sehr energieintensiv“, so Barendregt.

Bei For Farmers NV, einem in den Niederlanden ansässigen Futtermittelhersteller, läuteten die Alarmglocken, als die russische Invasion begann. „Wir gehen davon aus, dass die Rohstoff- und Energiepreise angesichts der besorgniserregenden politischen Lage auf hohem Niveau bleiben werden“, schrieb CEO Yoram Knoop am vergangenen Donnerstag in seinem Jahresbericht. „Wir erwarten daher einen anhaltenden Druck auf die Margen und Kosten im Jahr 2022.“

Insgesamt dürften sich die direkten Auswirkungen der russischen Sanktionen auf den Handel in Grenzen halten, da die Exporte nach Russland nur 1,1 Prozent der niederländischen Außenhandelsumsätze ausmachen.

Was die Daten anbelangt, die darauf hindeuten, dass die Auslandsinvestitionen in Russland mehr als zehn Prozent der niederländischen Wirtschaft ausmachen, so sagt Phlippen von ABN, dass es sich dabei hauptsächlich um Waren handelt, die über Rotterdam laufen, und um Transaktionen über sogenannte Briefkastenfirmen, die vielleicht aus steuerlichen Gründen ihren Sitz in den Niederlanden haben. „Diese Ströme haben keinen großen Mehrwert“, sagte sie. „Ihre Auswirkungen auf unsere Wirtschaft werden daher begrenzt sein.“

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