Hermann Wirtz, Patriarch einer der einflussreichsten rheinischen Unternehmerfamilien, ist tot. Der geschäftsführende Gesellschafter der Dalli-Group verstarb am Morgen des 25. Dezember unerwartet und plötzlich, wie das Unternehmen aus Stolberg mitteilte. Er wurde 79 Jahre alt.
Wirtz war der Kopf der Unternehmerfamilie hinter drei Firmen, die die deutsche Wirtschaftsgeschichte in besonderem Maße geprägt haben: der Seifen- und Waschmittelspezialist Dalli (mit Marken wie Dalli oder Dash), das Pharmaunternehmen Grünenthal, das insbesondere durch den Contergan-Skandal Bekanntheit erlangte, sowie der Dufthersteller Mäurer & Wirtz (4711, Tabac).
In das Familienunternehmen, dessen Wurzeln bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts reichen, war Wirtz 1974 eingetreten. Ab 1981 führte er die Geschäfte bei Dalli sowie der Tochterfirma Mäurer & Wirtz, wobei die Unternehmensleitung in den vergangenen Jahren bereits um weitere familienfremde Manager ergänzt wurde. Beim Pharmahersteller Grünenthal, den die Familie nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet hatte, war Wirtz nicht operativ tätig; die Familie ist aber im Besitz sämtlicher Anteile an dem Schmerzmittelspezialisten. Laut der jüngsten Reichenliste des „Manager Magazins“ beläuft sich das Gesamtvermögen der Familie Wirtz in Summe auf geschätzt 1,4 Mrd. Euro.
Nachfolge im Gesellschafterkreis geregelt
Man sei verpflichtet, „das Lebenswerk dieser herausragenden rheinischen Unternehmerpersönlichkeit in die Zukunft zu führen“, ließ der Dalli-Beiratsvorsitzende Wilhelm Moll wissen. In der Unternehmensführung sei Kontinuität sichergestellt, auch die Nachfolge im Gesellschafterkreis sei geregelt, „die nächste Generation schon in der Verantwortung“. In der Belegschaft habe der promovierte Jurist großes Ansehen genossen, so das Unternehmen.
Nach diversen Krisen und familiären Querelen in den 2000er-Jahren hatte Wirtz die Dalli-Werke eigentlich wieder in ruhigeres Fahrwasser geführt. „Damals, zur Jahrtausendwende, ging es Dalli miserabel“, erzählte Wirtz 2015 im Gespräch mit der „Aachener Zeitung“. „Es war eine richtige Zitterpartie.“ Zurück in die Erfolgsspur hätten Dalli damals Qualitätsanstrengungen im Handelsmarkengeschäft gebracht, das Dalli als Produzent für Drogerien und Discounter betreibt, so Wirtz. Das Ergebnis seien dauerhaft gute Noten bei den Tests der Stiftung Warentest gewesen, was Dalli die europäische Marktführerschaft bei Handelsmarken eingebracht habe.
Unternehmen im Umbau
Im vergangenen Jahr sah sich das Unternehmen aber wiederum zu einem Sparkurs gezwungen, der auch Stellenstreichungen und Standortschließungen umfasste. Im Bereich der Wasch- und Reinigungsmittel, die Dalli für dm, Lidl oder Aldi herstellt, herrscht weiterhin hoher Preisdruck – dazu kamen nun gleichzeitig steigende Rohstoffkosten.
Die Umsatzerlöse der Dalli-Gruppe, die auch das Parfümgeschäft von Mäurer & Wirtz umfassen, sind in den letzten Jahren kontinuierlich gesunken – von 971 Mio. Euro im Jahr 2017 auf 684 Mio. Euro im Jahr 2021. Das Jahresergebnis war dabei zum dritten Mal in Folge negativ und sackte auf -43 Mio. Euro ab. Für 2022 stellte Dalli im jüngsten verfügbaren Konzernabschluss 2021 durch die geplante Portfoliobereinigung erneut „deutlich sinkende Umsatzerlöse“ in Aussicht. Auch das Parfüm- und Kosmetikgeschäft sei „durch einen schrumpfenden Duftgesamtmarkt“ belastet.
Beim Pharmaunternehmen Grünenthal läuft es besser, dort stieg der Umsatz von 1,28 Mrd. Euro 2020 auf 1,47 Mrd. Euro im Jahr 2021. Das Konzernergebnis betrug knapp 60 Mio. Euro, was der Familie eine Ausschüttung in Höhe von 30 Mio. Euro ermöglichte.