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Bernd Ziesemer VW und Co. sollten von Toyota lernen

Capital-Kolumnist Bernd Ziesemer
Capital-Kolumnist Bernd Ziesemer
© Martin Kress
Die deutschen Autohersteller schielen zu viel auf die chinesische Konkurrenz – und orientieren sich zu wenig an Japan. Das richtige Vorbild für VW und die anderen Autobauer ist Toyota

VW-Konzernchef Oliver Blume denkt seit Wochen nur noch über ein Thema nach: „Kosten, Kosten, Kosten“. Der wichtigste und größte deutsche Autohersteller kämpft an allen Fronten mit sinkenden Gewinnen. Und weil der Konzern mangels Nachfrage in vielen wichtigen Absatzmärkten nicht aus seinen Problemen herauswachsen kann, bleibt nur die Konzentration auf die Kostenseite. Denn weitergehen wie bisher kann es nicht: Die Marke Volkswagen, das Kerngeschäft des Konzerns, liefert nur noch eine Umsatzmarge von 2,3 Prozent ab. Und auch die Oberklassemarken wie Audi und Porsche stehen unter Druck und können den Konzern nicht mehr wie früher stabilisieren.

Bei anderen deutschen Herstellern ist die Lage nur geringfügig besser. Auch BMW und Mercedes leiden unter rückläufigen Gewinnen und steigenden Kosten. Unterm Strich sank die durchschnittliche Rendite für alle drei deutschen Autokonzerne im ersten Halbjahr 2024 von 10,3 auf 8,5 Prozent, errechnete das „Handelsblatt“. Vor allem die Absatzprobleme auf dem chinesischen Markt ziehen die Hersteller herunter. Unisono klagen sie über die „schwierige Lage“ in der Volksrepublik – und hoffen, dass sie sich möglichst bald verbessert. Doch woher soll die Besserung kommen? Dutzende von chinesischen Autokonzernen kämpfen selbst auf ihrem Heimatmarkt ums Überleben. Sie machen zum Teil hohe Verluste und verschleudern ihre Modelle mit Dumpingpreisen. Unter solchen Bedingungen können Ausländer nur sehr schwer vorwärtskommen.

Dass man auch unter schwierigsten Bedingungen weiter hochprofitabel bleiben kann, zeigt ein Weltkonzern, über den man in Deutschlands Medien nur selten etwas lesen kann: Toyota. Der größte japanische Autohersteller meldete für das vergangene Quartal einen Gewinnsprung um satte 17 Prozent. Die Umsatzmarge stieg von 10,6 auf 11,1 Prozent. Dabei half natürlich der schwache Yen. Aber vor allem behielten die Japaner anders als ihre deutschen Konkurrenten ihre Kosten im Griff. Toyota ist das Musterbeispiel eines Konzerns, der jeden Tag nach mehr Effizienz strebt. Die Japaner sind so etwas die Weltmeister im kontinuierlichen Kostensenken in allen Bereichen – von der Entwicklung, über das Fließband bis zur Verwaltung.

VW sollte sich nicht an BYD orientieren 

Man liest in Japan nur selten etwas über Kostensenkungsprogramme mit so großen wie bei genauerem Hinsehen blödsinnigen Namen wie „AccelerateForward“ bei VW. Das meiste passiert fortlaufend, leise und im engsten Schulterschluss von Managern und Beschäftigten. Es gab Zeiten, als die deutschen Hersteller genau hinschauten, was bei Toyota passierte. Porsche rettete sich vor Jahrzehnten mit japanischen Methoden aus der drohenden Pleite. Doch heute schielen die Verantwortlichen in Wolfsburg oder Stuttgart nur nach chinesischen Konkurrenten wie BYD. Und landen dabei möglicherweise auf der falschen Spur. Denn die meisten Hersteller aus dem Reich der Mitte müssen den wichtigsten Beweis für ihr Geschäftsmodell erst noch abliefern: Ihre Autos profitabel herzustellen und im In- und Ausland zu verkaufen.

Mit dem Kampfruf „Kosten, Kosten, Kosten“ ist es bei VW sicherlich nicht getan. Und bei den anderen deutschen Herstellern auch nicht. Die Konzerne müssen zeigen, dass sie innovativer sind als die Konkurrenz und trotzdem ihre Ausgaben im Griff behalten. So wie Toyota.

Bernd Ziesemer ist Capital-Kolumnist. Der Wirtschaftsjournalist war von 2002 bis 2010 Chefredakteur des Handelsblattes. Anschließend war er bis 2014 Geschäftsführer der Corporate-Publishing-Sparte des Verlags Hoffmann und Campe. Ziesemers Kolumne erscheint regelmäßig auf Capital.de. Hier können Sie ihm auf X folgen.

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