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Wer ist Foxconn-Gründer Terry Gou, der Taiwans Präsident werden will?

Foxconn-Gründer Terry Gou bei einem Auftritt Ende August in Taiwans Hauptstadt Taipei
Foxconn-Gründer Terry Gou bei einem Auftritt Ende August in Taiwans Hauptstadt Taipei
© picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Uncredited
Terry Gou hat mit Foxconn den größten Elektronikhersteller der Welt aufgebaut. Nun will er Taiwans Präsident werden – und den Konflikt mit China entschärfen. Kann ihm das gelingen?

Terry Gou ist kein Mann der leisen Töne: „Gebt mir vier Jahre und ich garantiere, dass ich die nächsten 50 Jahre Frieden an die Taiwanstraße bringen werde“, ruft der 72-jährige Unternehmer und Multimilliardär, als er am Dienstag seine Kandidatur bei der anstehenden Präsidentschaftswahl der Republik China  so Taiwans offizieller Name – verkündete. Der Konflikt an der Taiwanstraße, den Gou in seiner angestrebten Amtszeit als Präsident zu lösen „garantiert“, hält seit Monaten die Welt in Atem.

Die Führung der kommunistischen Volksrepublik droht offen wie seit Jahrzehnten nicht, die von ihr als Teil des eigenen Staates beanspruchte Insel anzugreifen. Vermehrte militärische Drohgebärden untermalen diese Politik. Spätestens seit dem russischen Angriff auf die Ukraine nehmen Regierungen von den USA über Europa bis zur amtierenden Führung in Taiwan selbst Pekings Drohung so ernst, dass sie versuchen, ihre wirtschaftlichen Abhängigkeiten von der Volksrepublik zu reduzieren. Gous Programm ist das Gegenteil.

Der Gründer des Elektronikgiganten Hon Hai Precision, weltweit besser unter dem Namen Foxconn bekannt, macht nicht Chinas zunehmend autoritäre Führung für die bedrohliche Lage verantwortlich, sondern Taiwans regierende Demokratisch-Progressive Partei (DPP). Die habe den Konflikt mit dem großen Nachbarn unnötig angeheizt. Er dagegen wolle wieder mit Peking verhandeln und die Kooperation vertiefen. Er sei wie kein anderer in einer Position, den Konflikt zu lösen, so Gous Überzeugung.

Gou steht für die Verflechtung mit China

Niemand steht so sehr wie Gou für die wirtschaftliche Verflechtung der demokratischen, aber international nicht anerkannten Republik China auf der Insel Taiwan und der kommunistischen Volksrepublik China. In den 1970er-Jahren kaufte er mit von seiner Mutter geliehenem Geld eine Maschine, mit der er Kunststoffteile für die Produktion von Schwarz-Weiß-Fernsehern produzierte. Bald belieferte er viele ausländische Elektronikhersteller. Ein weiterer Wachstumsschub folgte, als Hon Hai 1988 die erste Fabrik in China eröffnete. Innerhalb der nächsten Jahrzehnte wuchs der Konzern zum größten Elektronikproduzenten der Welt, der unter anderem den Großteil der weltweit verkauften iPhones und anderer Apple-Produkte herstellt. In der Volksrepublik ist Hon Hai mit weit über einer Million Beschäftigten der größte private Arbeitgeber.

Da ihr Land von den meisten Staaten nicht anerkannt wird und auch nicht Mitglied internationaler Organisationen wie der UNO ist, sind die internationalen Kontakte taiwanischer Politiker stark beschränkt. Gou dagegen kann darauf verweisen, von Staatschefs weltweit empfangen worden zu sein. Anlässlich des ersten Spatenstichs für eine Foxconn-Fabrik in den USA besuchte er etwa den damaligen US-Präsidenten Donald Trump im Weißen Haus. Vor allem aber hat er persönliche Kontakte bis in die höchsten Ebenen in Peking.

Gou lässt keinen Zweifel daran, dass ihn diese Erfahrungen dazu qualifizierten, Taiwan „vom Abgrund eines Kriegs“ zu retten und zu verhindern, dass das Land „eine zweite Ukraine“ werde. Andererseits führen seine Kritiker genau die gleichen Beziehungen und Gous Investitionen in der Volksrepublik als Argument gegen ihn ins Feld. Sie verweisen auf offensichtliche Interessenkonflikte. Gou hat zwar seit einigen Jahren die Führung des Tagesgeschäfts von Hon Hai abgegeben, ist aber immer noch Aufsichtsratsvorsitzender und besitzt ein milliardenschweres Aktienpaket. Peking hat in den vergangenen Jahren Druck auf internationale Konzerne verstärkt, der offiziellen politischen Linie der kommunistischen Partei zu folgen – auch was die Ein-China-Doktrin, also den von der Volksrepublik erhobenen Anspruch auf Taiwan angeht.

Ist Gou bereit, sein Vermögen aufs Spiel zu setzen?

Auch wenn Gou tatsächlich die Sorge um Frieden und Stabilität antreibt, würde er finanziell von einer Wiederannäherung zwischen Peking und Taipeh und der Vertiefung der Wirtschaftsbeziehungen profitieren. Als er vor vier Jahren erstmals ankündigte, sich um die Präsidentschaftskandidatur der chinafreundlichen Oppositionspartei Kuomintang zu bewerben – mit dem Versprechen, die innerchinesischen Beziehungen zu verbessern – sprangen die Aktienkurse von Firmen des Hon-Hai-Konzerns an der Börse zumindest kurzzeitig in die Höhe. Gou scheiterte damals bereits in den Vorwahlen.

Kritikern entgegnet Gou, dass er bereit wäre, sein Vermögen aufs Spiel zu setzen, und selbstverständlich Taiwans Interessen vertreten würde, wenn es tatsächlich zu einem entsprechenden Konflikt mit Peking käme. Zugleich behauptete er aber, die chinesische Führung sei gar nicht in der Position, ihn zu erpressen, da er als Investor viel zu bedeutend sei. Eine fragwürdige Einschätzung angesichts des Vorgehens der Regierung gegen zuvor unantastbar scheinende Star-Unternehmer aus der chinesischen Technologiebranche in den vergangenen Jahren.

Die Behauptung, sogar der chinesischen Führung überlegen zu sein, deutet auf eine weitere Schwäche hin, der nicht nur von Gous politischen Gegnern, sondern auch im eigenen Lager kritisiert wird. Sein „riesiges Ego“ mache es „extrem schwierig“, die zersplitterte Opposition zu vereinen, zitiert die „Financial Times“ einen Kuomintang-Vertreter. Tatsächlich vermindert Gous Kandidatur die Chancen der Opposition sogar. Denn Gou will antreten, obwohl die Kuomintang sich - diesmal ohne Vorwahlen – bereits für einen anderen Kandidaten entschieden hat. Zudem tritt der populäre ehemalige Bürgermeister von Taipeh für Taiwans Volkspartei an. Der Sieg des DPP-Kandidaten ist damit wahrscheinlicher geworden und die von Gou angestrebte Wende im Verhältnis zur Volksrepublik weiter in die Ferne gerückt. Entsprechend zuckten die Kurse der eigenen Aktien dieses Mal bei der Verkündung von Gous Kandidatur nicht einmal.

Dieser Artikel erschien zuerst auf ntv.de

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